Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Schrei.
***
Doch nicht nur die fliehenden Bauern hörten ihren Schrei. Ein großer brennender Stamm polterte den Scheiterhaufen herab.
Garock riss Lavielle, die leblos wie eine Puppe schien, hinfort und auch die anderen beiden konnten gerade noch ausweichen. Unaufhaltsam rollte der lodernde Stamm über den platt getretenen Schnee bergab und krachte mit einem Funkenregen in die Überreste der alten noch glimmenden Hütte, worauf nichts mehr von ihr übrig blieb. Als wolle er dies bestätigen, senkte sich der Kamin in die Glut und zerfiel.
Dann drang aus dem Scheiterhaufen ein Brüllen, bei dem Theodus sofort an das Haus des Schinderkultes denken musste. Als damals Flammen ausgebrochen waren, hatte das Tier auch gebrüllt.
Der Rest der Bevölkerung, der jetzt noch in der Nähe war, begann Hals über Kopf zu fliehen. Die Ritter der verbliebenen Adligen zogen ihre Schwerter und versuchten ihre Pferde zu beruhigen.
Theodus schossen die Gedanken in wilder Folge durch den Kopf. Er brüllte gegen den Lärm an. »Glut und Blut, das Ei ist rot, kommt Drachenbrut, dann bist du tot. Wenn dieser Junge die Eier tatsächlich mitgenommen hat, dann ist das, was sich da ankündigt ... Ankwin.«,
Garock hatte Lavielle abseits gegen einen Felsen gelehnt und eilte jetzt wieder mit Bermeer zu seinem Freund zurück. Wieder polterte ein brennender Baumstamm davon, diesmal allerdings in eine andere Richtung.
Theodus wandte sich Garock zu. »Jetzt ist mir alles klar. Du, mein Freund, hättest damals den Richter töten müssen. Du hättest dem Drachen widerstanden. Denn du, Garock-Kaa, bist Krieger und du bist unberührt.«
Weder Bermeer noch Theodus konnten im Gesicht ihres Freundes irgendeine Regung ausmachen. Stumm, steinern und groß stand er da und erwiderte den Blick des Magiers, in dem Bewusstsein, dass seine Keuschheit vielleicht ein Opfer war, das er umsonst gebracht hatte. Theodus sprach langsam weiter: »Ich bin ein alter, süchtiger Mann, dessen Zeit längst abgelaufen ist. Doch eines bleibt mir noch zu tun.« Der Magier nahm den verzierten Dolch von seinem Gürtel und begann die Übersetzung der Worte auf der Hülle aus seinem Gedächtnis zu rezitieren: »Geschmiedet aus dem Stahl des Mutes, gekühlt in den Quellen des Lebens, gehärtet im Feuer der Hoffnung, geführt soll ich werden gegen die Brut der Schlange.«
Feierlich hob er Garock den Dolch auf beiden Händen entgegen. »Ich bin ein Magier und einen Dolch zu führen versteh‘ ich nicht.«
Wortlos nahm Garock den großen Dolch und reckte ihn dem Scheiterhaufen entgegen. Wie auf Stichwort wurde ein weiterer Stamm in die Luft geschleudert und landete ein gutes Stück weiter hinten. Wieder war das markerschütternde Brüllen zu hören.
Schon konnte man die ersten Konturen eines Wesens im Feuer erahnen, als sich mit einem erneuten Brüllen und einem Donnern der Scheiterhaufen über den ganzen Hügel verteilte. Nicht wenige der Ritter und Adligen wurde von brennenden Holzstücken getroffen und wer konnte, floh.
Farig, der Aufseher des Fürsten, war hin und hergerissen. Als er Lavielle hatte zusammensinken sehen, war er herangeeilt. Jetzt war sein Herr in unmittelbarer Gefahr. Er zog sich zurück zu ihm.
Die Gefährten hatten mitten in dem Feuerregen gestanden und, hätte Theodus keine Schutzsphäre errichtet, sie wären alle tot.
Da stand er vor ihnen, ein Drache so groß wie zwanzig Pferde. In seiner schrecklichen Schönheit stand er zwischen den Resten des Scheiterhaufens auf dem Hügel und brüllte in die Nacht hinaus. Seine Haut schimmert noch rot von der Glut und einzelne Flammen loderten noch an ihm empor. Seine Augen waren geschlossen und seine Flügel klebten noch eng am Körper, doch Gordobir war angekommen auf dieser Welt und Ankwin hatte ihm dazu verholfen.
Den Drachen nicht beachtend fing Theodus an, fremdartige Worte zu sprechen und Gesten zu vollführen. Ein letztes Mal würde er seiner Leidenschaft nachgehen, der Magie. Ein letztes Mal wollte er die Kräfte des Myriton aktivieren. Ein letztes Mal unterstützte er seine Freunde im Kampf gegen das Böse.
Sie beachteten ihrerseits Theodus nicht. Während sie den Blick starr auf die feuergeborene Bestie gerichtet hatten, die einst ihr Freund gewesen war, bereiteten sie sich zum Kampf. Bermeer entledigte sich des schweren Umhangs und sämtlicher ausladender Kleidungsstücke, die ihn beim Kampf behindern konnten. Am Ende stand er mit freiem Oberkörper da, in der rechten Hand seinen geschwärzten Dolch,
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