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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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dass lange Autobahnfahrten ein Weg sein können, um verlorene Mußestunden aufzuholen, drückt es so aus: »Dieses kulturelle Tabu gegen das Denken . .. herrscht in England auf Grund der protestantischen Arbeitsmoral, die fordert, dass die Menschen nicht untätig sein sollten – ergo nicht denken.«
    Dieses Vorurteil sitzt im Westen sehr tief. Regierungen mögen die untätigen Menschen nicht. Sie beunruhigen sie. Sie stellen keine nutzlosen Erzeugnisse her, und sie verbrauchen keine nutzlosen Erzeugnisse. Sie können nicht kontrolliert werden. Sie sind der Aufsicht entzogen. Sie wollen nicht so leben wie ihre Anführer. Sie wollen keine Hilfe.
    Die Nazis hatten besonders große Angst vor den Untätigen. Und so ordnete am 26. Januar 1938 der brutalste aller Bürokraten, Himmler, an, dass alle Untätigen – er nannte sie »arbeitsscheue Elemente« – verhaftet und in Arbeitslager geschickt würden:
    Arbeitsscheu im Sinne dieses Erlasses sind Männer im arbeitsfähigen Lebensalter, deren Einsatzfähigkeit in der letzten Zeit durch amtsärztliches Gutachten festgestellt worden ist oder noch festzustellen ist, und die nachweisbar in zwei Fällen die ihnen angebotenen Arbeitsplätze ohne berechtigten Grund abgelehnt oder die Arbeit zwar aufgenommen, aber nach kurzer Zeit ohne stichhaltigen Grund wieder aufgegeben haben ... alle Gefangenen in Schutzhaft werden in das Konzentrationslager Buchenwald nahe Weimar überführt.
    Nach der Ankunft im Konzentrationslager bekamen »Arbeitsscheue« ein schwarzes Dreieck auf ihre Kleidung genäht (politische Häftlinge hatten ein rotes, Zeugen Jehovas ein violettes, Kriminelle ein grünes und Homosexuelle ein rosa Dreieck). In Himmlers Augen waren die
    Arbeitsscheuen eine Ansteckungsgefahr, ein Bazillus, der den gesunden Organismus des Staates zu infizieren und die Vision der Nazis von einer vollkommenen Welt von innen her zu zerstören drohte. Sie passten nicht in die Landschaft.
    Auf ähnliche Weise zeigt es der wunderbare Hollywood-Zeichentrickfilm Shrek für eine fantastische Welt. Der Diktator Lord Farquad erlässt die Verfügung, dass alle »Märchengestalten« den Behörden zu übergeben sind, die sie in Sonderlagern unterbringen werden, weit entfernt von seiner »perfekten Welt«. Und so erleben wir den traurigen Anblick, wie die drei blinden Mäuse, Pinocchio und die drei Schweinchen auf Lastwagen verladen und »umgesiedelt« werden. Auch diesmal haben die Märchenwesen keinen Platz in Farquads geordnetem Staat. Aber wie wir alle wissen, sind es die Märchengestalten – die Eigenbrötler, die Freaks, die Streuner, die Spinner, die Poeten, die Vagabunden, die Müßiggänger –, die das Leben lebenswert machen.
    In jüngerer Zeit hatte Mrs. Thatcher die Künste auf dem Kieker und versuchte tatsächlich eine Reihe von Hochschulen zu gründen, in denen nur praktische Kenntnisse vermittelt werden sollten. Und heute sind die meisten Regierungen Anhänger der Arbeit. In Frankreich wurde kürzlich die 35-Stunden-Woche abgeschafft, in den USA bekommen jüngere Arbeitnehmer nur zwei Wochen Urlaub im Jahr und in England kündigt der Premierminister ständig eine geschickte neue Initiative an, die Arbeitslosen »zurück zur Arbeit« zu bringen. Ich habe viele Freunde, die Langzeitarbeitslose sind und regelmäßig gönnerhafte Vorträge über sich ergehen lassen müssen, »wie wir euch wieder zum Arbeiten bekommen«. Mit großem Einfallsreichtum wird sich nach wie vor dem Problem der »Arbeitsscheuen« gewidmet.
    Wenn wir nun zu den Freuden des Nichtstuns zurückkehren, so soll noch einmal gesagt werden, dass eine der herrlichsten Seiten des Liegens im Bett die ist, dass es so wahnsinnig gemütlich ist. Hier ist noch einmal Lin Yutang: »Nehmen Sie ein beliebiges chinesisches Rotholzmöbel, sägen Sie ihm die Beine ein paar Zoll kürzer, und auf der Stelle wird es bequemer; und wenn sie noch ein paar Zoll absägen, wird es noch bequemer. Die logische Schlussfolgerung hieraus ist natürlich, dass man es am bequemsten hat, wenn man vollkommen flach auf einem Bett liegt. So einfach ist das.«
    Wie kann ein Tag besser begonnen werden als in dieser genießerischen Körperhaltung und mit einem Gedicht? Ich stolperte bei der Lektüre von Keats’ Briefen über diesen Gedanken. Dichtung wird von weltläufigen Städtern routinemäßig gemieden, die denken, sie haben schlicht und einfach nicht die Zeit, um sie an derartige Extravaganzen zu vergeuden. Aber ein Gedicht kann in wenigen Minuten

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