Anleitung zum Müßiggang
weiterzuspielen, zu rauchen, zu trinken und zu lachen.
An betrunkenem Sex wird Kritik geübt, aber meiner Erfahrung nach ist er oft besser als nüchterner Sex. Alkohol und Drogen verbessern den Sex, indem sie die ganze Leistungsangst, die Schuldgefühle und die Sorge darüber, dass man einen Scheißkörper hat, sowie gewisse, ahem, Hemmungen beseitigen. Nein – Lässigkeit, nicht ichsüchtige Athletik, dass ist der Schlüssel. Und das ist die Triebfeder hinter den großen Sex/Liebesgedichten des Hohelieds Salomons und der Robaiyat von Omar Hayyam. Beide wurden – glücklicherweise – vor der Gründung der Anonymen Alkoholiker geschrieben, und beide feiern sie den Sex als eine drogengesättigte, schwüle, sinnliche Erfahrung, der man sich am besten im Freien hingibt, umfächelt von den berauschenden Düften der Reben und Granatapfelbäume. Im Hohelied (7: 8–13) klingt das so:
8 Ich sprach: Ich muss auf den Palmbaum steigen und seine Zweige ergreifen. Lass deine Brüste sein wie Trauben am Weinstock und deiner Nase Duft wie Äpfel
9 und deinen Gaumen wie guter Wein, der meinem Freunde glatt eingeht und der Schläfer Lippen reden macht.
10 Mein Freund ist mein, und nach mir steht sein Verlangen.
11 Komm, mein Freund, lass uns aufs Feld hinausgehen und auf den Dörfern bleiben,
12 dass wir früh aufsteigen zu den Weinbergen, dass wir sehen, ob der Weinstock sprosse und seine Blüten aufgehen, ob die Granatbäume blühen; da will ich dir meine Liebe geben.
13 Die Lilien geben den Geruch, und über unserer Tür sind allerlei edle Früchte. Mein Freund, ich habe dir beide, heurige und vorjährige, bewahrt.
Die Robaiyat des Omar Hayyam rufen ähnlich dazu auf, dem Vergnügen nachzugeben und im Augenblick zu leben. Schnappen wir uns unser Paradies jetzt, sagen sie, warum warten?
Der Koran sagt, im Paradies sei Wein
Der Frommen Lohn und holde Mägdelein.
Drum sei schon hier mir Lieb und Wein erlaubt,
Wenn’s droben doch dasselbe nur soll sein!
O komm, Geliebte, komm, es sinkt die Nacht,
Verscheuche mir durch deiner Schönheit Pracht
Des Zweifels Dunkel! Nimm den Krug und trink,
Eh man aus unserem Staube Krüge macht!
Omar Hayyam ist möglicherweise der erste Dichter, der ein Loblied auf »sex, drugs and rock’n’roll« angestimmt hat. Es ist einfach so, dass er die heilige Dreiheit sinnlicher Menschen, »Mädchen, Wein und Musik«, anruft. Hayyam fleht auch einmal seine Geliebte an, »mit Schnattern aufzuhören«, was mich auf die folgenden subtilen Liebesverse des Rockpoeten Zodiac Mindwarp bringt:
You talk too much
Button your lip
Just take a trip
Behind my zip
(Du redst zu viel
Halt doch den Mund
Mach einfach ’n Trip
Hinter mein’ Zip – [zip = Reißverschluss])
Doch totale sexuelle Freiheit, obwohl ein lobenswertes Ideal, stellt sich in der Praxis als kompliziert heraus. Schuldgefühle schleichen sich leicht ein. Und die Eifersucht erhebt ihr hässliches Haupt. Und Männer mit häufig wechselnden Partnerinnen müssen sich mit der Wut der Frauen herumschlagen (die man der Heuchelei bezichtigen könnte, denn warum haben sie dann überhaupt mit so einem Mann geschlafen?). Ehefrauen und Freundinnen sind im Allgemeinen nicht bereit, offene Beziehungen zu führen, und nur ganz selten ist es einem Mann gleichgültig, ob seine Freundin oder Frau in der Gegend herumvögelt. Und es gibt immer ein Problem: Was geschieht, wenn du sexuelle Freiheit toll findest und feststellen musst, dass die sexuelle Freiheit dich nicht toll findet? Das wäre eine ziemliche Katastrophe. Auf jeden Fall hängt an der freien Liebe ein hoher Preis.
Wie also können wir Sex ohne Anstrengung und ohne Schuldgefühle genießen? Die moderne Zivilisation hat seit ihrer Erfindung durch die Griechen 500 Jahre vor Christi Geburt immer schon zu den zwei Ps gegriffen: Prostitution und Pornografie. Pornografie wird manchmal als Symptom einer degenerierten Gesellschaft bezeichnet. Aber jeder, der auch nur oberflächlich mit griechischen Vasen oder Statuen in alten Hindutempeln vertraut ist, wird wissen, dass in der Kunst überall auf der Welt jahrtausendelang so genannte unnatürliche Sexhandlungen und Orgien und alle möglichen komplizierten Liebesbeziehungen zum Vergnügen und zur Inspiration des Betrachters dargestellt worden sind. Das Verlangen, sich Bilder von Liebesspielen anzusehen, ist der menschlichen – vielleicht insbesondere der männlichen – Psyche zweifellos angeboren.
Vielleicht liefert die Pornografie die
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