Anita Blake 07 - Dunkle Glut
wurde. Richard hat seine Loyalität gewonnen.«
»Ich wusste nicht, dass Jamil zu Loyalität fähig ist«, erwiderte ich. »Das wusste keiner von uns. Sylvie kämpfte und gewann den Platz des Stellvertreters.« »Sie hat dafür getötet?« »Überraschenderweise nein.«
»Na gut, Sylvie reißt also das Rudel auseinander. Sie ist Stellvertreter. Prima, na und?« »Ich glaube, sie will Ulfric werden, Anita. Ich glaube, sie versucht Richards Platz einzunehmen.« Ich starrte ihn an. »Es gibt nur einen Weg, um dahin zu kommen, Irving.« »Man muss den alten König töten. Ja, ich glaube, Sylvie weiß das.«
»Ich habe sie noch nicht kämpfen sehen, aber ich habe Richard dabei erlebt. Er ist mindestens hundert Pfund schwerer, hat hundert Pfund mehr Muskeln, und er ist gut. In einem fairen Kampf kann sie ihn nicht besiegen, stimmt's?«
»Aber Richard ist verletzt, Anita. Er hat den Mut verloren. Ich glaube, wenn sie ihn fordert und es wirklich will, kann sie ihn besiegen.« »Was erzählen Sie mir da? Dass er deprimiert ist?«, fragte ich. »Mehr als das. Sie wissen, wie sehr er es hasst, zu den Monstern zu gehören. Er hat nie jemanden getötet, bis es mit Marcus so weit kam. Er kann sich das nicht verzeihen.«
»Woher wissen Sie das alles?« »Ich höre zu. Reporter sind gute Zuhörer.« Wir blickten einander an. »Erzählen Sie mir den Rest.«
Irving sah zu Boden, dann hob er den Kopf. »Er redet mit mir nicht über Sie. Er hat bloß gesagt, dass sogar Sie nicht akzeptieren können, was er ist. Selbst Sie, der Scharfrichter, seien entsetzt.«
Jetzt schlug ich den Blick nieder. »Ich wollte es nicht sein.« »Man kann nicht ändern, was man empfindet«, sagte Irving. Ich sah ihm in die Augen. »Ich würde es tun, wenn ich könnte.« »Das glaube ich Ihnen.« »Ich will nicht, dass Richard stirbt.«
»Das will keiner von uns. Ich habe Angst davor, was Sylvie tun wird, wenn sie niemand aufhält.« Er deutete auf das andere Bett. »Der erste Tagesbefehl würde heißen, Jagd auf die Werleoparden zu machen und sie umzubringen. Wir würden sie abschlachten.«
Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. »Ich komme über mein Entsetzen nicht hinweg, Irving. Ich habe gesehen, wie Richard Marcus verschlang.« Ich schritt kopfschüttelnd durch das Zimmer. »Was könnte ich denn tun, um zu helfen?«
»Das Rudel zusammenrufen und verlangen, dass sie Sie als Lupa anerkennen. Lassen Sie einige hierherkommen und die beiden gegen Sylvies Anordnung bewachen. Sie müssen ihnen dafür Ihren Schutz gewähren. Sie müssen Ihnen versprechen, dass sie ihnen nichts tun kann, weil Sie dafür sorgen werden.«
»Wenn ich das tue und Sylvie die Sache nicht gefällt, werde ich sie töten müssen. Das ist, als würde ich es gerade darauf anlegen. Selbst ich finde das vorsätzlich.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bitte Sie, unsere Lupa zu sein. Richards Lupa zu sein. Sylvie zu zeigen, dass Richard sie vielleicht verschonen würde, Sie aber nicht.«
Ich seufzte. »Scheiße.« »Es tut mir leid, Anita. Ich hätte ja nichts gesagt, aber ...« »Ich wollte es wissen«, sagte ich und umarmte ihn. Zunächst versteifte er sich vor Überraschung, dann ließ er sich auf die Umarmung ein. »Wofür war die?« »Weil Sie es mir erzählt haben. Ich weiß, dass das Richard nicht gefallen wird.«
Sein Lächeln verschwand. »Richard hat zwei aus dem Rudel bestraft, seit er die Führung übernommen hat. Sie haben seine Autorität herausgefordert, ganz großtuerisch, und er hat sie fast umgebracht.«
»Wie?«, fragte ich. »Er hat sie aufgeschlitzt, Anita. Er war wie ein Fremder.« »Richard macht so etwas nicht.« »Inzwischen ja. Nicht ständig, meistens ist er ein feiner Kerl, aber dann rastet er aus und steigert sich in Rage. Ich möchte nicht in seiner Nähe sein, wenn das losgeht.«
»Wie schlimm ist er geworden?«, fragte ich. »Er muss akzeptieren, was er ist, Anita. Er muss sein Tier annehmen, sonst wird er verrückt.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann ihm nicht helfen, sein Tier zu lieben, Irving. Ich kann es ja selbst nicht akzeptieren.«
Irving zuckte die Achseln. »Es ist gar nicht so schlecht, ein Pelzträger zu sein, Anita. Es gibt Schlimmeres ... zum Beispiel eine wandelnde Leiche zu sein.« Ich sah ihn stirnrunzelnd an. »Raus jetzt, Irving, und danke noch mal.«
»Hoffentlich sind Sie in einer Woche auch noch dankbar.« »Das hoffe ich auch.«
Irving
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