Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
bewusst, dass Jean-Claude und ich nur Millimeter voneinander entfernt saßen. Ich konnte die Umrisse seines Körpers als Wärme auf meiner Haut spüren. Seine Blicke schnellten bisweilen an mir entlang. Ich trug noch immer nichts weiter als einen BH unter der offenen Jacke.
Ich bekam Gänsehaut von den Armen bis zur Brust. Meine Brustwarzen richteten sich auf, als hätte er sie berührt. Mein Magen zog sich zusammen.
»Hören Sie auf!« »Ich tue gar nichts, ma petite. Es ist Ihr Verlangen, das Ihre Haut überzieht, nicht meins.«
Ich schluckte und musste wegschauen. Also gut, ich hatte Verlangen nach ihm. Großartig, schön, es bedeutete überhaupt nichts. Klar doch. Ich zog mich hastig von ihm zurück, lehnte mich an die Wand und sah ihn nicht an, während ich redete. »Ich bin heute Abend hierher gekommen, um mir Informationen zu beschaffen, nicht um mit dem Meister der Stadt zu füßeln.«
Richard saß still da und sah mir in die Augen. Ohne Verlegenheit, einfach interessiert, so als wäre ich etwas, das er noch nicht kannte. Der Blick war nicht unfreundlich.
»Füßeln«, sagte Jean-Claude. Ich brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen, dass er schmunzelte. »Sie wissen, was ich meine.« »Ich habe noch nie gehört, dass man füßeln dazu sagt.« »Hören Sie auf damit.« »Womit?«
Ich sah ihn wütend an, aber seine Augen funkelten vor Vergnügen. Ein leichtes Lächeln streifte seine Lippen. Dabei sah er ungemein menschlich aus.
»Worüber wollten Sie mit mir sprechen, ma petite? Es muss etwas sehr Wichtiges sein, wenn Sie deswegen freiwillig zu mir kommen.«
Ich forschte nach Spott oder Ärger oder anderem in seinem Gesicht, aber es war so glatt und angenehm wie eine Marmorbüste. Das Lächeln, die Belustigung in seinen Augen wirkten wie eine Maske. Ich hätte beim besten Willen nicht sagen können, was darunter lag. Ich war nicht einmal sicher, ob ich es wissen wollte.
Ich atmete tief ein und durch den Mund langsam wieder aus. »Also gut. Wo sind Sie letzte Nacht gewesen?« Ich sah ihm ins Gesicht und versuchte, jede noch so kleine Regung zu erfassen.
»Hier«, sagte er. »Die ganze Nacht?« Er lächelte. »Ja.« »Können Sie das beweisen?« Das Lächeln wurde breiter. »Muss ich das?« »Vielleicht«, antwortete ich. Er schüttelte den Kopf. »Schüchternheit, von Ihnen, ma petite. Das passt nicht zu Ihnen.«
So viel dazu, dem Meister geschickt Informationen zu entlocken. »Sind Sie sicher, dass Sie das in der Öffentlichkeit besprechen wollen?« »Sie meinen Richard?« »Ja.« »Richard und ich haben keine Geheimnisse vor einander, ma petite. Er leiht mir seine Augen und Hände, da Sie sich mir verweigern.«
»Was heißt das? Ich dachte, Sie können nur einen menschlichen Diener haben?« »Sie haben es zugegeben.« Da war leiser Jubel zu hören. »Das ist kein Spiel, Jean- Claude. Heute Nacht sind Leute umgekommen.«
»Glauben Sie mir, ma petite, ob Sie die letzten beiden Zeichen annehmen und mein wirklicher Diener werden, ist für mich kein Spiel.« »Es hat am Abend einen Mord gegeben«, sagte ich. Wenn ich mich auf das Verbrechen, auf meine Arbeit konzentrierte, konnte ich die verbalen Fallstricke vielleicht umgehen. »Und?«
»Es war ein Vampiropfer.« »Aha«, machte er, »meine Rolle bei der Sache wird langsam klar.« »Ich bin froh, dass Sie es von der komischen Seite nehmen«, sagte ich. »An Vampirbissen stirbt man nur vorübergehend, ma petite. Warten Sie bis zur dritten Nacht, wenn das Opfer sich erhebt, dann können Sie es befragen.« Der Humor in seinem Blick verflüchtigte sich. »Was ist es, das Sie mir verschweigen?«
»Ich habe mindestens fünf verschiedene Beißmale an dem Opfer gefunden.«
In seinen Augen flackerte etwas auf. -Ich war nicht sicher, was, aber es war eine echte Empfindung. Überraschung, Furcht, Schuld? Irgendetwas. »Sie suchen also nach einem bösartigen Meistervampir.« »Ja. Kennen Sie einen?«
Er lachte. Sein ganzes Gesicht hellte sich auf, als habe jemand eine Kerze in ihm angezündet. In diesem einen bewegten Moment war er so schön, dass mir die Brust schmerzte. Aber es war nicht Schönheit, was in mir den Wunsch lockte, ihn anzufassen. Ich erinnerte mich an einen bengalischen Tiger, den ich einmal im Zoo gesehen hatte. Er war so groß gewesen, dass man wie auf einem Pony hätte reiten können. Sein Fell war orange, schwarz, cremefarben und austernschalenweiß gewesen, die Augen
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