Anleitung zur Selbstorganisation
Umwelt-Modells für ein individuelles Unternehmen. Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass man mit Hilfe dieses Modells problemlos jeden einzelnen Bereich, zum Beispiel die Kunden, Kapitalgeber etc., herausgreifen und durch die jeweiligen Spezialisten bearbeiten lassen kann, ohne den Gesamtzusammenhang zu verlieren, weil immer der kontrollierende und integrierende Kontext gegeben ist. Man erinnere sich an die Überlegungen zu
shared knowledge and understanding
im Navigations-Kapitel.
Ein brauchbares Umwelt-Modell erfordert nun das Anwenden einiger wichtiger Prinzipien und Theorien. Im Folgenden behandle ich eine Auswahl der wichtigsten Wissensbereiche und Methoden, die zwingend anzuwenden sind, um zu einem Umwelt-Modell zu kommen, das dem
State of the Art
entspricht. Zum Beispiel ist schwer vorstellbar, dass man ohne Kenntnisse der Massenpsychologie ein angemessenes Verständnis für globale Verhaltensphänomene bekommen wird, die man etwa für Kommunikations- und Marketingzwecke kennen muss.
Es wäre riskant, sich auf eine Umweltbeurteilung zu verlassen, die nicht entsprechend diesen Grundsätzen vorgenommen wurde. Bemerkenswert ist, wie wenige Unternehmen, von anderen Institutionen zu schweigen, diese Bedingungen erfüllen. Gemessen an der Bedeutung von Umweltkenntnissen, den verfügbaren Mitteln und dem heutigen Wissen, ist das Befassen mit der Außenwelt im Großteil der Unternehmen unterentwickelt, dann oft gefährlich eingeschränkt auf enge Segmente der Umwelt und in vielen überhaupt nicht existent.
Einige der folgenden Empfehlungen sind dauerhaft wichtig. Andere werden sich in Zukunft ändern, sind nach meiner Beobachtung aber derzeit und bis auf weiteres
besonders kritisch
. Mit fortschreitender Verbreitung des systemischen Denkens werden diese Regeln eines Tages Selbstverständlichkeiten geworden sein. Bis dahin müssen sie durch Grundsatzentscheidungen vorgegeben und ihr Einhalten verlangt werden.
Die besten
Master Controls
für das Umweltkonzept sind:
Real-Time-Prinzip: Umwelt-Modellierung und -Scanning müssen kontinuierlich real-time erfolgen.
Dieser Grundsatz entspricht den weiter vorne beschriebenen Wahrnehmungs- und Denkprozessen. Die verbreitete Praxis, alle paar Jahre eine große Szenario-Übung durchzuführen und die Dinge inzwischen ruhen zu lassen, ist für die Systemlenkung gänzlich untauglich und kybernetisch kontraproduktiv. Fast sicher führt diese Praxis zu irreversiblen Fehlern; sie macht im Mindesten das ganze Instrument der Umwelt-Modellierung unglaubwürdig. Relevante Ereignisse, die Aktion erfordern, können zu jedem Zeitpunkt passieren. Die Welt richtet sich nicht nach den Terminen für die Szenario-Reviews. Die Methoden der Informations-Sammlung und -Aufbereitung müssen real-time-tauglich sein.
Unscharfe Systemgrenzen: Die Grenzen komplexer Systeme sind immer fließend und in wesentlichen Punkten konstitutiv unbekannt.
Das lässt sich nicht ändern und man soll es daher gar nicht versuchen. Es führt nur zu Scheingenauigkeit und falschen Abgrenzungen. Man muss es – im Gegenteil – ausdrücklich erlauben oder sogar vorschreiben, dass mit unscharfen Grenzen gearbeitet werden soll. Niemand kann sagen, wo genau das Unternehmen aufhört und die Umwelt beginnt und umgekehrt. Man soll bewusst und »gezwungenermaßen« explorieren müssen. Das Motto am Anfang dieses Kapitels hat seinen Sinn. Modelle von der hier erforderlichen Art sind absichtlich als Interface-Modelle angelegt.
Statistik ist zwingend: Ohne korrektes statistisches Denken keine Information.
Hätte ich nicht regelmäßig erlebt, wie unterentwickelt die Informationsaufbereitung in der Praxis zum Teil ist, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dafür eine unternehmenspolitische Regel vorzuschlagen. In zwei Dritteln der Präsentationen, die ich bisher während mehr als 30 Jahren erlebte, waren fundamentale statistische Fehler enthalten, die zu falschen Schlussfolgerungen und Entscheidungen führten. Das kam regelmäßig auch in höchsten Entscheidungsgremien wie Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen renommierter Unternehmen vor. In jüngerer Zeit nimmt das übrigens nicht ab, wie man erwarten würde, sondern es nimmt zu. Man kann sogar von statistischem Analphabetismus sprechen. Manchmal fehlt es am Einfachsten. Es muss daher eine Master Control-Regel geben, die das Anwenden von Statistik auf professionellem Niveau vorschreibt. 21 Ohne Statistik ist nicht daran zu denken, Komplexität zu
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