Anita Blake 06 - Tanz der Toten
schüttelte den Kopf. »Wenn ich mich beklage, erschießt du mich dann?« Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
»Nicht lachen«, bat ich.
Das Lächeln wurde noch breiter. Seine Stimme klang ein bisschen gepresst, aber er schaffte es. »Wunderbar. Du siehst wunderbar aus.«
Es gibt nur zwei Dinge, die man tun kann, wenn man als Bondage-Barbie verkleidet geht: Man kann peinlich berührt oder aggressiv sein. Raten Sie, wofür ich mich entschied.
Ich stelzte auf ihn zu, legte ein bisschen mehr Schwung in meinen Gang. Die Stiefel erleichterten das irgendwie, sorgten für die richtige Drehung. In meinen Blick, in meine Miene legte ich alles, was mein Äußeres versprach: Sex, Gewalt, Leidenschaft.
Richards Grinsen verschwand, an seine Stelle trat heftiges verlangen, aber zögerlich, als wäre er nicht so ganz sicher, ob wir es in aller Öffentlichkeit tun sollten.
Er trug schwarze Lederhosen und weiche Raulederstiefel, die fast wie meine aussahen. Er hatte Gel in den Haaren und sie mit einem schwarzen Band zurückgebunden. Sein Hemd war aus Seide und leuchtend blau, zwischen Türkis und Königsblau. Auf seiner braunen Haut sah das großartig aus.
Breitbeinig blieb ich vor ihm stehen, blickte zu ihm hinauf und forderte ihn stumm auf, das komisch zu finden. Ich legte einen Finger auf seine Lippen, wanderte damit über seine Wange, seinen Hals, liebkoste das Schlüsselbein, strich am Kragen entlang bis zum obersten Hemdknopf.
Dann stelzte ich zum Bett und nahm den Ledermantel. Ich legte ihn mir um die Schultern, sodass er schlaff an mir herunterhing wie eine erbeutete Haut und nur wenig von meiner Kostümierung verdeckte. Ich öffnete die Tür und blieb für einen Augenblick darin stehen. »Kommt ihr?«, sagte ich und ging, ohne auf eine Antwort zu warten. Sein Gesichtsausdruck genügte mir. Er sah aus, als hätte ich ihn mit dem Vorschlaghammer zwischen die Augen getroffen.
Großartig. Jetzt brauchte ich den Aufzug nur noch an Jean-Claude auszuprobieren, dann konnte es losgehen.
36
Im Maiwald herrschte warme dichte Dunkelheit. Richard und ich standen draußen vor der Scheune, wo Raina schmutzige Filme drehte. Der Treff' punkt des Rudels war beim Farmhaus. Es standen so viele Wagen da, dass kein Platz mehr frei war und manche direkt am Waldrand unter den Bäumen parkten.
Irgendwo musste der Vollmond stehen, aber die Wolkendecke war so dicht, dass es finster war wie in einer Höhle. Nur dass sich die Höhle bewegte. Ein säuselnder Wind strich durch die dichten, nachtschwarzen Blätter. Es war, als ob ein unsichtbarer Riese mit den Fingern durch die Bäume fuhr, die Zweige beugte, dass das Laub raschelte, und die Nacht mit Bewegung durchsetzte, bei der ich unwillkürlich die Schultern versteifte. Es war, als wäre die Nacht selbst in einer Weise lebendig, die mir vollkommen neu war.
Richards Hand war warm und leicht feucht. Er hatte seine schleichende Energie gedämpft, sodass es nicht unangenehm war, ihn anzufassen. Für die Mühe war ich ihm dankbar. Wenn er mir nahekam, hörte ich seinen Lederumhang flüstern. Er war über der Brust zugebunden und bedeckte nur eine Schulter. Zusammen mit den weiten Ärmeln seines leuchtend blauen Hemdes wirkte der Umhang wie ein historisches Kostüm.
Richard zog mich an der Hand zu sich heran, in den Kreis seiner Arme, in die Weite seines Umhangs. Die Wolken rissen auf, und plötzlich waren wir in einen trüben silbernen Schein gebadet. Richard starrte nach vorn. Er schien zu lauschen. Ich hörte nichts. Seine Hände schlossen sich ruckartig, fast ein wenig schmerzhaft um meine. Er sah auf mich herab, als fiele ihm gerade erst ein, dass ich da war.
Er lächelte. »Kannst du sie fühlen?« »Wen?« »Die Nacht.« Ich setzte zu einem Nein an , dann lt ich inne. Ich sah um mich auf den schneller werdenden Wald, auf die Bewegungen.
»Der Wald wirkt lebendiger als sonst.« Sein Lächeln wurde breit, dass ich kurz die Zähne leuchten sah, fast war es ein Zähnefletschen. »Ja.«
Ich wollte mich von ihm entfernen, aber seine Hände schlossen sich fester. »Das machst du«, stellte ich fest. Plötzlich schlug mir das Herz im Hals. Mir war klar gewesen, dass ich heute Nacht vor so manchem, aber nicht, dass ich dass ich vor Richard würde Angst haben müssen.
»Wir sollen Macht verströmen. Das ist es, was ich gerade tue. Aber es muss meine Macht sein, Anita Von Zombies
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