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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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einschätzte. »Ich habe leider nicht viel Zeit für Sie.«
    Rupert grinste. Es war eine Zenith El Primero Stratos. Die erste Uhr, mit der Felix Baumgartner am Rand des Weltalls die Schallmauer durchbrochen hatte. Für Rupert war Baumgartners Sprung eine eben so sinnlose Geldverschwendung, wie Studenten in Komparatistik zu unterrichten.
    Willbrandt sah von Rupert zu Sylvia Hoppe, die hinter ihrem Kollegen fast verschwand. »In zwanzig Minuten geht mein Blockseminar weiter. Moderne und postmoderne Adoleszenzliteratur im Vergleich: Jerome D. Salinger
Der Fänger im Roggen
und …«
    Rupert unterbrach ihn. »Ja, das finde ich auch enorm spannend, aber sollen wir Ihnen die Fragen, die wir haben, besser im Seminar stellen, oder gehen Sie jetzt noch vorher mit uns irgendwo einen Kaffee trinken?«
    Sylvia Hoppe drängte sich an Rupert vorbei und blickte auf den sitzenden Professor herab. Er roch nach Erdnüssen und frisch gepressten Orangen. Sie sah auf der Tastatur seines PC s noch Nussschalen, und neben seinem Papierkorb lagen Orangenkerne.
    »Wir sind gekommen, um … Also, wir haben die schwere Aufgabe, Ihnen mitzuteilen, dass …«
    Er grinste sie breit an und verschränkte die Arme vor der Brust. Er lehnte sich zurück wie jemand, der ein Theaterstück genießen will.
    »Ja, machen Sie nur«, forderte er sie auf. »Ich finde das aufschlussreich. Ich habe es Hunderte Male im Fernsehen gesehen. Der Kommissar klingelt und teilt den Angehörigen mit, dass ein Familienmitglied ermordet wurde. Also, ich fand das ja immer unglaubwürdig und meistens grottenschlecht gespielt …«
    Rupert hüpfte hinter Sylvia Hoppe hoch. »Und, wie sind wir so?«, fragte er.
    »Auch nicht besser als Ihre Fernsehkollegen.«
    Sylvia Hoppe griff hinter sich und hielt Rupert fest, damit er nicht so herumhampelte. Er machte sie ganz nervös.
    »Die Frage ist doch eher«, sagte sie, »woher wissen Sie vom Tod Ihres Bruders?«
    Willbrandt lachte. »Na, Ihre Mitarbeiter … sagt man Mitarbeiter? Oder ist das eher so ein Stasi-Ausdruck … Jedenfalls waren sie im Café meines Bruders, und dann hat mich seine Freundin gleich angerufen.«
    »Sie kennen sie also«, hielt Sylvia Hoppe fest, doch er schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe mich für die ständig wechselnden Liebschaften meines Bruders nie interessiert. Es ging wohl eher darum, dass die junge Dame mir ihr Mitgefühl aussprechen wollte.«
    Rupert reckte sein Kinn über Sylvia Hoppes linke Schulter. »Einen besonders betroffenen Eindruck machen Sie aber nicht auf mich.«
    »Das sagen Ihre Fernsehvorbilder auch immer!«
    »Die im Fernsehen sind nicht unsere Vorbilder. Wenn überhaupt, dann sind wir Vorbilder für die Fernsehfiguren«, ereiferte Rupert sich.
    Der Professor machte sich mit einem Filzstift eine Notiz und sagte: »Nicht Vorbilder, sondern Vorlagen, Herr …«
    »Rupert mein Name. Kripo Aurich.«
    Er schob seine Hand an Sylvia Hoppe vorbei und wollte sie Willbrandt geben, aber Sylvia stieß Ruperts Arm weg und verlangte: »Gibt es hier ein richtiges Büro, in dem wir reden können?«
    »Oder eine Mensa?«, ergänzte Rupert. »Es war eine lange Fahrt, und ein Kaffee wäre jetzt gut. Wissen Sie, bei uns im Flur steht so eine Maschine, da kommt entweder gar nichts raus oder eine ungenießbare braune Brühe.«
    »So einen Kaffeeautomaten haben wir auch«, lachte der Professor und stand auf. Ein Buch fiel vom Stapel. Rupert bückte sich brav danach. Er las:
»Es ist das Schreckliche, Niedrige und Abstoßende, das uns gefällt. Sexualität im Kontext einer Ästhetik des Hässlichen bei de Sade und Anne-Sophie Brasme.«
    Er legte es auf den Stapel zurück und las den Titel einer Facharbeit: »
Das Böse im Genie – das Geniale im Bösen: Zum facettenreichen Typus der fiktiven Hauptfigur in Patrick Süskinds Roman ›Das Parfum‹.«
    Einerseits begann Rupert, Komparatistik plötzlich interessant zu finden, andererseits kapierte er, warum Ann Kathrin Klaasen sich in Wohnungen von Verdächtigen oder Opfern immer zuerst die Buchregale ansah. Sie behauptete, das sei wie ein Fingerabdruck der menschlichen Seele, und jetzt glaubte er zu wissen, wie Professor Willbrandt tickte.
    Als sie nebeneinander durch den langen Flur gingen, wurde Rupert neidisch auf die vielen jungen Dinger, die den Professor freundlich grüßten oder ihn sogar ansprachen, weil sie eine Auskunft von ihm wollten.
    Deshalb macht der das, dachte Rupert und ärgerte sich über seinen Job, bei dem er es seiner Meinung

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