Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
bist ziemlich mutig, dass du deine Macht in diesem Maße mit deinem Stellvertreter teilst«, meinte Asher. »Barnaby ist meine rechte Hand, mein zweites Augenpaar. Zusammen sind wir stärker als allein.«
»Wie Jean-Claude und ich«, ergänzte Asher.
»Doch Barnaby ist ein Verderber. Das bringt er in das Spiel mit ein«, sagte Colin. »Was bringst du in Jean-Claudes Spiel ein, Asher?« Angst wehte über das Lupanar. Ich schauderte, als sie mir die Brust abschnürte und mir den Atem rauben wollte.
»Nachtmahr«, zischte Damian. Er spuckte in Colins Richtung auf den Boden, aber er tat keinen Schritt auf ihn zu. »Ich rieche deine Angst, Damian. Ich kann sie schmecken, kräftig nussig wie Ale«, sagte Colin. »Dein Meister muss ein Prachtkerl gewesen sein.«
Damian wich einen Schritt zurück, dann hielt er inne. »Du fragst, warum Asher bei Jean-Claude zufrieden ist, wo er doch woanders sein eigener Herr sein könnte. Vielleicht ist er wie ich diese Kämpfe leid. Die internen Machtkämpfe. Die verdammten Intrigen. Jean-Claude hat mich von meinem Meister freigekauft. Jawohl, Jean-Claude hat um mich gefeilscht. Ich diene ihm nicht aus Furcht, sondern aus Dankbarkeit.«
»Das klingt nach einem schwachen Jean-Claude. Der Rat fürchtet sich nicht vor Schwächlingen, und doch fürchtet er ihn«, sagte Colin. »Mitgefühl ist keine Schwäche«, mischte sich Richard ein. »Nur die ohne Mitgefühl denken anders.«
Ich sah ihn von der Seite an, doch sein Blick war auf den Vampir gerichtet. Dass ich das für eine persönliche Anspielung hielt, lag nur an meiner Überempfindlichkeit.
»Mitgefühl.« Colin schüttelte den Kopf. Er blickte zum Himmel auf und lachte schallend. Das war ziemlich zermürbend. Ich behielt die Dunkelheit ringsum und die wartenden Vampire im Auge, aber es war schwer, nicht zu dem lachenden Vampir hinzusehen. Oder zu fragen, was so komisch war.
»Mitgefühl«, sagte Colin noch einmal. »Kein Wort, das ich im Zusammenhang mit Jean-Claude gebraucht hätte. Hat er sich in seinen Diener verliebt? Ich glaube nicht, dass Liebe der Weg zu seinem Herzen ist. Ist es Sex?« Er hob die Stimme und rief: »Ist es das, Miss Blake? Ist der Verführer am Ende verführt worden? Sind sie eine so gute Nummer, Miss Blake?«
Ich zog unwillkürlich die Schultern zusammen. Aber mein Blick blieb auf die anderen Vampire gerichtet, die Maschinenpistole ebenfalls. »Eine Dame genießt und schweigt, Colin.«
Das brachte ihn wieder zum Lachen. »Jean-Claude würde mir nie verzeihen, wenn ich ihm die beste Möse seit Jahrhunderten wegnähme. Ich sag es noch einmal, gebt mir Asher und den blonden Wolf. Ashers Leben und den Wolf in Barnabys Händen. Das ist der Preis für euren sicheren Abzug.«
Jetzt war ich es, die lachte, leise und kratzig. »Fahr zur Hölle. « »Das verstehe ich als ein Nein.«
»Richtig«, sagte ich. Die Vampire am Waldrand hatten sich noch nicht bewegt, und doch war Bewegung zu spüren, ein Anschwellen von Kräften. Es war nichts, worauf ich hätte schießen können, aber es gefiel mir gar nicht.
»Spricht Miss Blake für alle?«, fragte Colin. »Du bekommst Jason nicht«, antwortete Richard. »Ich werde mein Leben nicht freiwillig aufgeben«, sagte Asher.
»Der menschliche Diener spricht für alle. Wie seltsam. Aber wenn die Antwort nein ist, dann ist die Antwort nein.« Asher schrie: »Anita!«
Ich fuhr mit der Pistole herum, aber etwas ritzte mir die Stirn über einem Auge auf. Das verzögerte meine Bewegung, ich griff mir ans Auge. Ich hatte noch Zeit zu denken: wie dumm von mir, und die Hand an die Pistole zu bringen, dann riss mich ein Vampir zu Boden.
Ich lag flach auf dem Rücken, auf mir eine Frau, die den Mund aufriss und nach meinem Gesicht schnappte wie ein Hund. Ich drückte ihr die Mündung in die Seite und schoss. Die Kugeln spritzten an ihrem Rücken heraus, es regnete Blut und Fleischfetzen. Ihr Körper zappelte auf mir. Ich musste sie von mir runter schieben, und als ich mich aufsetzen konnte, war es zu spät. Die Vampire waren auf dem Lupanar, und der Kampf brach los.
Ich konnte mit dem rechten Auge nichts sehen, es war voller Blut, und es lief immer neues hinein. Vor mir tauchte eine Gestalt auf. Ich feuerte in senkrechter Linie, bis ihr Kopf in Stücke sprang. Ich machte das rechte Auge zu und gab mir Mühe, es zu ignorieren. Sobald ich mich um die Wunde kümmerte, wäre ich tot.
Ich sah nach den anderen.
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