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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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letzten Besuch, sondern schräg, wie achtlos vor die Tür geworfen. Sie unterdrückte den Impuls, die Fußmatte gerade auszurichten.
    Es war noch hell, aber drinnen brannte schon Licht. Die Musik ließ die Fensterscheiben mitklirren, wenn die Bässe ertönten. Oder war es Geschirr, das durch die Erschütterungen Töne machte?
    Sie überprüfte den Sitz der Heckler & Koch. Ja, sie war bereit zu feuern. Sie erschrak vor sich selbst. Sie konnte sich vorstellen, die Tür aufzustoßen und diesen Klar kommentarlos in den Oberschenkel zu schießen, um sofort die Situation zu beherrschen.
    Sie kannte sich so gar nicht. Sie wusste genau, dass ihre Mutterinstinkte voll durchschlugen, und sie war sogar stolz darauf.
    Sie klingelte. Die laute Musik übertönte die Stimme der Türklingel:
Aufmachen, Polizei! Das Haus ist umstellt, jede Gegenwehr sinnlos!
    Die Ironie dieser Situation steigerte Ann Kathrins Wut. Am liebsten hätte sie laut geschrien, »Eike, deine Mama ist da!«, und dann mit einem Schuss das Türschloss geknackt.
    Niemand öffnete.
    Sie verlagerte ihr Gewicht vom rechten Bein aufs linke und drückte den Klingelknopf erneut.
    Aufmachen, Polizei! Das Haus ist umstellt, jede Gegenwehr sinnlos!
    Okay. Er hatte also nicht vor zu öffnen.
    »Herr Klar!«, rief sie. »Herr Klar! Hier ist Kommissarin Ann Kathrin Klaasen! Ich muss dringend mit Ihnen reden. Bitte öffnen Sie mir!«
    Keine Reaktion. Nur Musik.
    Der schwarze Wagen parkte in der Einfahrt. Sie konnte das Motorrad im Schuppen sehen. Er war also zu Hause. Völlig klar. Und er hatte ihren Sohn.
    Ihr Geduldsfaden riss. Keinen Meter von ihr entfernt thronte mit dem Rücken zur Hauswand ein meditierender Steinbuddha und lächelte milde. Sie hob ihn hoch und ließ den schweren Stein gegen die Fensterscheibe krachen.
    Sie brach. Der Buddha fiel in den Raum.
    Durch die Splitter stieg Ann Kathrin ins Haus. Sie ging nicht sehr achtsam mit sich selbst um, trotzdem verletzte sie sich nicht. Sie hielt die Dienstwaffe schussbereit.
    »Eike? Eike? Hab keine Angst, mein Sohn! Ich bin da! So, und jetzt kommen Sie mit erhobenen Händen raus, Herr Klar!«
    Sie hörte sich fast an wie die Türklingel, fand sie. Sie hielt die Heckler & Koch in beiden Händen. Nein, dieses Zittern der Finger würde sie nicht daran hindern, einen gezielten Schuss abzugeben, sagte sie sich. Sie redete sich auch ein, dieses innere Vibrieren käme nicht von der Angst, sondern sei ein Ausdruck ihrer gigantischen Wut auf den Mann, der vorhatte, ihr den Sohn zu nehmen.
    Zu allem Überfluss machte die Krimimusik sie rasend. Das war geklaut. Zitate aus zig Filmmusiken. Ein bisschen Anlehnung an
Tatort
, an
Miami Vice
. Sogar
Derrick
hörte sie raus. Von allem aber nur das Schlechteste, in einer anderen Tonart.
    In der wohnzimmermäßigen Eingangshalle war er nicht. Jeden Winkel sichernd ging sie vor. Sogar die Riesenboxen nahm sie als mögliches Versteck ernst und den Bildschirm. Hinter den alten, wuchtigen Möbeln hätten sich mehrere Personen verstecken können, aber auch hier war Johannes Klar nicht.
    Sie hatte das Gefühl, von ihm beobachtet zu werden. Ein merkwürdiger Geruch hing im Raum. Süßlich, wie von einem schweren Parfüm.
    Warum hatte er das Licht angelassen? Damit seine Überwachungskameras auch nach Einbruch der Dunkelheit noch klare Bilder machen konnten?
    Das musste bedeuten, er befand sich in einem Versteck. Die Räume hier waren aber wichtig für ihn. Waren sie der Zugang zu seinem Versteck?
    Sie trat die Tür zu einem beneidenswert großen Badezimmer auf, mit einem künstlichen Wasserfall, der sich in die Wanne ergoss und automatisch mit dem Öffnen der Tür zu plätschern begann. Dazu ertönten Meeresgeräusche. Wellen und Walgesänge, Windrauschen.
    So hat er versucht, seine Ines für sich zu gewinnen, dachte sie. Typisch Filmmensch. Ganz auf Effekte bedacht. Wie seine Morde. Alles ist fürs Publikum gedacht. Alles eine Form von Unterhaltung.
    Sie trat die nächste Tür auf. Die Küche mit perlweiß lackierten Fronten. In der Mitte eine Koch- und Essinsel. Sehr mediterran, gar nicht ostfriesisch. Sie wurde eher an einen Yachthafen im Mittelmeer erinnert als an eine Küche in der Krummhörn.
    Die Bodenfliesen waren zartblau marmoriert. Darauf eine Blutspur. Ein länglicher Streifen, der vom Ofen in Richtung Küche zeigte.
    Ann Kathrin hielt den Atem an. Sie nahm die Bewegung nur in einer Spiegelung wahr. Da hinter diesem Kochwürfel, auf dem eine Pfanne stand und ein Topf, versteckte

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