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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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angeblich im Café Marienhöhe mit weitem Blick übers Meer gern seine Verse schmiedete, hatte Bloem dazu inspiriert.
    Heine hatte über den Ostfriesentee geschrieben, er unterscheide sich nur unwesentlich von gekochtem Seewasser, was Bloem amüsierte. Aber auch Fontane war hier gewesen, Franz Kafka und schließlich der Kriminalschriftsteller Hansjörg Martin. Und der Maler Ole West hatte lange auf Norderney gelebt. Seine Bilder hingen überall an der Küste. Ostfriesenkrimis stürmten inzwischen die Bestsellerlisten, und die Autoren ließen ihre Mörder nur zu gern auf Norderney ihre dunklen Pläne verfolgen.
    Holger Bloem beschloss, einen großen Bogen zu schlagen, von damals bis heute.
    Ann Kathrin sah ihn, weil er versuchte, das Café gegen den Sternenhimmel abzulichten. Sie sprach ihn an. Ganz auf seine Kamera und das Café konzentriert, zuckte er zusammen, als er ihre Stimme so nah hinter sich hörte. Er freute sich, sie zu sehen. Am liebsten hätte er ihr erzählt, dass er gerade versuchte, Norderney mit Heines Augen zu sehen, aber da er inzwischen, wie die meisten Inselgäste, von dem Mord wusste, erübrigte sich die Frage, warum Ann Kathrin hier war.
    Sie wollte zum Fundplatz der Leiche, und Holger Bloem begleitete sie. Dort warteten zwei Kollegen der Norderneyer Polizeistation. Hier wurde bedarfsorientiert Dienst gemacht, wie es so schön in den Mitteilungen der Polizeidirektion Osnabrück hieß. Das bedeutete, von Ostern bis zu den Herbstferien, also wenn viele Touristen da waren, wurde die Dienststelle mit Verstärkungskräften vom Festland unterstützt. Bei Nichtbesetzung – was aber jetzt wegen Ostern nicht der Fall war – gab es eine Rufumleitung zum Polizeikommissariat nach Norden.
    Ann Kathrin kannte einen der Kollegen gut. Es war Benninga, den sie als Frohnatur einschätzte, immer zu Späßen aufgelegt, ein leidenschaftlicher Boßler und Klootschießer, der in den Bergen Beklemmungen bekam, weil er im Tal immer befürchtete, gleich würde es einen Bergrutsch geben und alles könnte auf ihn runterprasseln. Er gehörte aufs platte Land, an die Küste, und solange genügend Wind wehte, genug Bier da war und er täglich zwei warme Mahlzeiten bekam, war er zufrieden.
    Er hatte seit ihrer letzten Begegnung zugenommen. Sie schätzte, acht bis zehn Kilo. Seine Backen hingen herunter. Alle vier. Und seine Mundwinkel auch.
    Er war blass, und seine Bewegungen wirkten fahrig.
    »Ich habe«, sagte Benninga, »so etwas echt noch nicht gesehen, und ich bin einiges gewöhnt. Damals im Lütetsburger Park zum Beispiel …«, er winkte ab. Der Schock war ihm anzumerken.
    Holger Bloem machte keine Fotos mehr, aber er blieb und hörte mit einer Mischung aus menschlicher Betroffenheit und journalistischem Interesse zu. Ann Kathrin erlaubte das ungefragt. Er hatte ihr mehr als einmal wichtige Tipps und entscheidende Hinweise gegeben. Er kannte Ostfriesland wie seine Westentasche.
    Benninga zeigte seine Unterarme vor und stöhnte: »Hier und hier war praktisch die Haut wie abgeschält.«
    Er zeigte ihnen die Stelle, wo die Leiche gefunden worden war. Inzwischen waren die Hüpfburg vollständig abgebaut und der Weinstand geschlossen. Trotzdem war der Platz nicht menschenleer. Im Abstand von vierzig bis fünfzig Metern saßen und standen immer noch Leute. Einige wenige rauchten. Es war, als müssten sie einen grausamen, mystischen Ort bewachen. Zwischen ihnen stolzierten fette Möwen herum, auf der Suche nach Abfällen.
    Plötzlich, während des Gesprächs, drehte sich Benninga um und übergab sich. Dann wischte er sich kurz den Mund ab und sprach weiter, als sei gar nichts geschehen.
    »Ich habe Bröckchenhusten«, sagte er. Der Wind war zum Glück stark genug, so dass Holger Bloem und Ann Kathrin, obwohl sie sich nahe bei ihm befanden, nichts rochen.
    Ann Kathrin wollte sich später die Leiche ansehen, aber jetzt schritt sie erst den Weg ab, den Wind im Rücken. Bloem ging neben ihr her.
    »Du fragst dich«, stellte er fest, »wie der Täter die Leiche hierhergebracht hat.«
    Sie nickte stumm. Deshalb fuhr Bloem fort: »Das haben wir uns am Osterfeuer auch alle gefragt, stimmt’s?«
    Sie nickte erneut.
    Er ahnte ihre Schlussfolgerung und fragte sich, ob etwas dran sein konnte. »Du siehst einen Zusammenhang?«
    »Er kann sich und sein Opfer nicht unsichtbar machen. Wie kriegt er es trotzdem hin, praktisch vor aller Augen, sie an beliebten und belebten Plätzen abzulegen, ohne gesehen zu werden?«
    »Vielleicht«,

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