Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
die Chance geben, sich darzustellen. Das wird er nutzen«, sagte Ann Kathrin.
Sie wollte zunächst Holger Bloem bitten, zu ihnen zu kommen, doch dann entschied sie anders. »Bleib am Telefon, Holger. Wir kommen zu dir und machen das von der Stellmacherstraße aus. Hast du Platz genug?«
»Ja, also eigentlich ist hier gerade eine Redaktionssitzung und … Aber wenn wir mit dem OMA dazu beitragen können, ein Menschenleben zu retten, sind wir dabei! Kommt einfach.«
Weller verstand Ann Kathrins Hintergedanken genau. In der OMA -Redaktion ersparte sie sich jede mögliche Einmischung von Diekmann und Schilling. Ubbo Heide hatte es genauso gemacht. Manchmal verlegte er Besprechungen nach draußen.
Weller konnte sich an Einsatzplanungen im Café ten Cate, im Frühstücksraum des Smutje oder in Störtebekers Teestube in Marienhafe erinnern. Ann Kathrin trat deutlich in Ubbos Fußstapfen.
Sie fuhren mit zwei Autos. In der ganzen Zeit hielt Ann Kathrin Telefonkontakt zu Holger Bloem.
»Wir müssen alles sammeln, was wir bereits über ihn wissen.«
Rupert saß hinten im Auto und bemerkte: »Er nennt dich
Ostfriesische Milchkuh
, Ann Kathrin.«
»Danke«, schimpfte Weller, »das war jetzt sehr hilfreich.«
Ann Kathrin bremste Weller. »Er hat recht. Auch das ist wichtig. Er kennt mich, aber er mag mich nicht. Vielleicht hat er auch was gegen Kühe oder eine Milchallergie. Und er hat meinen Sohn.«
Sie parkten vor dem Druckereigebäude und rannten gemeinsam in die Redaktion. Sie wurden von einer Redaktionsassistentin an der Tür empfangen und gleich zu Holger Bloem durchgeführt. Als sie im Flur an den Toiletten vorbeikamen, erinnerte das Rupert an ein dringendes Bedürfnis, aber er wollte dies hier von Anfang bis Ende mit durchstehen und nicht im entscheidenden Moment auf der Toilette sitzen.
Holger Bloem hatte sogar bereits für Kaffee und Kekse gesorgt. Er saß hinter seinem großen Schreibtisch am Computer und hatte alle E-Mails aufgerufen.
Die anderen gruppierten sich um ihn herum. Ann Kathrin setzte sich auf eine Schreibtischkante, so dass sie ein bisschen über allen anderen thronte.
Rupert fragte sich, ob sie das absichtlich machte. Sich immer eine Position im Raum zu suchen, in der alle zu ihr aufschauen mussten oder auf sie runter. Nur selten nahm sie eine Position auf gleicher Höhe ein wie alle anderen. Wollte sie so ihre herausgehobene Stellung unterstreichen? War das Ganze ein Spiel, oder geschah es unabsichtlich?
Sie legte sofort los. Sie schien voller Energie zu sein und überhaupt nicht die kraftlose Frau, die bereits um ihren Sohn trauerte.
»Er spricht vom kleinen Teil einer großen Abrechnung oder so ähnlich. Lies es noch mal genau vor, Holger.«
Bloem tat es: »Dies ist der kleine Teil einer großen Abrechnung. Sie bekommen die Bilder exklusiv, denn ich schätze Ihre Arbeit. Wie finden Sie meine?«
Sylvia Hoppe telefonierte leise und sagte dann: »Ein Psychologe ist bereits unterwegs zu uns. Er ist Spezialist für …«
»Ich kann Spezialisten nicht ausstehen«, zischte Rupert. »Wenn die von sich behaupten, dass sie Spezialisten sind, dann sagen sie im Grunde, dass sie nur von einer Sache Ahnung haben und vom Rest des Lebens nichts wissen. Auf solche Typen kann ich gerne verzichten …«
»Keine Angst, es ist nicht Elke Sommer«, sagte Sylvia Hoppe.
Rupert war erleichtert.
Ann Kathrin zeigte auf Holger Bloem. »Er kennt dich. Er kennt mich. Er hat meinen Sohn. Er ist ein Drehbuchautor und handelt nach seinem vorgegebenen Buch. Er hat das alles geplant.«
»Auch, dass wir jetzt hier sitzen?«, fragte Weller.
»Könnte ich mir vorstellen. Er überlässt nichts dem Zufall. Was will er wirklich?«
»Ist das die erste Interviewfrage, die ich ihm stellen soll?«, hakte Holger Bloem nach.
Ann Kathrin wehrte ab. »Nein, halt. Was würdest du ihn fragen, Holger, wenn dies wirklich ein ganz normales Interview wäre?«
»Das ist kein ganz normales Interview«, stöhnte Weller und sah aus, als wollte er sich die Haare raufen. Er hielt seine Hände aber still. Er hatte Mühe, den Wunsch nach einer Zigarette zu unterdrücken. Am liebsten hätte er sich jetzt Nikotin und Koffein intravenös verabreicht.
Holger Bloem nahm Ann Kathrins Frage ernst und antwortete sachlich: »Was er tut und wie er es tut, wissen wir genau. Aber wir kennen seine Motive nicht. Ich glaube, ich würde ihn fragen, warum er das tut!«
»Im Film«, sagte Rieke Gersema, »ist es ein Irrer, der sich rächt.«
»Ja, mit
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