Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Bier trinkst, dann wollen wir nicht damit anfangen.«
Sie haben viehisch gelacht, als sei das der beste Gag des Lebens gewesen. Als sei Kölsch kein Bier, und ich wurde mal wieder zur Idiotin gestempelt. Selbst später auf dem Festival habe ich mich nicht getraut, mir was zu essen zu kaufen. Mir hing der Magen in den Knien, und es gab wahrlich genug Fressbuden. Aber ich dachte, wenn ich mir eine Bratwurst hole, sind garantiert alle anderen gerade Vegetarier geworden und gucken mich an, als sei ich zum Kannibalen mutiert.
Warum tun sie das? Was habe ich ihnen getan?«
Er klappte das Buch zu, atmete tief aus, legte es auf den Stuhl zurück und wendete sich dann langsam, ganz langsam, wieder Eike zu.
»Was sagst du dazu, du kleiner Drecksack? Hast du diesen blöden Witz gemacht? Habt ihr euch vorher abgesprochen? Los! Ich erwarte ein Geständnis!«
Weinend beschwor Eike den Mann: »Aber bitte, es war ein Scherz! Verdammt, ein Scherz! Ich habe einen Witz gemacht. Er ist noch nicht mal von mir, das ist sehr alt … Die Düsseldorfer behaupten, Kölsch sei kein Bier, die Kölner glauben, das Altbier könne man nicht trinken, und für die Menschen hier oben an der Küste ist das alles sowieso nur Limonade. Hier trinkt man viel herbere Biere … Deshalb bringt man doch keinen Menschen um?! Bin ich deswegen hier? Weil ich einen Witz über Kölsch gemacht habe?«
»Oh nein. Du bist hier, weil du Ines Küppers umgebracht hast. Du hast es nicht alleine getan. Du hast nur einen Nagel in ihre Haut getrieben. Viele Nägel fügen einem Menschen dann so üble Verletzungen zu, dass er langsam daran stirbt. Das kannst du deinen Freund fragen. Der sitzt nebenan und wartet auf dich. Vielleicht rettet ihn ja deine Bluttransfusion. Komm. Wir gehen nach nebenan und schauen nach.«
Der Mann holte aus einer Tüte zwei Beutel voller Blut.
»Ist das«, fragte Eike, »von mir?«
Er nickte. »Ja. Ich habe dir nur einen Liter abgezapft. Ich hoffe, damit kommen wir aus … Komm mit rüber. Wir bringen ihm jetzt den lebensrettenden Saft. – So habt ihr es mit Ines doch auch immer gemacht, hm? Kurz bevor sie anfing, durchzudrehen und aufzugeben, habt ihr Ines wieder mit einer kleinen Geste zu verstehen gegeben, dass sie eure Freundschaft doch noch gewinnen kann, wenn sie sich nur richtig anstrengt. Stimmt’s nicht? Ihr habt immer wieder die Hoffnung genährt, damit sie nicht aufgibt oder sich nicht völlig von euch abwendet. So habt ihr sie an der Angel gehalten. Wie man einem Hund die Fleischwurst vor die Nase hält, so habt ihr sie mit eurer Freundschaft gelockt, mit Anerkennung und – Liebe? Ja, sogar so weit seid ihr gegangen. Zumindest dein Freund nebenan …«
Die Besprechung oben lief weiter. Ann Kathrin wankte auf den Citroën zu. Weller hatte Mühe, Schritt zu halten. Er war knapp einen halben Meter hinter ihr.
»Lass mich wenigstens fahren, Ann.«
»Okay«, sagte sie.
In dem Moment ertönte hinter ihnen die energische Stimme von Jutta Diekmann: »Falls Sie vorhaben, zu dem Haus von Johannes Klar zu fahren, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen, lasse ich Sie jetzt hier an Ort und Stelle verhaften. Ist Ihnen das klar? Sie werden sich aus der Operation hier heraushalten. Dies ist ein dienstlicher Befehl!«
Ann Kathrin drehte sich um und salutierte. »Jawohl, Frau General!«
»Wo wollen Sie hin?«, fragte Diekmann und kam näher.
»Entweder bin ich im Team oder nicht. Wenn ich nicht im Team bin, ist das hier meine Freizeit, und es geht Sie einen feuchten Kehricht an, was ich damit anfange.«
»Bitte zwingen Sie mich nicht, Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit verhaften zu lassen, Kollegin Klaasen.«
Ann Kathrin öffnete die Fahrertür. »Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Ich habe Wichtigeres zu tun, als hier mit Ihnen zu streiten.«
Frau Diekmann brüllte in Richtung Weller: »Nehmen Sie diese Frau fest! Sie gefährdet unseren Einsatz!«
Weller sah seine neue Chefin nicht einmal an. Er zeigte ihr nur den Stinkefinger.
»Ich wollte sowieso in Norddeich eine Fischbude aufmachen«, brummte er, der sich völlig im Klaren darüber war, bei der Kripo keinerlei berufliche Zukunft mehr zu haben.
Hinter Jutta Diekmann tauchte Rupert auf und verstand nicht, was los war.
Weller und Ann Kathrin saßen schon im Auto. Weller hinterm Steuer, Ann Kathrin kreidebleich auf dem Beifahrersitz.
Jutta Diekmann zog ihre Dienstwaffe und richtete sie auf den linken Vorderreifen. Sie zischte: »Nehmen Sie Frau Klaasen und
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