Anita Blake 04 - Giergige Schatten
Riesenschlange«, sagte ich.
Mit einem kleinen Schrei riss er die Hand zurück. Er rieb sich damit über den Arm, als könnte er das Gefühl der Berührung loswerden.
»Angst vor Schlangen, Aikensen?« Er starrte mich wütend an. »Nein.« Das war gelogen, und wir beide wussten es. »Habt ihr beide Spaß da draußen auf den Felsen?«, fragte Titus. »Macht mal Tempo.« »Können Sie an der Platzierung der Haut etwas Wesentliches erkennen, Anita?«, fragte Dolph.
»Eigentlich nicht. Das Ding könnte sich einfach an dem Felsen verfangen haben. Ich glaube nicht, dass es absichtlich hier abgelegt wurde.« »Dann können wir es holen?«
Ich nickte. »Ja, die Taucher können kommen. Aikensen hat das Wasser ja schon auf Räuber getestet.«
Aikensen sah mich an. »Was soll das heißen?« »Das heißt, im Wasser hätten Krabbeltiere lauern können, aber da nichts versucht hat, Sie zu fressen, ist es ungefährlich.« »Sie haben mich als Köder benutzt.« »Sie sind von allein reingefallen.«
»Ms Blake meint, wir können das Ding holen?«, fragte Titus. »Ja«, sagte Dolph. »Dann mal ran, Jungs.«
Die Taucher sahen einander an. »Können wir jetzt Licht bekommen?«, fragte MacAdam. »Klar«, sagte ich.
Der Scheinwerfer traf mich. Ich hielt eine Hand hoch, um meine Augen abzuschirmen, und wäre fast ausgerutscht. Himmel, war das hell. Das Wasser war trotzdem undurchsichtig, schwarz und unruhig, aber die Felsen glänzten, und Aikensen und ich standen plötzlich in der Bühnenmitte. Das grelle Licht wusch alle Farbe aus der Schlangenhaut.
MacAdam setzte sich die Tauchermaske auf und das Mundstück ein. Nur ein Taucher folgte ihm darin. Wahrscheinlich waren keine vier nötig, um die Haut zu holen.
»Warum nehmen sie die Tauchgeräte mit, wenn sie nur bis hierher waten müssen?«, fragte Aikensen. »Zur Sicherheit, falls die Strömung sie erfasst oder sie ein Schluckloch treffen.« »Die Strömung ist nicht so stark.« »Stark genug, um die Haut wegzutragen, und dann ist sie weg. Mit Tauchgerät kann man ihr im Wasser folgen, wohin sie schwimmt.«
»Klingt, als hätten Sie das schon mal gemacht.« »Ich bin darin ausgebildet.« »Nein, wie vielseitig Sie sind«, sagte er.
Die Taucher waren fast bei uns. Ihre Geräte schauten wie Walrücken aus dem Wasser. MacAdam tauchte mit dem Kopf auf und griff nach dem Felsen. Er nahm das Mundstück heraus, hielt sich fest und paddelte mit den Beinen, um sich aus der Strömung rauszuhalten. Der zweite Taucher steuerte auf Aikensen zu.
»Gibt's ein Problem, wenn wir die Haut abreißen?«, fragte MacAdam. »Ich werde sie loshaken.« »Sie machen sich den Arm nass.« »Ich werd's überleben, oder?«
Ich konnte sein Gesicht bei all der Ausrüstung nicht gut erkennen, aber bestimmt runzelte er die Stirn. »Ja, das werden Sie wohl.«
Ich tastete an der Haut entlang, bis ich Wasser fühle. Ich zögerte wegen der Kälte, aber nur für einen Pulsschlag. Ich griff hinein und machte mich bis zur Schulternass, um sie zu befreien. Dabei berührte ich etwas Glattes, Festes, das keine Haut war. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und riss die Hand aus dem Wasser, wobei ich fast abrutschte. Ich fand das Gleichgewicht wieder und griff nach der Pistole.
Ich hatte noch Zeit, um zu sagen: »Da unten ist etwas.«Dann tauchte es auf. Ein rundes Gesicht mit aufgerissenem, lippenlosem Mund schoss empor und griff mit den Händen nach MacAdam. Ich sah zwei dunkle Augen blitzen, ehe es ins Wasser zurückfiel.
Die Taucher machten, dass sie wegkamen, schwammen mit kräftigen Stößen zum Ufer.
Aikensen war rückwärts gestrauchelt und im Wasser gelandet. Er kam spuckend wieder hoch, in der Hand die Waffe.»Schießen Sie nicht darauf«, sagte ich. Das Wesen tauchte wieder auf. Ich schob mich neben es. Es kreischte, die menschlichen Hände tasteten nach mir. Es bekam meine Jacke zu fassen und zog sich zu mir herauf. Die Pistole war in meiner Hand, aber ich schoss nicht.
Aikensen zielte. Vom Ufer kamen Schreie. Die Polizisten kamen gelaufen, aber es blieb keine Zeit. Da waren Aikensen und ich in der Mitte des Flusses.
Die Kreatur klammerte sich stumm an mich, als wäre ich das letzte Lebewesen auf der Welt. Sie vergrub den ohrlosen Kopf an meiner Brust. Ich zielte auf Aikensen.
Damit schien ich seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er riss erstaunt die Augen auf und richtete sie schließlich mich. »Was zum Teufel tun Sie denn?« »Zielen Sie woanders hin, Aikensen.« »Ich bin es leid, in die
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