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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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von Politik. Die sollten eher Politik machen, aber da sie das nicht können, machen sie Geschäfte, wie sie Politik machen würden.« Zaleshoff, der Amerikaner, war offensichtlich von dieser Krankheit angesteckt. Er arbeitete vermutlich darauf hin, daß Vagas mich mit einem Interessenten bekannt machen und daß eine beträchtliche Vermittlungsgebühr (zahlbar im voraus) eine adäquate Vertretung der Spartacus-Interessen garantieren werde. Aber den Gefallen würde ich ihm nicht tun. Ich hatte zuviel zu tun, um mich mit solch kindischem Unsinn abzugeben.
    Heute weiß ich, daß es Selbstbetrug war, ein nahezu bewußter Selbstbetrug. Aber halb bewußt oder nicht, er war jedenfalls wirksam, denn ich vergaß General Vagas und die Tatsache, daß ich die Verabredung mit ihm absagen mußte, fast bis zur letzten Minute.
    Nach einem anstrengenden Morgen mit Bellinetti und seiner Korrespondenz ging ich zur Amministrazione , um meinen Paß abzuholen. Nachdem ich eine halbe Stunde im Wartezimmer zugebracht hatte, entriß ich dem diensthabenden Polizisten das Geständnis, daß der Signor Capitano nicht im Hause sei und daß er keinerlei Instruktionen wegen meiner Identitätskarte oder meines Passes hinterlassen habe. Wenn ich später zurückkommen wollte, würde sich alles arrangieren. Ich kam später zurück und wartete eine Viertelstunde. Diesmal war der Polizist hilfsbereiter. Der Signor Capitano war nicht zurückgekehrt, aber er selbst hatte Erkundigungen eingezogen. Der Paß sei zur Auslandsabteilung geschickt worden. Morgen würde ich ihn zweifellos bekommen. Wenn ich dann vorsprechen wolle …
    Aber am nächsten Tag sprach ich nicht vor. Ich erschien nicht vor dem folgenden Dienstag. Der Grund dafür war, daß ich am Donnerstag nach Genua fuhr.
    Wie Pelcher mir erklärt hatte, war es eine meiner Hauptpflichten, persönlichen Kontakt mit den Abnehmern der Spartacusmaschinen herzustellen. Ich hatte den Brief eines solchen Abnehmers gefunden, einer großen Firma in der Nähe Genuas, und da der Brief nach technischen Details von einiger Wichtigkeit fragte, nahm ich ihn zum Anlaß, die Leute zu besuchen. Ich hätte auf alle Fälle fahren müssen, denn ich hatte gemerkt, daß mein Italienisch, wenn es auch für die meisten alltäglichen Dinge ausreichte, doch nicht gut genug war, um meine Gedanken über technische Fragen zu Papier zu bringen.
    Ich verbrachte Freitag, Samstag und Montag in den Werken des Kunden und kam am Dienstag früh wieder in Mailand an.
    Es war mein erster direkter Kontakt mit einem Kunden gewesen, und die Spuren von Pelchers Vorarbeit hatten auf mich Eindruck gemacht. Es gab einige Schwierigkeiten wegen Bellinettis Schlamperei, aber Pelcher hatte ihnen meine Ankunft angekündigt, und nun war alles in Ordnung. Am Sonntag hatte mich der Werkdirektor in seinem Auto nach Portofino gefahren und mir gestattet, ihm ein opulentes Mahl zu spendieren. Dabei hatten wir uns über eine Order von sechs weiteren S 2-Maschinen unterhalten. Ich hatte verschleierte, doch recht präzise Instruktionen über die Zahlung geheimer Positionen erhalten und erfahren, daß meine deutschen Konkurrenten ungeschickt und knauserig waren, wenn es sich um solche Arrangements handelte. Es wäre bekannt, daß Spartacus eine entgegenkommende Firma sei. Auch ihre Maschinen seien das Beste vom Besten. Die Regierungsinspektoren würden Montag im Werk erwartet. Wenn ich die Zeit erübrigen könnte, ihre Bekanntschaft zu machen, so würde das für mich ein Vorteil sein. Ich nahm mir die Zeit und fand die Inspektoren ebenso zugänglich wie den Direktor, wenn auch etwas diskreter.
    Ich war von meiner Wochenendarbeit befriedigt und gleichzeitig angewidert. Fitch hatte mich vorbereitet und mich genau mit dem Ritual bei Vertragsabschlüssen bekannt gemacht, aber die Wirklichkeit war darum nicht weniger verwirrend. Es war eine Sache, über Bestechung und Korruption zu sprechen, eine andere war es, die Leute wirklich zu bestechen. Ich konnte mir allerdings sagen, daß mein Anteil an den Vorgängen nichts als passives Gewährenlassen war. Diese Leute waren ja schon korrupt. Es war nur eine Frage, wer bezahlte, die deutsche Firma oder Spartacus. »Chipaga?« war ja immer eine beliebte Frage in Italien.
    Mit diesen Angelegenheiten im Kopf war es kaum überraschend, daß ich Leute wie Vagas und Zaleshoff vergaß.
    Bald sollte ich an diese Tatsache erinnert werden.
    Die erste Erinnerung daran war im langen Postscriptum eines Briefes von Claire enthalten, der

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