Anleitung zum Müßiggang
worden. Aber wäre Voll- Arbeitslosigkeit nicht besser? Eine Welt, in der es jedem frei stünde, sich sein eigenes Leben, seine eigene Arbeit, sein eigenes Geld zu erschaffen. In seinem großen Essay »The Soul of Man under Socialism« (1891) wies Oscar Wilde auf die Absurdität der Idee der Vollbeschäftigung hin: »Zu bedauern bleibt, dass ein Teil unserer Gemeinschaft praktisch im Zustand der Sklaverei dahinlebt, aber es wäre kindisch, dieses Problem dadurch lösen zu wollen, dass man die ganze Gemeinschaft in die Sklaverei zwingt.«
Wir selbst tragen die Verantwortung; wir müssen uns unsere eigenen Republiken schaffen. Heute übergeben wir unsere Verantwortung an den Chef, an die Firma, an die Regierung, und geben ihnen dann die Schuld, wenn alles schief läuft.
Wir müssen uns auch klar darüber sein, dass Arbeit, vor allem am unteren Ende der Skala, sehr gefährlich ist. In der ganzen Welt hat die Sucht nach Konsumwaren zu einer tödlichen Überarbeitungskultur geführt. Vor kurzem wurde in einem Bericht der UN festgestellt, dass durch Arbeit jedes Jahr zwei Millionen Menschen sterben: Das sind so viele Tote, als fände die Katastrophe vom 11. September an jedem Tag des Jahres statt. Trotzdem habe ich noch nichts davon bemerkt, dass von Regierungen rund um die Welt der »Krieg gegen die Arbeit« erklärt worden wäre. Im Gegenteil, der Bericht blieb weithin ohne Echo. In England hat er es in den Guardian geschafft, es wurden ihm aber nur ein paar Absätze auf Seite 17 bewilligt.
Zeitungen sind denen, die ein untätiges Leben anstreben, keine große Hilfe. Sie stellen sich zwar als unabhängig dar, aber da sie sich über Werbung finanzieren, liegt es ihnen am Herzen, die Arbeit-und-Konsum-Ethik zu propagieren. Zeitungen beschreiben ein Problem und bieten direkt die Lösung: Das Problem wird auf den Nachrichtenseiten präsentiert und besteht aus Berichten über Krieg, Hunger, politische Korruption, Tod, Mangel, Skandale, Diebstahl, Entführung, Pädophilie. Mit einem Wort, sie schüren Angst. Die Lösung für diese Angst findet man unter Vermischtes, und sie besteht aus Artikeln über – und natürlich Werbung für – Kühlschränke, Beleuchtungssysteme, Autos, Sexberatung, Alarmanlagen, Kredite, Versicherungspolicen, Rezepte, Teppiche, Duftkerzen und verschiedene kulturelle Produkte wie Musik, Filme und Bücher. Problem: Angst. Lösung: Geld. Methode: Arbeit.
Wenn du eine Absolution für deine hartnäckigen Angewohnheiten suchst, dann erinnere dich daran, dass Teile der Bibel, die so oft von Befürwortern der Arbeit zitiert wird, gegen das Arbeiten argumentieren. Arbeit ist ein Fluch, den nicht Gott, sondern die Schlange im Garten Eden zu verantworten hat. Sie verführte Adam und Eva dazu, dem paradiesischen Zustand der Arbeitslosigkeit untreu zu werden, indem sie materielle Gelüste in ihnen weckte und sie so zu Mühe und Arbeit verdammte. Wenn man nichts haben will, braucht man nicht zu arbeiten. Wenn man voller Wünsche ist, dann wird man arbeiten müssen, um das Geld zu verdienen, mit dem man sich diese Wünsche erfüllen kann. Jesus sagte: »Schaut die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie eine von diesen« (Matth. 6, 28–29). Gott selbst, legt Paul Lafargue in »Le droit à la paresse« dar, gibt ein gutes Beispiel: Nachdem er sechs Tage gearbeitet hat, ruht er in alle Ewigkeit aus.
Hinter all dem verbirgt sich Furcht. Sei furchtlos, gib deinen Job auf! Du hast nichts zu verlieren als deine Ängste, Schulden und das ganze Elend! Oder folge dem Beispiel dieser mutigen Proto-Müßiggänger, die sich zu einer Drei-Tage-Arbeitswoche entschieden haben, einem echten sozialen Trend. Es ist eine immense psychologische Hilfe zu wissen, dass die Anzahl der freien Tage in jeder Woche größer ist als die derjenigen, die man an jemand anderen verkauft hat. Es macht die Arbeit erträglicher, und es lässt einem vier Tage, an denen man eigene Pläne verfolgen kann. Sicher, es gibt eine finanzielle Klippe, aber die meisten finden, dass das geringere Einkommen ohne weiteres durch die zusätzliche Freizeit ausgeglichen wird.
Zeit ist nicht Geld! Arbeit und Muße können sich wieder verbinden! »Arbeit kann Spaß machen ... dann macht sie keine Mühe«, schrieb D. H. Lawrence in seinem Gedicht »A Sane Revolution« (1929). Es ist Zeit, die Kontrolle zu übernehmen, Arbeit und
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