Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
Ich gehe die Aussagen morgen mit Ihnen durch.« Ich nickte. »Danke.« »Schließlich weiß ich, wo Sie wohnen.« Er lächelte.
Ich lächelte zurück. »Danke, Dolph.« Ich stand auf.
Jean-Claude erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung wie von unsichtbaren Fäden gezogen. Richard kam langsamer hoch, stützte sich dabei an der Wand ab, als hätte er sich steif gesessen. Im Stehen war Richard wenigstens sechs Zentimeter größer als Jean-Claude. Also einsfünfundachtzig. Fast zu groß für meinen Geschmack, aber mich fragte niemand.
»Und könnten wir noch einmal mit Ihnen sprechen, Jean-Claude?«, sagte Dolph.
»Selbstverständlich, Detective.« Jean-Claude ging den Korridor entlang. In seinen Bewegungen lag eine leichte Steifheit. Bekamen Vampire Blutergüsse? War er bei dem Kampf verletzt worden? War das wichtig? Nein, nein, es war nicht wichtig. In einem hatte Jean-Claude Recht: Wäre er ein Mensch, und sei es auch ein egoistischer Mistkerl, er hätte Chancen gehabt. Ich bin wirklich nicht anspruchsvoll, aber bei Gott, der Mann sollte wenigstens lebendig sein. Wandelnde Leichen, egal wie hübsch, sind einfach nicht mein Fall.
Dolph hielt Jean-Claude die Tür auf. Dann blickte er zu uns zurück. »Sie können auch gehen, Mr Zeeman.« »Was ist mit meinem Freund Stephen?« Dolph warf einen Blick auf den Gestaltwandler. »Bringen Sie ihn nach Hause. Er soll sich ausschlafen. Ich werde morgen mit ihm sprechen.« Er schaute auf die Armbanduhr. »Besser gesagt heute.«
»Ich werd's ihm sagen, wenn er wach wird.« Dolph nickte und schloss die Tür. Wir waren allein in der summenden Stille des Ganges. Vielleicht summte es mir aber auch nur in den Ohren.
»Was nun?«, fragte Richard. »Wir fahren nach Hause«, sagte ich. »Rashida ist gefahren.« Ich runzelte die Stirn. »Wer?« »Die andere Gestaltwandlerin, die Frau, der der Arm abgerissen wurde.«
Ich nickte. »Nehmen Sie Stephens Wagen.« »Rashida hat uns beide gefahren.« Ich schüttelte den Kopf. »Also sitzen Sie fest.« »Sieht ganz so aus.« »Sie können sich ein Taxi rufen«, schlug ich vor. »Kein Geld.« Er schmunzelte leicht. »Schön, ich fahre Sie nach Hause.« »Und Stephen?«
»Den auch«, sagte ich und lächelte, warum, wusste ich nicht, aber es war besser, als zu heulen. »Sie wissen doch gar nicht, wo ich wohne. Es könnte in Kansas City sein.« »Wenn es zehn Stunden weit weg ist, sind Sie auf sich allein gestellt«, erwiderte ich. »Aber wenn es eine angemessene Entfernung ist, fahre ich Sie.« »Ist Meramec Heights angemessen?« »Sicher.«
»Lassen Sie mich meine restliche Kleidung holen«, bat er. »Für mich sehen sie vollständig angezogen aus«, sagte ich. »Ich habe hier irgendwo einen Mantel rumliegen.« »Ich warte hier.« »Werden Sie auf Stephen aufpassen?« So etwas wie Angst huschte über sein Gesicht.
»Wovor haben Sie Angst?«, fragte ich. »Vor Flugzeugen, Pistolen, großen Raubtieren und Meistervampiren.« »Bei zweien davon geht's mir genauso«, sagte ich. »Ich gehe den Mantel holen.«
Ich hockte mich neben den schlafenden Werwolf. »Wir werden warten.« »Dann beeile ich mich.« Er lächelte dabei. Er hatte ein sehr nettes Lächeln.
Richard kam in einem langen schwarzen Mantel zurück. Sah nach echtem Leder aus. Er flatterte wie ein Umhang um seine nackte Brust. Es gefiel mir, wie das Leder seine Brust einrahmte. Er knöpfte den Mantel zu und schloss den Gürtel. Das schwarze Leder passte zu seinen langen Haaren und dem hübschen Gesicht; die grauen Sporthosen und die Nikes nicht. Er ging in die Hocke und hob Stephen auf die Arme, dann richtete er sich auf. Das Leder knarrte, als sich seine Oberarme spannten. Stephen hatte meine Größe und wog wahrscheinlich knapp zwanzig Pfund mehr als ich. Klein. Richard trug ihn, als wäre er nicht schwer.
»Du meine Güte, Großmutter, was hast du für starke Arme.« »Muss ich jetzt antworten: Damit ich dich besser halten kann?« Er blickte mich sehr fest an.
Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Ich hatte nicht flirten wollen, nicht absichtlich. »Wollen Sie mitfahren oder nicht?« Ich klang barsch vor Verlegenheit.
»Ich will mitfahren«, sagte er ruhig. »Dann lassen Sie den Sarkasmus.« »Ich war nicht sarkastisch.« Ich blickte zu ihm auf. Seine Augen hatten ein prachtvolles Braun, wie Schokolade. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, darum sagte ich gar nichts. Eine Taktik, die ich
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