Anita Blake 06 - Tanz der Toten
meine«, sagte ich.
Jean-Claude machte einen gleitenden Schritt auf mich zu. Er berührte mich nicht, stand aber sehr nah bei mir und sah mich an. »Ich weiß genau, was du meinst, ma petite.«
Das trieb mir schlagartig die Hitze ins Gesicht. Die Worte waren harmlos. Er ließ sie intim und unanständig klingen.
Jason richtete den Sessel auf und erhob sich, während er sich den Mundwinkel leckte. Er sagte nichts, beobachtete uns nur wie ein gut erzogener Hund, den man sieht, aber nicht hört.
Jean-Claude trat einen Schritt zurück. Wieder spürte ich seine Bewegung, ohne dass ich ihr mit den Augen folgen konnte. Es hatte eine Zeit gegeben, das war erst ein paar Monate her, wo es mir wie Magie vorgekommen war, als wäre er ein paar Schritte weiter aus dem Nichts erschienen.
Er hielt mir die Hand hin. »Komm, ma petite. Begeben wir uns zur Ruhe.«
Ich hatte schon öfter seine Hand genommen, warum also stand ich da und starrte, als würde er mir die verbotene Frucht reichen, die, einmal gekostet, alles verändert? Er war fast vierhundert Jahre alt. Jean-Claudes Gesicht aus einer lange zurückliegenden Zeit lächelte zu mir herab, und da stand er vor mir mit fast dem gleichen Lächeln. Wenn ich je den Beweis gebraucht hatte, da war er. Er hatte Jason zur Seite gefegt wie einen Hund, den man nicht leiden kann. Und dennoch war er so schön, dass mir die Brust davon wehtat.
Ich wollte seine Hand nehmen. Ich wollte über das rote Hemd streichen, das blasse Oval erkunden. Ich verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf.
Sein Lächeln wurde breiter, bis sich die Spitzen der Reißzähne zeigten. »Du hast schon mehrmals meine Hand genommen, ma petite. Was ist heute so anders?« Seine Stimme enthielt einen Hauch von Spott.
»Zeige mir einfach das Zimmer, Jean-Claude.«
Er ließ die Hand sinken, schien aber nicht beleidigt zu sein. Er wirkte im Gegenteil erfreut, was mich irritierte.
»Bring Richard herein, wenn er kommt, Jason, aber kündige ihn vorher an. Ich möchte nicht gestört werden.« »Ganz wie du willst«, sagte Jason. Er grinste uns beide an, besonders mich mit einem wissenden Ausdruck ii1, Gesicht. Wieso glaubte eigentlich alle Welt, dass ich mit Jean-Claude ins Bett ging? Ach so, vielleicht war das eil, Fall, wo die Dame zu energisch alles bestritten hatte. Vielleicht.
»Bring Richard einfach her, wenn er kommt. Hier gibt es nichts zu stören«, sagte ich und sah dabei Jean-Claude an.
Der lachte, und es war dieser warme, fühlbare Klang, der mir wie Seide über die Haut strich. »Selbst dein Widerstand gegen die Versuchung wird dünner, ma petite.«
Ich zuckte die Achseln. Ich hätte das gern abgestritten. aber er roch jede Lüge. Selbst ein durchschnittlicher Werwolf kann Verlangen riechen. Jason war nicht durchschnittlich. Also wusste jeder im Zimmer, dass ich auf Jean-Claude heiß war. Na und?
»Nein ist eines meiner Lieblingswörter, Jean-Claude. Das solltest du inzwischen wissen.«
Das Lachen verschwand aus seinem Gesicht, es blieb nur das Leuchten in den blauen, blauen Augen, das aber mit Humor nichts zu tun hatte. Etwas Dunkles, Selbstgewisses schaute aus diesen Augen. »Ich lebe von der Hoffnung, ma petite.«
Jean-Claude teilte den Vorhang und enthüllte den nackten, grauen Stein der Wände. Ein breiter Gang erstreckt(' sich tief in das Labyrinth. Jenseits des elektrisch beleuchteten Wohnraums brannten Fackeln. Er stand da im Gegen licht der Flammen und der modernen Lampen. Ein Spic1 von Licht und Schatten tauchte sein Gesicht zur Hälfte in Dunkelheit und setzte einen glühenden Punkt in seine Augen. Vielleicht waren es aber auch nicht die Lichtverhältnisse, sondern er selbst.
»Wollen wir gehen, ma petite?«
Ich trat ins Dämmerlicht hinter dem Vorhang. Er versuchte nicht, mich zu berühren, als ich an ihm vorbeiging. Ich hätte ihm ja einen Extrapunkt gegeben, dass er dem Drang widerstand, doch ich kannte ihn zu gut. Er wartete nur den rechten Augenblick ab. Mich jetzt zu berühren würde mich vielleicht sauer machen. Später vielleicht nicht. Selbst ich konnte nicht garantieren, wann die Stimmung richtig war.
Jean-Claude ging voraus. Er warf einen Blick über die Schulter. »Schließlich kennst du den Weg zu meinem Schlafzimmer noch nicht, ma petite.« »Ich bin schon einmal da gewesen«, erinnerte ich ihn.
»Bewusstlos und sterbend. Das zählt kaum.« Er glitt den Gang entlang. Er gab seinem Gang
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