Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
vorsichtig um den Wolf herum. Aber er ignorierte mich, seine ganze Aufmerksamkeit war auf Jean-Claude gerichtet. Es tat ihm leid, dass er mich angeknurrt hatte. Er würde alles tun, um es wiedergutzumachen. Er kroch vor Jean-Claude wie ein Hund.
Ich stellte mich an die rechte Seite, ein kleines Stück hinter den Wolf. »Ich hatte ein hübsches Kostüm für Sie ausgesucht.« »Wenn es in irgendeiner Weise zu Ihrem passt, hätte ich es nicht angezogen.«
Er lachte leise und tief. Der Klang zerrte innerlich an mir. »Bleiben Sie hier stehen, solange ich meine Ansprache halte.«
»Wir werden wirklich vor den Zuschauern kämpfen.«
Er stand auf. »Selbstverständlich. Das ist der Zirkus der Verdammten, und heute ist Halloween. Wir werden ihnen ein Schauspiel bieten, wie sie es noch nie gesehen haben.«
»Das ist verrückt.« »Wahrscheinlich, aber es hält Oliver davon ab, das Gebäude über uns einstürzen zu lassen.« »Würde er das schaffen?«
»Das und noch viel mehr, ma petite, wenn wir nicht übereingekommen wären, den Einsatz unserer Kräfte zu begrenzen.«
»Könnten Sie das Haus zum Einsturz bringen?« Er lächelte und gab mir ausnahmsweise eine direkte Antwort. »Nein, aber Oliver weiß das nicht.«
Ich musste schmunzeln.
Er drapierte sich auf dem Thron, ein Bein über die Armlehne gelegt. Den Hut zog er so tief ins Gesicht, dass nur noch sein Mund zu sehen war. »Ich kann noch immer nicht glauben, dass Sie mich verraten haben, Anita.«
»Sie haben mir keine Wahl gelassen.« »Sie wollten mich tatsächlich lieber tot sehen, als das vierte Zeichen zu erhalten.« »Allerdings.«
Er flüsterte: »Die Show beginnt, Anita.«
Plötzlich gingen die Lichter aus. Es gab Schreie aus dem Publikum, als man unvermittelt im Dunkeln saß. Der Vorhang ging nach beiden Seiten auf. Ich befand mich mit einem Mal am Rand des Scheinwerferlichts. Es strahlte wie ein Stern in der Nacht. Jean-Claude und seine Wölfe waren in weiches Licht getaucht. Ich musste zugeben, dass mein Kürbispullover nicht so ganz zu der Szene passte.
Jean-Claude erhob sich in einer fließenden Bewegung. Er riss sich den Hut vom Kopf und machte eine tiefe, schwungvolle Verbeugung. »Verehrtes Publikum, heute Nacht werden Sie Zeuge einer großen Schlacht.« Er stieg langsam die Treppe hinunter. Der Scheinwerfer bewegte sich mit ihm. Er behielt den Hut für unterstreichende Gesten in der Hand. »Die Schlacht um die Seele dieser Stadt.«
Er blieb stehen, und der Lichtkreis wuchs und beleuchtete zwei blonde Vampirfrauen. Sie traten auf als selbstbewusste Frauen der zwanziger Jahre, die eine in Blau, die andere in Rot gekleidet. Sie zeigten ihre Zähne, und ein Raunen ging durch die Zuschauer. »Heute Nacht erleben Sie Vampire, Werwölfe, Götter, Teufel.« Jedem Wort gab er etwas mit. Bei »Vampire« spürte man ein Kribbeln im Nacken. Die »Werwölfe« sprangen aus der Dunkelheit hervor, und es gab ein paar Aufschreie. Bei »Götter« spürte man einen Luftzug über die Haut streifen. Mit dem Wort »Teufel« blies einem ein sengender Wind ins Gesicht.
Erstickte Schreie und Keuchlaute füllten die Dunkelheit.
»Von dem, was Sie heute sehen werden, ist einiges wirklich, anderes Illusion; welches von beidem Sie jeweils erleben, überlassen wir Ihrem Urteil.« »Illusion« hallte vielfach in den Köpfen wider. Das letzte Echo verhallte mit einem Flüstern, das sich wie ein ganz anderes Wort anhörte. »Wirklich« flüsterte die Stimme.
»In dieser Halloween-Nacht kämpfen die Monster dieser Stadt um die Macht. Wenn wir gewinnen, geht alles friedlich weiter wie bisher. Wenn unsere Feinde gewinnen ...« Ein zweiter Scheinwerfer traf die oberste Plattform eines zweiten Podests. Dort stand kein Thron. Oliver stand da, zusammen mit der Lamia in ihrer ganzen Schlangenpracht. Oliver war in einen weiten, weißen Clownsanzug mit großen bunten Tupfen gekleidet. Sein Gesicht war weiß und hatte ein aufgemaltes trauriges Lächeln. Ein schwarz umrandetes Auge verlor eine große, glänzende Träne. Auf dem Kopf hatte er einen kleinen spitzen Hut mit einem hellblauen Pompon.
Ein Clown? Er hatte sich für einen Clown entschieden? So hätte ich ihn mir nicht vorgestellt. Aber die Lamia war beeindruckend, wie sich ihr gestreifter Schwanz um ihn ringelte und seine behandschuhten Hände ihre nackten Brüste streichelten.
»Wenn unsere Feinde gewinnen, wird die Welt morgen ein Blutbad
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