Anita Blake 06 - Tanz der Toten
unterbrechen und ohne mehr aufzufallen, als ich eigentlich wollte.
Damian stellte die Frau in die Mitte des Lichtkreises. Er richtete ihr Gesicht auf etwas, das wir nicht sehen konnten. Da stand sie willenlos und wartete auf seine Befehle. Er war hinter ihr, schlang die Arme um ihre Taille, rieb seine Wange an ihrem Haar. Er zog die Schleife ihrer Bluse auf und öffnete die obersten drei Knöpfe. Er schob die Lippen an ihrem nackten Hals entlang, dann konnte ich es nicht mehr aushalten. Wenn sie eine Schauspielerin war, gut; aber wenn sie ein willenloses Opfer war, musste die Sache aufhören.
»Willie?« Er drehte sich langsam zu mir herum, geradezu widerwillig. Sein Hunger zwang ihn hinzusehen. Die Angst vor meiner Frage machte ihn noch langsamer. »Was ist?«
»Geh zu Jean-Claude, und sag ihm, dass die Show vorbei ist.«
Willie schüttelte den Kopf. »Wenn ich dich allein lasse und dir was passiert, wird er mich umbringen. Langsam und qualvoll. Ich werde nicht von hier weggehen, bis ich muss.«
Ich seufzte. Schön. Ich beugte mich über das Geländer und winkte einen Kellner zu mir. Er blickte zuerst woandershin, als könnte er Jean-Claude im Dunkeln sehen, obwohl ich das nicht konnte, dann kam er zu mir.
»Was gibt's?«, flüsterte er. Er beugte sich tief genug herab, dass ich den Pfefferminzgeruch seines Atems bemerkte. Fast alle Vampire, die ich kannte, lutschten Pfefferminz.
Ich hielt nach wie vor die Seecamp in der Hand. Ich dachte, ich könnte es mir erlauben, so dicht an einen jungen Vampir heranzugehen, darum neigte ich mich zu ihm und flüsterte: »Ist sie eine Schauspielerin?«
Er warf einen Blick zu der kleinen Szene. »Nur eine Freiwillige aus dem Publikum.«
»Freiwillig war das nicht«, erwiderte ich. Da wären ein halbes Dutzend Frauen bereit gewesen, aber der Vampir hatte sich die eine ausgesucht, die Angst hatte. Dieses zusätzliche bisschen Sadismus - dem konnten sie einfach nicht widerstehen.
»Sagen Sie Jean-Claude, dass ich die Show beende, wenn er es nicht tut.« Er sah mich verständnislos an. »Tun Sie es einfach«, forderte ich.
Er ging am Rand der Tanzfläche entlang und verschwand im Dunkeln. Ich folgte ihm mit den Augen, hatte mehr den flüchtigen Eindruck einer Bewegung, als dass ich ihn wirklich erkennen konnte. Jean-Claude war nirgends zu sehen.
Damian fuhr mit der Hand vor dem Gesicht der entlang, und so wie es dahinter zum Vorschein kam, blinzelte sie und war endlich bei Sinnen. Ihre Hände fuhren an die Bluse, ihr Blick war gehetzt. »Was passiert hier'« Ihre Stimme trug, aber sie war dünn vor Angst.
Damian versuchte, sie in die Arme zu nehmen, aber sie rückte von ihm ab, und er bekam nur ihr Handgelenk zu fassen. Sie wollte sich losreißen, und er hielt sie mühelos fest. »Lassen Sie mich los, lassen Sie mich los, bitte!«
Die Zuschauer waren sehr still geworden, so still, dass ich jemanden, vermutlich ihren Freund, sagen hörte: »Das ist nur Show, genieße es einfach.«
Damian riss sie hart zu sich herum, damit sie ihn ansah. Das würde blaue Flecke geben. Sobald sie seinem Blick begegnete, wurde ihr Gesicht ausdruckslos. Sie sank in die Knie, während er sie am Handgelenk hielt.
Er zog sie hoch, und diesmal war er sanft, drückte sie an sich und schob ihre Haare zur Seite, bis ein langes Stück Hals zu sehen war. Er machte mit ihr eine langsame Drehung wie beim Tanzen, um allen das nackte Stück Haut zu zeigen.
Willie beugte sich vor, seine Zunge tanzte über die Unterlippe, als könnte er schon ihre Haut schmecken. Willie war für mich ein Freund, aber es war gut, sich zu erinnern, dass er auch ein Monster war.
Der Kellner kehrte zurück. Ich konnte ihn auf mich zukommen sehen.
Damian bleckte die Zähne. Er warf den Kopf in den Nacken, um jedem den Anblick zu gönnen. Ich sah, wie sich seine Halsmuskeln spannten. Es blieb keine Zeit mehr.
Willie blickte auf, als dämmerte ihm, dass es gerade mal wieder ernst wurde, aber die Zeit war um. Ich rief: »Tun Sie das nicht, Damian.« Ich hob die Waffe und zielte auf seinen Rücken, auf die Stelle, wo das Herz saß. Wenn ein Vampir an die fünfhundert Jahre alt war, war ein Schuss in die Brust, ob mit Silber oder Blei, nicht immer eine Garantie für seinen Tod. Aber wir würden bei Gott herausfinden, ob er sie gebissen hatte.
Willie hob die Hand, um mich zu hindern. »Lass das, Willie.« Es war mir ernst. Dass kein anderer ihn
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