Anita Blake 06 - Tanz der Toten
Firestar, wenn auch nicht vollständig. Sie blitzte noch hervor, wenn ich mich bewegte, aber vielleicht würden die Leute nicht gleich schreiend wegrennen.
Ohne die Browning fühlte ich mich nackt, was ja komisch war, wenn man bedachte, dass im Koffer eine Uzi steckte. Aber schließlich hatte ich die Browning selbst im Schlaf bei mir.
Richard verlor kein Wort wegen der beiden Gewehre. Vielleicht hätte er sich über das andere Zeug beschwert, wenn er es gesehen hätte, aber er nahm den Koffer, hängte sich eine Sporttasche über die Schulter und dazu eine Gewehrtasche und ließ mich meinen Anteil tragen.
»Kannst du beide Koffer tragen?«, fragte ich. .
»Klar, aber ich bin bestürzt, dass du darum bittest. Beim letzten Mal, wo ich ungefragt etwas tragen wollte, hast du mir fast den Kopf abgerissen.«
»Ich will eine Hand frei haben für die Pistole.« »Ach«, meinte er, »natürlich.« Wortlos nahm er den zweiten Koffer in die Hand. Er ist ein sehr kluger Mann.
Mrs Pringle kam aus ihrer Tür, als wir die Wohnung verließen. Sie hatte Custard auf dem Arm. Er knurrte Richard kurz an, aber sie besänftigte ihn. »Ich glaubte, Sie gehört zu haben. Sind Sie wohlauf, Anita?«
Ich spähte zu dem Loch in ihrem Türrahmen. »Es geht mir gut. Und wie steht's mit Ihnen?«
Sie drückte den Spitz an sich und rieb die Wange an dem kleinen wuscheligen Körper. »Ich werde zurechtkommen. Wird man Sie anklagen?« »Es sieht nicht so aus.«
»Gut.« Sie schaute auf die Koffer. Einer für Kleidung, einer für Waffen. »Wohin gehen Sie?« »Ich glaube, es ist ein bisschen zu gefährlich, wenn ich mich hier aufhalte.« Sie sah mich prüfend an, als wollte sie meine Gedanken lesen. »Wie schlimm ist die Sache, Anita?«
»Schlimm genug«, antwortete ich. Sie strich mir sacht übers Haar. »Seien Sie sehr vorsichtig da draußen.« Ich lächelte. »Immer. Geben auch Sie auf sich Acht.« »Custard und ich werden aufeinander aufpassen.«
Ich tätschelte den Hund und rieb ihm die kleinen Fuchsohren. »Ich schulde dir eine Schachtel Leckerli, Pelzknäuel.« Er leckte mir mit seiner winzigen rosa Zunge die Hand.
»Geben Sie mir Ihre neue Telefonnummer, wenn Sie können«, bat sie. »Wenn ich kann, werde ich zurückkommen.« Sie lächelte, aber ihr heller Blick blieb besorgt.
Wir verabschiedeten uns, weil wir gehen mussten. Meine Vorstellungskraft war schon immer zu stark für meinen Seelenfrieden. Ich hatte ein sehr klares Bild von Mrs Pringle, wie sie an der Wand klebte ohne ihr hübsches, alt gewordenes Gesicht. Wenn sie die Tür im falschen Moment geöffnet hätte, würde ich es mir jetzt nicht bloß vorstellen. Verdammt knapp war es gewesen, verdammt knapp.
6
Richards Haus war ein eingeschossiges, halb aus Stein gebautes Ranchhaus. Es war ideal für Kinder und eine Mami, die in der Küche Plätzchen backt. Es stand nicht besonders weit von der Straße weg, aber es hatte viel Garten auf beiden Seiten und an der Rückseite vier Quadratkilometer Wald. Man konnte an drei Seiten aus dem Fenster schauen und sah nicht einen Nachbarn, außer im Winter, wenn die kahlen Bäume einen Blick über das Tal gewährten. Vom vorderen Panoramafenster aus war die Ecke des nächsten Hauses halb versteckt hinter hohen Büschen zu sehen. Solange ich Richard schon besuchte, wohnte dort niemand. Sein Haus lag ein bisschen einsam. Das gefiel Richard, und ob es mir gefiel oder nicht, für mich war es im Augenblick genau das Richtige.
Es lud geradezu zu einem Überfall aus dem Hinterhalt ein, aber dann wären die Nachbarn Kanonenfutter. Die meisten Killer versuchen, unschuldige Passanten herauszuhalten. Nicht aus moralischen Gründen, sondern weil es schlecht fürs Geschäft ist. Die Polizei neigt dazu, Druck zu machen, wenn man viele Zuschauer umlegt.
Richard drückte auf den Toröffner und fuhr den Mustang in die Garage. Daneben stand sein Allrad. Ich fuhr mit meinem Jeep hinter ihm. Ich wartete im Leerlauf, dass er den Allrad raussetzte, damit ich reinfahren konnte. Den Jeep vor dem Haus abzustellen, schien mir meinem Mörder die Arbeit ein bisschen einfach zu machen. Richard fuhr raus, ich fuhr rein. Er parkte hinter mir in der Einfahrt und ging in die Garage. Ich lud das Gepäck aus, und er drückte den Knopf an der Tür zum Haus.
Die Tür führte in die Küche. An den Wänden hingen Hogarth-Kupferstiche mit Hunden und Jagdszenen. Ein
Weitere Kostenlose Bücher