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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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wäre das Rudel nicht beeindruckt.«
     
    Ich schluckte an meinem heftigen Puls vorbei und zwang mich, ganz still zu stehen, seinen Händedruck zu erwidern. Ich hatte mir nicht überlegt, was das bedeuten würde. Ich würde hier nicht das Kommando haben. Nicht meine Macht, sondern seine war gefragt. Ich würde das Öl für sein Feuer sein, nicht andersherum.
     
    »Es liegt an Jean-Claudes Zeichen«, sagte ich. »Er macht das.« »Wir hatten gehofft, dass es so funktioniert«, sagte Richard. Und ich wusste, dass das »wir« mich nicht mit einschloss. »Wie funktioniert es?«
     
    »So.« Eine bebende Energie brach los, strömte wie ein Hitzeschwall über seine Haut, stürzte durch seine Hände in meine. Sie spülte wie eine Woge über meinen Körper, und wo sie hinkam, sträubten sich unter Schaudern die Haare.
     
    »Geht es dir gut?« »Klar«, antwortete ich, aber es war nur ein atemloses Flüstern.
     
    Er nahm mich beim Wort. Die Schranke fiel, und Richards Energie traf mich wie eine schmetternde Faust. Ich erinnere mich, dass ich hinfiel, und an das Gefühl von Richards Armen um meine Taille, als er mich auffing. Dann war mir, als wäre ich woanders. Ich war überall. Ich war über den Bäumen, schaute auf uns nieder, und zugleich versuchten meine Augen, sich zu drehen und mich anzusehen, aber ich war nicht da. Es fühlte sich an wie der Wind, der aus mir herausdrängt, wenn ich einen Friedhof abschreite, nur dass es nicht meine Kräfte waren, die von mir ausströmten, sondern ich selbst. Ich blickte durch Dutzend Augen, streifte Leiber, manche mit Fell, andere mit Haut. Ich eilte umher und weiter und berührte Raina. Ich wusste, dass sie es war. Ihre Macht schlug aus wie ein Schild, schleuderte mich weg von ihr, dennoch spürte ich kurz ihre Angst.
     
    Richard rief mich stumm zurück. In einem Strom wirbelnder goldener Energie schlüpfte ich wieder in mich hinein. Ich konnte die Farbe hinter meinen Augen sehen, wo eigentlich nichts zu sehen war. Ich öffnete die Augen und war mir nicht einmal sicher, ob sie zu gewesen waren. Die goldene Energie war noch da, sie wirbelte in mir und auf meiner Haut. Ich krümmte die Finger über Richards Schultern und spürte die Reaktion seiner Kräfte.
     
    Ich brauchte nicht zu fragen, was ich gerade erlebt hatte. Ich wusste es. So fühlte es sich an, ein Alphatier zu sein, zumindest für ein so machtvolles wie Richard. Er konnte sein Wesen hinausschleudern und sein Rudel damit berühren. Damit hatte er vor zwei Tagen den Werwolf in sich abgehalten, Gestalt anzunehmen, und damit war er fähig, sein Blut mit anderen zu teilen. Marcus konnte das nicht. Raina hingegen schon.
     
    Jean-Claudes Macht fühlte sich nie so lebendig an, auch meine eigene nicht. Ich hatte das Gefühl, als zöge ich Energie aus den Bäumen, aus dem Wind, als wäre ich mit einer Batterie verbunden und als wäre da genug Magie, um ewig so weiterzumachen. So etwas hatte ich noch nie gespürt.
     
    »Kannst du rennen?«, fragte Richard. Die Frage bedeutete mehr, als man meinen konnte, das wusste ich. »Oh, ja.«
     
    Er lächelte, und es war ein freudiges Lächeln. Er nahm meine Hand und warf uns in die Bäume. Selbst wenn er ein einfacher Mensch gewesen wäre, hätte ich mit ihm bei einem Dauerlauf nicht mithalten können. Doch heute rannte er nicht wirklich, sondern strömte durch den Wald. Es war, als wäre er mit Sonar ausgestattet, das ihm jeden Zweig, jede Baumwurzel, jeden umgestürzten Stamm anzeigte. Es war, als würden die Bäume ihm ausweichen wie Wasser oder sich vielleicht durch ihn hindurchbewegen. Er zog mich mit. Nicht bloß an der Hand, sondern mit seiner Energie. Als wäre er in mich eingedrungen und hätte uns aneinander gekoppelt. Das hätte sich aggressiv und beängstigend anfühlen müssen, tat es aber nicht.
     
    Wir strömten auf die große Lichtung, und Richards Macht füllte sie, ergoss sich über das Rudel wie ein Feuer, das von einem trocknen Ast auf den nächsten überspringt, drang in die Lykanthropen ein, dass sich alle zu ihm umdrehten. Alle bis auf Marcus, Raina, Jamil, Sebastian und Cassandra. Sie hielten ihn mit schierer Willenskraft von sich fern. Jeden anderen vor sich berührte er, und ich wusste, was ihn dazu befähigte, war ich. Fern wie ein Traum oder wie ein halb bewusster Albtraum war Jean-Claude tief in dieser wirbelnden Macht, die verborgen war unter Richards mächtiger Ausstrahlung.
     
    Ich spürte jede Bewegung. Es war, als wäre die Welt plötzlich

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