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Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Titel: Anita Blake 07 - Dunkle Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Vampir. Aber es war helllichter Tag.
     
    Ich stand auf und nahm die Browning aus der Manteltasche. Das leuchtend gelb-braune Insekt streifte mich mit den papierdünnen Flügeln im Gesicht. Was mir eben noch Freude gemacht hatte, fand ich plötzlich unheimlich. Zum ersten Mal in meinem Leben scheuchte ich einen Schmetterling weg, als wäre er etwas Widerliches. Aber vielleicht war er das.
     
    Nicht dass ich den Schmetterling für einen Vampir hielt. Vampire waren nicht fähig, eine andere Gestalt anzunehmen, soweit ich wusste. Außerdem konnten sie sich bei Tageslicht nicht draußen aufhalten. Aber jetzt hatte ich es mit dem Rat zu tun. Wusste ich wirklich, wozu die fähig waren?
     
    Der Schmetterling flatterte zu den Bäumen auf der anderen Seite der Auffahrt. Er flog ein paarmal hin und her, als ob er auf mich wartete. Ich schüttelte den Kopf. Ich kam mir albern vor mit der Pistole in der Hand, während da nur ein Schmetterling vor den Bäumen flatterte. Aber irgendetwas war da. Ich stand in der Sommerhitze, spürte, wie mir die Sonne auf den Schädel drückte. Ich hätte mich eigentlich sicher fühlen sollen. Zumindest vor Vampiren. Es war nicht fair, dass sie einfach die Regeln änderten.
     
    Ich war gerade im Begriff, zum Haus zu laufen und nach Verstärkung zu schreien, als ich eine Gestalt sah. Groß mit einem dicken Kapuzenumhang. Trotz des Umhangs wusste ich, dass er es war. Diese breiten Schultern und die Größe, das war Warrick. Nur dass es eigentlich nicht sein konnte. Er war nicht machtvoll genug, um das Tageslicht aushalten zu können.
     
    Ich starrte auf die große Gestalt in dem schimmernden weißen Umhang. Er stand so still, als wäre er aus Marmor. Selbst Oliver, der älteste Vampir, den ich je gesehen hatte, vermied damals direktes Sonnenlicht. Aber hier stand Warrick wie ein Geist, der den Trick gelernt hatte. Allerdings lief er nicht umher. Er stand im schwankenden Schatten der Bäume. Er machte nicht den Versuch, in die pralle Sonne zu kommen. Vielleicht konnte er das doch nicht. Vielleicht war es nur dieser dünne Schatten, der ihn davor bewahrte, in Flammen aufzugehen. Vielleicht.
     
    Ich ging auf ihn zu. Ich streckte meine Sinne aus, aber da war nur seine Macht zu spüren. Es konnte eine Falle sein, ein Hinterhalt, aber ich glaubte es nicht. Wenn sie mir eine Falle stellen wollten, würden sie es nicht so offensichtlich machen. Für alle Fälle hielt ich ein Stück Abstand zu den Bäumen. Wenn sich etwas bewegte, würde ich hilfeschreiend zum Haus rennen. Vielleicht ein, zwei Schuss abfeuern.
     
    Warrick hatte den Kopf so weit gesenkt, dass die Kapuze sein Gesicht verbarg. Er stand reglos da, als wüsste er nicht, dass ich da war. Nur der Wind wehte eine sanfte Falte in den weißen Umhang. Warrick sah aus wie eine Statue unter einem großen Tuch.
     
    Je länger er so reglos dastand, desto unheimlicher wurde mir. Ich musste die Stille stören. »Was wollen Sie, Warrick?«
     
    Er erzitterte und hob langsam den Kopf. In seinem markanten Gesicht hatte sich Verwesung ausgebreitet. Die Haut war grün und schwarz, als drängte ein jahrhundertealter Tod durch die dünne Gewebsschicht. Auch seine blauen Augen waren eingetrübt wie bei einem Fisch, den man besser nicht mehr essen sollte.
     
    Ich starrte mit offenem Mund. Nach allem, was ich Yvette hatte tun sehen, sollte man meinen, dass es mir nichts mehr ausmachte. Gegen manches stumpft man einfach nicht ab.
     
    »Ist das Yvettes Bestrafung?«, fragte ich.
     
    »Nein, nein, meine bleiche Gebieterin schläft in ihrem Sarg. Sie weiß nichts von meinem Besuch.« Seine Stimme war das Einzige, was an ihm »normal« geblieben war. Sie war noch kräftig. Sie passte nicht zu dem, was mit seinen, Körper passierte.
     
    »Was ist los mit Ihnen, Warrick?«
     
    »Als die Sonne aufging, bin ich nicht gestorben. Ich dachte, das ist ein Zeichen von Gott. Dass er mir die Erlaubnis gibt, diese ruchlose Existenz zu beenden. Dass er mir die Möglichkeit gibt, ein letztes Mal ins Licht zu treten. Ich bin in die Dämmerung hinausgegangen und nicht verbrannt. Stattdessen ist das hier geschehen.« Er hob die Hände und zeigte mir die grau gewordene Haut. Die Fingernägel waren schwarz, die Fingerkuppen schrumplig.
     
    »Geht das wieder weg?«
     
    Er lächelte, und trotz des entsetzlichen Anblicks war es ein hoffnungsvolles Lächeln. In ihm strahlte ein Licht, das nichts mit Vampirkräften zu tun hatte. Über ihm flatterte der Schmetterling. »Gott wird

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