Anita Blake 05 - Bleich Stille
wettete, dass seine Entourage sich über nächtliches Sehvermögen keine Gedanken machte und lieber ein Licht gehabt hätte.
Larry und ich trugen noch unsere Overalls. Ich wurde meinen langsam leid. Was ich wirklich wollte, war ins Hotel fahren und schlafen. Aber ich würde sowieso nicht schlafen, wenn Jean-Claude erst einmal da war. Da konnte ich genauso gut arbeiten. Außerdem war Stirling mein einziger zahlender Klient. Gut, ich verdiene auch Geld mit dem Töten von Vampiren, sofern es legal ist, aber nicht viel. Stirling bezahlte die Spesen. Er hatte ein Recht, etwas dafür zu bekommen, schätze ich.
»Ich habe sehr lange gewartet, Ms Blake.« »Es tut mir Leid, dass der Tod eines jungen Mädchens Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet, Mr Stirling. Wollen wir hinaufgehen?«
»Ich habe durchaus Verständnis für den Verlust anderer. Ms Blake, und nehme es übel, dass mir das Gegenteil unter stellt wird.« Da stand er in der mondhellen Nacht, sehr aufrecht, sehr gebieterisch. Ms Harrison und Bayard rückten ein wenig näher zu ihm, zeigten Unterstützung. Beau rührte sich nicht und machte hinter Stirlings Rücken ein amüsiertes Gesicht. Er trug einen schwarzen Regenmantel mit Kapuze. Er sah aus wie ein Phantom.
Ich schaute zu dem klaren, funkelnden Himmel auf. Dann Beau. Er grinste so breit, dass seine Zähne im Mondlicht blitzten. Ich schüttelte den Kopf und sagte nichts. Vielleicht war er Pfadfinder gewesen, allzeit bereit und so weiter. »Schön, ganz wie Sie meinen. Bringen wir's hinter uns.« h wartete nicht. Ich ging an ihnen vorbei und begann mit dem Aufstieg.
Larry neben mir sagte: »Sie sind grob.« Ich sah ihn von der Seite an. »Ja, bin ich.« »Er ist ein Klient, Anita.« »Hören Sie, es ist nicht erforderlich, dass Sie mich zurechtweisen, verstanden?« »Was ist mit Ihnen los?«
Ich blieb stehen. »Was wir gerade hinter uns haben, das ist mit mir los. Ich hätte geglaubt, dass es Ihnen auch ein bisschen mehr ausmacht.« »Es macht mir was aus, aber ich muss es nicht an anderen auslassen.«
Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. Er hatte Recht. Verdammt. »Also gut, Sie haben Recht. Ich werde versuchen, netter zu sein.«
Stirling holte zu uns auf, die Entourage im Schlepptau. »Kommen Sie weiter, Ms Blake?« Er ging an uns vorbei, mit stocksteifem Rücken.
Ms Harrison stolperte, und dass sie nicht platt auf den Hintern fiel, hatte sie nur Bayard zu verdanken, der sie am Ellbogen festhielt. Sie hatte noch immer hochhackige Schuhe an. Vielleicht verstieß es gegen den Dresscode der Vorstandssekretärin, Tennisschuhe zu tragen.
Als Letzter ging Beau in seinem Regenmantel, der ihm um die langen Beine schlug. Er machte ein lautes, höchst ärgerliches Flattergeräusch.
Na gut, vielleicht war im Augenblick alles ärgerlich. Ich fühlte mich entschieden unleidlich. Irgendwo hier draul3en war Jeff Quinlan. Entweder schon tot oder einmal gebissen. Es war nicht meine Schuld. Ich hatte seinen Vater angewiesen, vor jeden Eingang eine Hostie zu legen. Ich hätte an die Hundetür gedacht, wenn ich sie gesehen hätte, aber so weit war ich in dem Haus nicht vorgedrungen. Und selbst ich hätte gefunden, dass es paranoid sei, den Hundeeingang zu schützen. Aber ich hätte es getan, und Beth St John würde noch leben.
Ich hatte den Ball fallen lassen. Ich konnte Beth St. John nicht zurückbringen, aber Jeff-konnte ich noch retten. Und ich würde es tun. Ganz bestimmt. Ich wollte ihn nicht rächen, indem ich seinen Mörder tötete. Diesmal wollte ich rechtzeitig kommen. Einmal wollte ich jemanden retten und die Rache einem anderen überlassen.
Wurde Jeff Gewalt angetan, in diesem Augenblick? Tat dieses Wesen aus Quinlans Wohnzimmer mehr, als ihm in den Hals zu beißen? Lieber Gott, hoffentlich nicht. Ich war ziemlich sicher, dass ich Jeff von einem Vampirbiss heilen konnte, aber gepaart mit der Vergewaltigung durch ein Monster, da war ich mir nicht so sicher. Wenn ich ihn nun fände, und es wäre nicht mehr viel zu retten übrig? Der Verstand ist manchmal überraschend zerbrechlich.
Ich betete, während wir den Hügel hinaufstiegen. Ich betete und spürte eine gewisse Ruhe zurückkehren. Keine Visionen. Keine Engel, die sangen. Aber ein Gefühl des Friedens durchströmte mich. Ich tat einen tiefen Atemzug, und etwas Hartes, Enges und Hässliches fiel von meinem Herzen ab. Ich nahm das als gutes Zeichen, dass ich noch rechtzeitig zu Jeff gelangen
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