Anleitung zum Müßiggang
Tagträumen nannten. Fenster kosten nichts und sind überall. Sie gibt es in Zügen, den Oberdecks der Busse und en masse in den meisten Häusern. Lies ein Gedicht, nimm dir einen Stuhl und setz dich ans Fenster. Mehr ist nicht nötig.
Der andere entscheidende Punkt ist, die Gelegenheit zu ergreifen. Ich war einmal sehr beeindruckt von Gavin Hills, als wir zusammen Ferien machten. Hills war auf eine herrliche Weise zugleich zynisch und unverdorben, aber von der unverdorbenen Seite hatte ich noch nicht viel kennen gelernt. Wir wanderten eines Tages auf der
Insel Eigg herum. Uns umgaben Felsen, Heidekraut und Nebel. Es war um die Mittagszeit. Plötzlich setzte Gavin sich auf einen Stein und sagte: »Ich werde mal einfach ein bisschen meditieren.« Dann saß er zehn Minuten reglos da. Er hatte den Augenblick ergriffen; er brauchte keine Anweisung und keinen Lehrer, um Augenblicke reiner Stille zu finden. Er erkannte sie, wenn er sie sah. Die andere Form von Meditation, die er ausübte, war, früh am Morgen von einem Rave nach Hause zu kommen, LSD zu nehmen und stundenlang an die Decke zu starren.
Wenn einem die Vorstellung, morgens um vier zum Meditieren aufzustehen, nicht behagt, dann ist vielleicht bis vier Uhr wach zu bleiben eine einfachere Lösung. »Bis spät auf sein heißt, beizeiten auf sein«, lautet das alte Sprichwort. Und wirklich kann die Relax- oder Chillout-Kultur zur Meditation anregen. Die entstand, als Rave-Veranstalter die gute Idee hatten, Räume zur Verfügung zu stellen, in denen vom Tanzen müde Clubgäste sich hinsetzen und die Musik drumherum hören konnten, um sich von der wilden Trance zu erholen, in der sie gerade gewesen waren. Damals konnte man wohlig abgeschlaffte Raver beobachten, wie sie sich in aller Ruhe unterhielten oder einfach ins Leere starrten oder friedlich mit geschlossenen Augen dasaßen. Die Chillout-Kultur wuchs und brachte sogar ihre eigene Musik hervor. Ich erinnere mich an wahnsinnig glückliche Zeiten, als ich auf meinem Bett lag und mir das wunderbare KLF-Album von 1990 anhörte, das selbst Chill Out hieß und nach wie vor das beste seiner Art ist. Es war entspannend, inspirierend und einfallsreich, alles gleichzeitig. Bald waren die Chillout-Räume in manchen Clubs so groß wie die Tanzfläche oder sogar noch größer. Es gibt inzwischen sogar ein jährliches Festival, genannt The Big Chill, das der Kontemplation mit guter Musik in schöner Umgebung gewidmet ist.
Eines der schönsten Erlebnisse beim Glastonbury Festival ist morgens um vier die Wanderung hinauf zu dem Steinkreis mitten auf einem Feld über dem Rest des Areals. Nachts ist er ein spektakulärer Anblick, und es herrscht dort oben eine ausgelassene Stimmung voller Spaß und kollektivem Vergnügen. Aber man sieht auch viele Leute einfach in den Augenblick versunken dastehen, in den Himmel oder auf die Szenerie unter ihnen blicken und sich meditierend, das Dasein genießend am Sonnenaufgang erfreuen.
Andere ohne weiteres verfügbare Meditationsformen sind z. B. Bergwandern, am Feuer sitzen, mit geschlossenen Augen Musik hören, Angeln, Rauchen und sogar »lange Autobahnfahrten«, wie der Schriftsteller Will Self meint. Man kann im Flugzeug meditieren – Flugzeuge sind sogar ideal dafür, über die unendlichen Rätsel des Universums nachzusinnen, da man den Kopf buchstäblich in den Wolken hat.
Und die taoistische Weisheit lehrt, dass es weise ist, sich mit dem Nichtstun zu beschäftigen:
Wer sich im Nichtstun übt
Beschäftigt sich damit, nicht beschäftigt zu sein
Sagt Lao-tsu.
5 UHR MORGENS
Schlaf
Wir hören ständig darüber reden, der »Verlust der Nachtruhe« sei ein Unglück. Man sollte es besser Verlust an Zeit, Vitalität und Gelegenheiten nennen.
Thomas Edison , »They Do What They Like to Do«
(1921)
I’m only sleeping.
John Lennon, »I’m Only Sleeping« (1966)
Der zweite große amerikanische Feind des Müßiggangs neben Benjamin Franklin war der Erfinder Thomas Edison. Der 1847 Geborene begann mit 13 zu arbeiten, indem er Süßigkeiten und Zeitschriften an Zugreisende verkaufte, seine Freizeit verbrachte er mit der Lektüre von naturwissenschaftlichen Werken. Seine Liebe zu Geld, Maschinen und harter Arbeit machten aus ihm später den dynamischen, wohlhabenden und fruchtbaren Industriekapitän. Mit verschiedenen Erfindungen, die aus seinem hyperaktiven Wesen hervorsprudelten, wurde er Mitbegründer der Edison General Electric Company, die heute General Electric heißt.
In den
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