Anita Blake 06 - Tanz der Toten
nicht, was du da sagst«, meinte Richard.
Ich sah zu ihm, dann zu dem wartenden Haufen. »Töten ist alles, was sie begreifen, Richard. Solange du nicht bereit bist, jemanden zu töten, wird Stephen nicht sicher sein. Ich will, dass er sicher ist.«
»Das reicht dir als Grund?«, fragte er. »Ja«, sagte ich, »das reicht.« Der Wolfsmann blickte mich an. »Du bist keine von uns.«
»Das spielt keine Rolle. Stephen wird nicht angerührt. Sagen Sie Raina, wenn er noch einmal hierher verschleppt wird, mache ich sie persönlich verantwortlich.« »Sag es ihr selbst.« Raina stand im Gang, nackt und vollkommen unverlegen, als trüge sie die feinste Seide. Gabriel stand hinter ihr. »Wenn irgendeiner Stephen hierherbringt und ihn zu einem Film zwingen will, werde ich Sie töten.« »Selbst wenn ich nichts damit zu tun habe.«
Ich lächelte, als läge das im Bereich des Möglichen. »Egal wer es tut oder warum, Sie sind es, die in der Schusslinie steht.«
Sie nickte, und fast wurde es eine Verbeugung. »So soll es sein, Anita Blake. Aber nimm eins zur Kenntnis: Du hast mich vor dem Rudel herausgefordert. Das kann ich nicht unbeantwortet stehen lassen. Wenn du ein Gestaltwandler wärst, könnten wir uns zum Zweikampf stellen, aber da du ein Mensch bist, haben wir ein Problem.«
»Das war Ihnen klar, Sie Miststück. Wenn Sie also erwarten, dass ich die Waffe fallen lasse und mit bloßen Händen gegen Sie antrete, sind Sie verrückt.« »Das wäre kaum fair, nicht wahr?«
»Nach dem, was in Ihrem Hinterzimmer abläuft, hätte ich nicht gedacht, dass Sie sich um Fairness Gedanken machen.« »Ach was«, sagte sie, »Stephen wird im Rudel niemals aufsteigen. Er stellt keinerlei Herausforderung dar. Er ist nur das Fressen für alle anderen.«
« Jetzt nicht mehr«, erwiderte ich. »Du bietest ihm Schutz?«, fragte sie.
Die Frage war mir schon einmal gestellt worden, und sie bedeutete mehr, als der bloße Wortlaut vermuten ließ, aber das war mir egal. Ich wollte Stephen in Sicherheit haben und würde tun, was nötig war, andere töten oder mich selbst zur Zielscheibe machen. Mann, der Killer würde mich sowieso bald erwischen. »Ja, er steht unter meinem Schutz.«
»Er steht bereits unter meinem Schutz, Anita«, sagte Richard. »Solange du nicht töten willst, um das zu unterstreichen, hat das für diese Leute keine Bedeutung.« »Du willst also töten, um Richards Anspruch durchzusetzen?«, fragte Raina. »Sie versteht nicht, was du da fragst«, sagte Richard. »Die Frage ist nicht fair, solange sie nicht Bescheid weiß.«
»Dann erkläre es ihr, Richard, aber nicht mehr heute Nacht. Es ist schon spät, und wenn wir mit dem Dreh noch fertig werden wollen, müssen wir uns beeilen. Nimm deine kleine Menschenfrau, und erkläre ihr die Regeln. Bringe ihr bei, wie tief das Loch ist, das sie sich heute gegraben hat. Wenn sie die Regeln begriffen hat, ruf mich an. Dann lasse ich mir etwas einfallen, wie ein Zweikampf zwischen uns möglichst fair sein kann. Vielleicht werde ich mir die Augen verbinden oder mir einen Arm auf den Rücken binden lassen.«
Ich wollte etwas erwidern, aber Richard kam mir zuvor. »Komm, Anita. Wir müssen jetzt gehen.« Er hatte recht. Ich würde etliche töten können, aber nicht alle. Ich hatte keine Zusatzmunition bei mir. Ich hatte nicht geglaubt, dass ich welche brauchen würde. Wie albern.
Ich ging rückwärts, bereit, jeden zu erschießen, der den Kopf vorstreckte. So gelangten wir zur Tür. Keiner folgte uns. Richard trug Stephen durch die fortgeschrittene Frühlingsnacht und blickte nicht zurück, als wüsste er, dass sie ihm nicht folgten.
Ich öffnete die Wagentür, und er legte Stephen auf den Rücksitz. »Kannst du nach Hause fahren?«, fragte er. »Klar, wie schlimm bist du verletzt?« »Nicht schlimm, aber ich möchte hinten sitzen, für den Fall, dass Stephen zu sich kommt.«
Dagegen konnte ich nichts einwenden. Ich fuhr. Wir waren sicher. Wir waren tatsächlich alle noch am Leben. Aber wenn sie über uns hergefallen wären, dann nicht mehr. Jetzt, wo wir sicher waren, konnte ich wütend werden. »Tja, wir haben es überlebt. Aber nicht dank deines kleinen Plans«, bemerkte ich.
»Aber dank meines kleinen Plans ist keiner umgekommen«, erwiderte Richard. »Nur weil ich stärker bewaffnet war als sonst.« »Du hast recht gehabt, es war eine Falle«, sagte er. »Bist du jetzt glücklich?« »Oh ja«, versetzte ich.
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