Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
hatten damals gerade eröffnet –, da weiß ich noch ganz genau, wie er reagiert hat. In ihrem Testament stand, dass sie verbrannt werden wollte. Er schüttelte sich und sagte, dass er so eine Beisetzung grausam finde. Es gab ziemlichen Krach deswegen. Er wollte auch im Krematorium nicht dabei sein. Und ausgerechnet dieser Mann verbrennt in einem Osterfeuer?«
»Wer immer das getan hat«, brummte Weller, »wusste bestimmt von dieser Abneigung.«
»Abneigung? Das war eine richtige Phobie. Am Anfang habe ich mir Mühe gegeben, hier alles schön zu machen und beim Aufbau des Cafés mitzuhelfen. Ich hatte mir ja erhofft, Prokura zu kriegen. Aber dann …« Sie winkte ab. »Na ja, jedenfalls habe ich Kerzen auf jeden Tisch gestellt. Ich dachte, wenn ein Gast kommt, zünden wir die Kerze an. Ich kannte so etwas von meiner früheren Arbeitsstelle. Aber bei offenem Feuer wurde der gleich panisch. Ich musste alle Kerzen wieder von den Tischen räumen.«
Ann Kathrin ließ einen Versuchsballon steigen. »Sie haben Herrn Willbrandt zum action-b-Konzert begleitet. Stimmt das?«
Nadja Jansen machte einen verblüfften Eindruck, deutete dann mit einer Kopfbewegung zu ihrer Kollegin und fragte: »Hat die Ihnen das erzählt?«
Für Ann Kathrin klang das nach einer angespannten Beziehung.
»Nein«, sagte Ann Kathrin, »wir haben uns noch gar nicht miteinander unterhalten. Darf ich Ihre Antwort als Ja deuten?«
Nadja Jansen sah vor sich auf den Tisch und nickte. Aber etwas daran war ihr peinlich. Ann Kathrin vermutete, dass ihre Beziehung zu Willbrandt gründlich schiefgelaufen war.
»Was ist an dem Abend geschehen? Können Sie mir das erzählen?«
Sie sah sich nach den Gästen um. Es war ihr offensichtlich unangenehm. Niemand sollte mithören. Dann flüsterte sie: »Er hat mich angegraben, und ich war total verknallt in ihn. Ich verliebe mich immer in die falschen Männer … Irgendjemand hat eine Schlägerei mit ihm angefangen und ihn ganz schön verdroschen. Ich bin dann zum Notarzt mit ihm. Der hat uns gleich zum Zahnarzt weitergeschickt. Also, zu einer Zahnärztin, in Marienhafe.«
»Würden Sie den Mann wiedererkennen, mit dem er sich geprügelt hat?«
»Nein. Ich habe das gar nicht gesehen. Er ist zur Toilette gegangen, und dann kam er nicht wieder. Ich dachte schon, der lässt mich einfach hier stehen und haut ab. Ich war ziemlich sauer auf ihn, bin dann nach draußen gegangen, ihn suchen. Und dann fand ich ihn. Er sah übel aus …«
»Hat er Ihnen gesagt, wer ihn angegriffen hat?«
»Er kannte den Typen nicht … Zumindest hat er das behauptet.«
»Gab es Zeugen? Irgendwelche Leute, die Sie kennen?«
»Ich kannte niemanden. Nicht mal die Band.«
»Wurde die Polizei gerufen?«
»Ich glaube, er hat am nächsten Tag Anzeige gegen unbekannt erstattet. Zumindest wollte er das.«
Weller kam von der Theke zurück. Mit jedem Schritt, mit dem er sich dem Tisch näherte, zog sich Nadja Jansen mehr in sich selbst zurück. Ann Kathrin deutete Weller an, er solle noch Abstand halten, aber er nahm das nicht wahr.
Ann Kathrin konnte noch eine Frage loswerden: »Hatte er auch etwas mit Ihrer Kollegin?«
Nadja Jansen antwortete nur mit einem Gesichtsausdruck. Es war ein deutliches Ja.
Weller zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Er stöhnte, als hätte er einen Dauerlauf hinter sich.
Weil beide Frauen ihn jetzt ansahen, als erwarteten sie etwas von ihm, fragte er: »Fühlte Herr Willbrandt sich bedroht? Ist Ihnen etwas Merkwürdiges aufgefallen?«
»Nun ja. Er wurde zusammengeschlagen«, antwortete Nadja Jansen und suchte mit Blicken bei Ann Kathrin Bestätigung.
»Das meint mein Kollege nicht. Das wissen wir doch bereits.«
»Ja, es war schon etwas komisch. Der hatte ja fast Paranoia. Er sagte, dass er verfolgt wird. Erst habe ich geglaubt, er macht sich nur interessant, aber da war manchmal so ein Auto und auch ein Mann, der mit einem langen Teleobjektiv Fotos gemacht hat. Das ist aber alles schon eine ganze Weile her. Ich habe diesen Mann einmal beobachtet, und dann wusste ich, dass Christoph recht hatte. Ich kam in der Mittagspause an dem Auto vorbei, und dann habe ich es genau gesehen.«
»Haben Sie sich die Nummer aufgeschrieben? Was war das für ein Auto?«, hakte Ann Kathrin nach.
Nadja Jansen nickte: »Klar hab ich das. Es war so ein schmutzig grauer Golf Diesel. Hinten war ein Aufkleber drauf:
Ich bremse auch für Tiere
.«
»Die Nummer wäre hilfreicher als so ein Aufkleber«, sagte Weller
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