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Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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sah sie stumm an. Mein Verstand versuchte, die Information zu verarbeiten, dass Micah mich von Anfang an belogen hatte.
     
    »Er hat Chimera erzählt, Sie seien ein Panwer wie er und es gebe vielleicht keine zweite wie Sie. Das sei der Grund, weshalb Sie zugleich über Leoparden und Wölfe Macht haben.«
     
    Ich sah sie verblüfft an. »Eine erstaunliche Theorie.« Das klang selbst für meine Ohren distanziert.
     
    »Begreifen Sie denn nicht, Anita? Micah hat das selbst nicht geglaubt. Ihm fiel bloß nichts anderes ein, wie er Ihnen und sich selbst das Leben retten und uns allen die Folter ersparen kann.« Sie stand auf und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Zeke stützte sie, dann straffte sie die Schultern und ließ die Stola fallen.
     
    Ihre bleichen Schultern waren voller Brandwunden. Die Brust war nackt und schön und unversehrt, aber als sie sich umdrehte und ihren Rücken zeigte, blieb mir die Luft weg. Er war übersät von Brandwunden, nein nicht von Brandwunden, von Brandmalen. Jemand hatte sie am ganzen Rücken mit einem Brandeisen gefoltert. Die Male waren frisch, einige feuerrot, bei anderen war die Haut verkohlt, als wäre das Eisen mal kürzer, mal länger aufgedrückt worden. Bei einigen Malen hatte Gina wohl nicht stillgehalten, denn sie wirkten verwischt.
     
    Sie drehte sich wieder herum. Ihre Augen glänzten von Tränen. »Jedes Mal, wenn Micah zu Ihnen geschickt wurde, mussten Violet oder ich bei Chimera bleiben. Er drohte, uns etwas anzutun, falls Micah nicht tat, was er sollte.« Sie kam langsam auf mich zu, hielt sich die Arme fest, um sie möglichst wenig zu bewegen, aber jeder Schritt schmerzte; das sah man ihr an. »Was würden Sie tun, um Nathaniel oder Cherry davor zu bewahren?«
     
    Ich stellte mich ihrem Blick, obwohl es mir schwerfiel. »Eine ganze Menge, aber ich würde niemanden belügen.«
     
    Die Tränen rollten langsam über ihr Gesicht. Sie gab sich Mühe, nicht zu schluchzen. »Er hat Micah gefoltert, weil er sich weigerte, Sie in einen Hinterhalt zu locken. Chimera wird ihn töten. Er sagt, Micah sei nicht mehr seine Katze, sondern Ihre. Eine Frau habe sich seine Loyalität erschlichen.« Sie schluchzte und krümmte sich unter großen Schmerzen zusammen, zuckte und schwankte. Ich fing sie am Arm ab.
     
    »Oh Gott«, flüsterte sie, »das tut so weh.« Mit einem Kloß im Hals hielt ich sie am Ellbogen, bis sie wieder stehen konnte.
     
    »Ich bin Chimeras Botschaft an Sie, Anita. Er sagt, dass er Ihrer Leopardin dasselbe antut, wenn Sie nicht mitkommen.« »Sie werden nicht wieder zu ihm gehen«, sagte ich.
     
    »Cherry und Micah hat er trotzdem. Wenn ich nicht wiederkomme, foltert er sie. Ich glaube nicht, dass sie das übersteht. »
     
    Mir war klar, was sie meinte: nicht Cherrys Körper, sondern ihren Verstand. Sie ließ sich langsam zu Boden sinken, und ich stützte sie so behutsam es ging. »Micah wusste, was ihm droht, wenn er sich weigert, und er hat es trotzdem getan.« Sie kniete und hielt ihre Arme fest, schmerzhaft fest. »Ich hätte gelogen und alles getan, um mir das zu ersparen.« Sie weinte wieder, und ich hielt sie an den Armen fest, während sie von Schluchzern geschüttelt wurde. Als sie wieder ruhig war, sagte sie mit Tränenstimme:
     
    »Ich hätte ihm jeden ausgeliefert, nur damit er mich nicht foltert. Aber von mir verlangte er gar nichts. Ich konnte nichts sagen oder tun, um ihn zu stoppen. Chimera versprach Micah, nur ihn für seine Weigerung zu foltern, aber sobald er ihn an die Wand gekettet hatte, ließ er mich hereinbringen und Micah musste zusehen.« Sie sah mich an, und in ihren großen Augen spiegelten sich entsetzliche Dinge. »Chimera wollte Cherry oder mich in die aufrechte Tiergestalt zwingen. Er sagte, er hätte noch nie eine Tierfrau gehabt.«
     
    »So nennt er die Halbverwandelten«, erklärte Zeke.
     
    Ginas Finger bohrten sich in meinen Arm. »Micah hat unseren Platz eingenommen. Er ist Alpha genug, um die Menschengestalt zu behalten. Er nahm uns zuliebe das Risiko auf sich, sie zu verlieren. Merle war unser Nimir-Raj, aber er wollte das nicht auf sich nehmen. Micah tat es an seiner Stelle, für uns. Jetzt ist er unser Nimir-Raj, weil er uns liebt, uns alle. Er gab vor, Sie zu verraten, damit uns nichts passiert. Doch Chimera konnte wittern, dass Micah log und dass er abhauen und Sie warnen würde. Darum schickte er mich mit Zeke, weil er Zeke vertraut.«
     
    Ich sah zu ihm hinüber, während sie langsam in sich zusammensank.

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