Anlass
Spartacus gewesen. Ich klingelte nach Umberto.
»Signore?«
»Bringen Sie mir die Belege all unserer Transaktionen mit der Firma Braganzetta in Turin.«
Ein paar Minuten später kam er mit einem dicken Stoß Papiere zurück. Ich sah sie sorgfältig durch. Bald hatte ich alles heraus, was ich wissen wollte. Ich behielt eine Reihe von Aufstellungen bei mir und gab den Rest Umberto zurück. Dann nahm ich Fernings Notizen aus meiner Brieftasche und ging sie Punkt für Punkt durch.
Die ersten beiden Zahlen waren leicht.
Im Dezember hatte Spartacus an Braganzetta drei spezielle Hochleistungsmaschinen zur Herstellung von Granaten geliefert. Darauf bezog sich das 3 spz. Was gleich darauf folgte, war ebenso klar. Das Besondere an diesen Maschinen war, daß sie, wie ich aus den Aufstellungen ersah, für die Herstellung einer viel kleineren Sorte von Granaten eingerichtet waren als die standardisierte S 2-Serie. Diese Granaten waren für die automatischen 25- und 40-mm-Fliegerabwehrkanonen, Modell L 64 und L 60, der schwedischen Firma Bofors bestimmt. 1 stand 10.5 cm MFG bezog sich auf eine vierte, standardisierte Maschine zur Herstellung von Marine-Fliegerabwehrgranaten. Das 1200+ und 150+ bezog sich auf das Produktionspotential der entsprechenden Maschinen.
Darüber hinaus konnte ich aber aus den Notizen nicht klug werden. Was hieß LSpez und 6m pzg und der Rest der Notizen? Ich konnte keine Beziehung zu unseren Lieferungen an Braganzetta finden. Ich grübelte eine Weile darüber nach und steckte dann den Zettel wieder in die Tasche. Soviel war klar: Fernings Beziehungen zu Vagas hatten etwas mit Spartacus zu tun gehabt. Da ich nun Vertreter von Spartacus in Mailand war, mußte ich mehr tun als nur meine Neugier befriedigen. Es war, sagte ich mir, meine Pflicht (ich scheute vor dem Wort zurück), am nächsten Abend meine Verabredung mit Vagas einzuhalten. Es konnte jedenfalls nicht schaden, und ein Abend im Ballett würde mir gut tun. Es war noch eines zu bedenken: wenn ich ihn nicht sah, würde ich wahrscheinlich dauernd über die Angelegenheit nachgrübeln und bereuen, daß ich ihn nicht gesprochen hatte. Besser, die Sache hinter sich zu bringen.
Nach diesem Entschluß fühlte ich mich wohler. Für den Rest des Tages verbannte ich die ganze Sache aus meinem Gehirn, und ich kam mit der Arbeit vorwärts. Meine Reise nach Genua hatte mich Zeit gekostet, die ich im Augenblick nicht entbehren konnte, denn ganz abgesehen von der Arbeit, die sich während meiner Abwesenheit angehäuft hatte, bestand die dringende Notwendigkeit einer vollständigen Reorganisation des Büros. Was Bellinetti betraf, war ich zu einem endgültigen Entschluß gekommen. Seine Tätigkeit während meiner Abwesenheit hatte meine frühere Meinung bestätigt, daß er völlig unfähig war, die Büroarbeit zu organisieren. Technische Kenntnisse hatte er überhaupt keine. Ferning mußte verrückt gewesen sein, einen solchen Mann einzustellen. Ehe ich am Abend das Büro verließ, setzte ich mich an Umbertos Schreibmaschine und verfaßte ein vertrauliches Memorandum für Pelcher. Ich schloß mit der Bitte um Erlaubnis, Bellinetti zu entlassen. Ich fügte hinzu, daß ich vorschlüge, Umberto zu befördern und eine gute Stenotypistin einzustellen, wodurch die Lohnkosten gesenkt und die Effizienz gesteigert würden. Nachdem das getan war, ging ich in das Restaurant bei der Piazza Oberdan, aß etwas und beschloß, zu Fuß zum Hotel zurückzukehren und gleich zu Bett zu gehen.
Es war ein kalter Abend, aber da das Wetter schön war und ich etwas Bewegung brauchte, schlug ich den längeren Weg durch die Giardini Publia ein.
Ein leichter Bodennebel stieg auf, und die elektrischen Lampen leuchteten gelblich zwischen den Bäumen. Pärchen saßen eng aneinandergeschmiegt auf den Bänken, standen im Schatten oder schlenderten Arm in Arm über die Steinpfade. Gegen die Mitte des Parkes, wo aus den Teichen dichter, naßkalter Nebel aufstieg, waren weniger Leute. Ich bog in einen baumüberdachten Weg ein, der mit der Hauptallee parallel lief. Erst hier bemerkte ich den Mann hinter mir.
Ich hatte eben darüber nachgedacht, daß ich bisher noch nichts hatte tun können, um aus dem Parigi auszuziehen, daß jeder Tag, den ich dort blieb, hinausgeworfenes Geld bedeutete und daß ich endlich etwas unternehmen müßte, um so bald wie möglich eine Pension zu finden. Wegen meines Passes mußte auch etwas geschehen. Ich fragte mich, ob es einen Zweck hätte, Fitch oder
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