Anita Blake 05 - Bleich Stille
Hand. Einen vernickelten 45er. Er hielt ihn wie im Film, irgendwo vor sich in Taillenhöhe. Ein 45er ist eine mächtige Waffe. Mit einem Schuss aus der Hüfte trifft man nicht viel. Jedenfalls theoretisch. Da sie auf uns zeigte, war ich nicht begierig zu sehen, ob die Theorie Recht behielt.
Bayard streckte eine 22er Automatik vage in unsere Richtung. Es sah nicht aus, als hätte er schon einmal eine Pistole in der Hand gehabt. Vielleicht hatte er vergessen zu entsichern.
Ms Harrison zielte sehr sicher mit einem vernickelten 38er auf mich. Sie stand breitbeinig und balancierte auf ihren albernen Stöckelschuhen. Sie hielt den Revolver beidhändig, als ob sie sich damit auskannte.
Ich warf einen Blick auf ihr Gesicht. Ihre Augen mit dem dicken Make-up waren ein bisschen größer als sonst, aber sie wirkte felsenfest. War ruhiger als Bayard, hielt sich besser als Stirling. Hoffentlich bezahlte er sie gut.
»Was läuft hier, Stirling?«, fragte ich. Meine Stimme klang kühl, es schwang aber auch ein bisschen von der Macht darin. Ich hielt sie noch am Zügel, und sie reichte aus, um alle Zombies zurück in die Erde zu bringen. Oder viele andere Dinge zu tun.
Sein breites Lächeln war deutlich zu erkennen. »Sie haben die Kreatur freigelassen. Jetzt werden wir Sie töten.« »Warum ist es für Sie wichtig, ob Bloody Bones frei ist?« Ich sah ihre Waffen und hatte noch immer nicht begriffen. »Er ist im Traum zu mir gekommen, Ms Blake. Er hat mir das Land der Bouviers versprochen. Das Ganze.« »Dass der Elf frei ist, verschafft Ihnen noch nicht das Grundstück«, sagte ich.
»Aber der Tod von Bouvier. Das Dokument, nach dem uns dieser Hügel gehört, wird uns das ganze Land zuschreiben, sobald niemand mehr da ist, der es uns streitig machen kann.« »Auch wenn Magnus tot ist, werden Sie es nicht bekommen«, sagte ich, doch es klang nicht überzeugend. »Sie meinen seine Schwester?«, sagte Stirling. »Die wird genauso leicht sterben wie Magnus.«
Mein Magen zog sich zusammen. »Und ihre Kinder?« »Bloody Bones mag Kinder am liebsten.«
»Sie Schwein.« Das kam von Larry. Er machte einen Schritt vorwärts, und Ms Harrisons Lauf schwenkte zu ihm rüber. Ich packte seinen Arm mit der freien Hand. In der anderen hatte ich die Machete. Larry blieb stehen, aber der Lauf blieb auf ihn gerichtet. Ich war mir nicht sicher, ob das eine Verbesserung war.
Larry zitterte vor Zorn. Ich hatte ihn schon wütend erlebt, aber noch nie so. Die Macht sprach auf diese Wut an. Die Zombies wandten sich kleiderraschelnd zu uns. Ihre glänzenden, so lebendigen Augen warteten auf uns.
»Stellt euch vor uns«, flüsterte ich. Die Zombies setzten sich in Bewegung. Einige standen bereits vor uns. Ich verlor das Waffen tragende Trio aus dem Blick. Es stand zu hoffen, dass das auch umgekehrt galt.
»Erschießt sie«, befahl Stirling laut, fast schrie er es.
Ich wollte mich auf den Boden werfen und Larry mitziehen. Er widersetzte sich. Die Kugeln flogen uns um die Ohren, und er küsste die Erde. Eine Gesichtshälfte an den Boden drückend, fragte er: »Und jetzt?«
Die Kugeln trafen die Zombies. Die Toten zuckten und drehten sich. Die lebendigsten blickten an sich hinab, erstaunt, dass sie Löcher im Bauch hatten, aber ohne Schmerzen. Ihre Angst war nur ein Reflex.
Jemand schrie, aber keiner von uns. »Aufhören, aufhören. Wir dürfen das nicht. Wir können sie nicht einfach umbringen.« Es war Bayard. »Etwas spät für einen Anfall von schlechtem Gewissen«, meinte Ms Harrison. Ich hörte ihre Stimme vielleicht zum ersten Mal, jedenfalls klang sie tüchtig.
»Lionel, entweder sind Sie für oder gegen mich.«
»Scheiße«, murmelte ich. Ich robbte vorwärts und versuchte zu erspähen, was da ablief. Ich schob gerade einen gebauschten Rock zur Seite, als Stirling seinem Lionel in den Bauch schoss. Der 45er donnerte und riss sich fast von Stirlings Hand los, doch er hielt ihn fest. Aus dreißig Zentimetern Entfernung konnte man damit fast jeden erschießen.
Bayard brach in die Knie, den Blick auf Stirling gerichtet. Er versuchte, etwas zu sagen, bekam aber keinen Laut heraus. Stirling nahm ihm die Pistole ab und steckte sie sich in die Tasche. Er kehrte ihm den Rücken zu und ging über den harten trockenen Boden ein Stück weg. Ms Harrison zögerte, dann folgte sie ihrem Chef.
Bayard fiel auf die Seite, es sickerte dunkel aus ihm heraus. Seine Brillengläser
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