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Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Anita Blake 06 - Tanz der Toten

Titel: Anita Blake 06 - Tanz der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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nicht misstrauisch umherzublicken. Nach außen tat ich so, aber innerlich war mir schon schwindlig, weil ich immerzu angestrengt über die Köpfe sah und nach dem entsetzlich leeren Platz rechts hinter mir, wo das Geländer verlief. Ich legte die Hände in den Schoß und zwang mich, den Blick zu senken. Wenn der Killer jetzt kam, würde ich ihn nicht sehen, aber ich musste mich irgendwie zusammenreißen. Wenn mir das nicht gelang, würde ich bei jedem Schatten zusammenschrecken und wäre nicht reaktionsbereit, wenn es wirklich losging. Ich fing schon an, mir zu wünschen, ich hätte Liv bei mir behalten.
     
    Ich machte tiefe, gleichmäßige Atemzüge, ein und aus, konzentrierte mich auf den Rhythmus meines Körpers. Als ich das Blut in mir fließen hören konnte, hob ich langsam den Kopf. Ich schaute ruhig über die Menge und die Tanzfläche. Ich fühlte mich leer, fern, ruhig. Viel besser.
     
     
     
    Ein Vampir kam an das Geländer bei meinem Tisch. Willie McCoy hatte einen Anzug an, der so schrecklich grün war, dass sich das Wort >giftig< aufdrängte, ein grünes Hemd und einen breiten Schlips, auf dem Godzilla gerade Tokio plattmachte. Willie konnte keiner vorwerfen, jemals zu irgendeinem Interieur zu passen.
     
    Ich lächelte. Ich konnte gar nicht anders. Willie war der erste Vampir gewesen, der die Grenze vom Monster zum Freund passiert hatte. Er schob sich einen der Stühle herum, sodass er mit der Rückenlehne zu der freien Stelle stand. Er setzte sich, als wäre es eine spontane Entscheidung. Ich brauchte nicht erst so zu tun, als ob ich mich freute, ihn wiederzusehen.
     
    Er musste sich ein bisschen zu mir beugen, damit ich ihn bei dem lauten Gemurmel verstehen konnte. Ich roch das süße Gel, mit dem er sich die Haare glättete. Dass er mir so nahe kam, machte mich nicht im Geringsten angespannt. Ich traute Willie mehr als Jean-Claude.
     
    »Wie geht's denn, Anita?« Er grinste so breit, dass seine Reißzähne zu sehen waren. Willie war noch keine drei Jahre tot. Er war einer der wenigen, die ich schon vor ihrem Tod gekannt hatte.
     
    »Es ging mir schon besser«, sagte ich.
     
    »Jean-Claude sagt, wir sollen auf dich aufpassen, aber unauffällig. Wir werden ständig reinschneien und wieder abziehen. Aber du siehst aus, als hättest du mächtig Schiss.«
     
    Ich schüttelte lächelnd den Kopf. »Ist das so offensichtlich?« »Für jemanden, der dich kennt, ja.«
     
    Wir lächelten einander an, und als ich aus solcher Nähe in sein Gesicht sah, wurde mir klar, dass er auf meiner Liste stand. Auf derselben wie Stephen. Wer Willie umbrachte, den würde ich zur Strecke bringen. Es verblüfft(' mich, dass ein Vampir es auf diese Liste geschafft hatte. Aber bei Willie war es der Fall, und wenn ich es mir recht überlegte, gab es noch einen.
     
    Jean-Claude erschien am anderen Ende des Saales. Wenn man vom Teufel spricht. Von irgendwo war ein Scheinwerfer auf ihn gerichtet. Es musste einen Beleuchterboden geben, aber der war gut verborgen. Ein perfekter Platz für ein Präzisionsgewehr. Aufhören, Anita, hör auf, dich zu quälen.
     
    Ich hatte mir nicht klargemacht, wie voll es sein würde. Edward allein, auf der Suche nach einem einzelnen Mörder, hatte in dieser Masse von Leuten schlechte Chancen. Die Vampire und Werwölfe waren vielleicht Amateure, aber ein paar zusätzliche Augen konnten nicht schaden.
     
    Im Saal wurde es langsam dunkel, bis die einzige Beleuchtung Jean-Claudes Scheinwerferkegel war. Er selbst schien ebenfalls zu leuchten. Ich war nicht sicher, ob das ein Trick war oder ob seine Haut wirklich ihr eigenes Licht ausstrahlte. Schwer zu sagen. Wie auch immer, ich war im Dunkeln zusammen mit einem Mörder, und mir war gar nicht wohl dabei.
     
    Zum Teufel damit. Ich nahm die Seecamp in den Schoß. Besser. Nicht perfekt, aber besser. Die Tatsache, dass es mir besser ging, nur weil die Waffe und ich auf Tuchfühlung gingen, war an sich schon ein schlechtes Zeichen. Dass ich meine eigenen Pistolen vermisste, ein noch schlechteres.
     
    Willie fasste mir an die Schulter, und ich zuckte so heftig zusammen, dass sich die Leute nach mir umdrehten. Scheiße.
     
    Er flüsterte: »Ich passe schon auf dich auf. Kein Problem.«
     
    Willie würde prächtiges Kanonenfutter abgeben, aber mit meinem Schutz war er überfordert. Früher war er ein kleiner Spieler gewesen, und das hatte sich nach seinem Tod nicht geändert. Wenn die Schießerei losging und uns die Silberkugeln um die Ohren flogen,

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