Anita Blake 04 - Giergige Schatten
ihm mehr Schmerzen als mir bereiten. »Tut das nicht weh?«, fragte ich. Meine Stimme klang erstaunlich ruhig.
»Ich mag Schmerzen«, sagte er. Er setzte die Zungenspitze an mein Kinn und leckte mir über den Mund. Er lachte. »Wehr dich heftiger. Stoß mich mit deinen kleinen Fäusten.« »Sie mögen Schmerzen?« >Jaaa.«
»Dann wird Ihnen das gefallen.« Ich stieß ihm das Messer in den Magen. Halb ächzte er, halb seufzte er. Seinen ganzen Körper durchlief ein Schauder. Er stemmte sich über mir hoch, drückte mich aber von der Hüfte abwärts an den Boden, wie wenn Mädchen Liegestütze machen.
Ich kam mit dem Oberkörper hoch, stieß das Messer tiefer hinein, zog ihm die Klinge aufwärts durchs Fleisch. Gabriel riss seinen Mantel in Fetzen, versuchte aber nicht, das Messer an sich zu reißen. Auf beide Arme gestützt, blickte er auf meine blutigen Hände hinab.
Er versenkte das Gesicht in meine Haare und erschlaffte ein wenig. Ich dachte schon, er würde bewusstlos. Er flüsterte: »Tiefer.« »Gütiger Himmel.« Die Klinge steckte direkt unter dem Brustbein. Mit einem Aufwärtsstoß würde ich sein Herz erwischen.
Ich legte mich zurück auf den Boden, um für den Todesstoß einen günstigeren Winkel zu erhalten.
»Töte ihn nicht«, sagte Raina. »Wir brauchen ihn noch.«
Wir? Die Klinge war unterwegs zu seinem Herzen, als er sich blitzartig von mir herunterrollte. Auf dem Rücken blieb er liegen, nicht allzu weit weg. Er atmete sehr schnell, seine Brust hob und senkte sich. Das Blut floss über die nackte Haut. Er hielt die Augen geschlossen, kräuselte lächelnd die Lippen.
Wäre er ein Mensch, würde er die Nacht nicht überleben. Stattdessen lag er lächelnd auf dem Teppich. Er drehte den Kopf zur Seite und schlug die Augen auf. Seine merkwürdigen grauen Augen sahen mich an. »Das war wundervoll«
Was für ein Wahnsinn«, sagte ich. Ich kam auf die Beine, indem ich mich auf die Couch stützte. Ich war voller Blut. Das Messer auch.
Kaspar saß in der Couchecke und starrte mich an. Er drückte sich mit geweiteten Augen in seinen Mantel. Ich konnte ihm keinen Vorwurf machen. Ich wischte das Blut an dem schwarzen Sofa ab. »Danke für Ihre Hilfe, Jean-Claude.« »Mir wurde erzählt, Sie seien dominant, ma petite. In Kämpfe um die interne Vorherrschaft darf man nicht ein greifen.« Er lächelte. »Außerdem brauchten Sie meine Hife nicht.«
Raina kniete sich neben Gabriel. Sie beugte sich über seinen blutenden Magen und fing an zu lecken. Mit langen, langsamen Zungenschlägen. Ihr Hals arbeitete beim Schlucken.
Mir würde nicht schlecht werden. Mir würde nicht schlecht werden. Ich schaute zu Kaspar. »Was haben Sie mit den beiden zu tun?«
Raina hob das blutige Gesicht. »Kaspar ist unser Musterbeispiel.« »Was soll das heißen?«
»Er kann die Gestalt wechseln, sooft er will. Er wird nicht bewusstlos. Wir benutzen ihn, um potenzielle Stars unserer Filmproduktionen zu testen. Um zu sehen, wie sie reagieren, wenn sich einer mittendrin verwandelt.«
Mir wurde schlecht. »Sagen Sie mir bitte nicht, dass ei, das für Probeaufnahmen macht.«
Raina neigte den Kopf zur Seite. Ihre Zunge rollte über die Lippen und leckte sie sauber. »Sie wissen von unseren kleinen Filmen?« »Ja.«
»Ich bin überrascht, dass Richard es Ihnen erzählt hat. Er missbilligt unseren Spaß.« »Spielen Sie darin mit, Gunderson?«
»Kaspar will nicht«, erwiderte Raina. Sie stand auf und ging zur Couch. »Marcus will keinen dazu zwingen. Aber Kaspar hilft uns, wenn die Leute vorspielen. Nicht wahr, Kaspar?«
Er nickte. Dabei hielt er den Blick auf den Teppich geheftet, um sie nur ja nicht anzusehen.
»Warum sind Sie heute Abend alle hier?«, fragte ich. »Jean-Claude hat uns ein paar Vampire für unseren nächsten Film versprochen.« »Ist das wahr?«, fragte ich.
Jean-Claudes Miene war glatt und schön, aber undurchschaubar. »Robert muss bestraft werden.« Ich runzelte die Stirn über diesen Themawechsel. »Der Sarg ist belegt.« »Es gibt immer mehr als einen, Anita.«
Robert kroch. »Es tut mir Leid, Meister. Es tut nur Leid.« Er kroch dicht an ihn heran, berührte ihn aber nicht. »Ich kann das nicht noch mal aushalten, Meister. Bitte.«
»Sie haben Angst vor Raina, Jean-Claude. Was erwarten Sie denn, was dann Robert gegen sie ausrichten soll?« »Ich habe keine Angst vor Raina.«
»Schön, aber Robert war unterlegen. Das wissen Sie genau.« »Vielleicht haben Sie Recht, ma petite.«
Robert schaute auf.
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