Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
gerne. Aber soll ich wirklich zu Ihrer Oma kommen?«
»Nein, nicht zu meiner Oma, sondern in die Redaktion des
Ostfriesland-Magazins
. Das wird hier OMA genannt.«
»Ich gebe es in mein Navi ein und komme gleich. Ist mir eine Freude, der Polizei behilflich sein zu können.«
Ann Kathrin bedankte sich und legte ihr Handy auf Holgers Schreibtisch.
Rieke Gersema sah sich in Holger Bloems Büro um. Sie brauchte Ablenkung. Das Plakat von Ole West zum siebenhundertfünfzigjährigen Jubiläum der Stadtgründung von Norden gab ihr für einen kurzen Moment das Gefühl, alles könne wieder in Ordnung kommen und gut werden. Manchmal beruhigte Kunst ihre Seele. Jetzt war es so.
Rupert fragte: »Woher hat dieser Küppers deine Nummer?«
Ann Kathrin antwortete barsch, als sei die Frage so dumm, dass sie nicht gestellt werden musste und nur Zeit stahl, sich mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen: »Ich habe hinter ihm hertelefoniert, als er in Südtirol gedreht hat. Ich habe zigmal um Rückruf gebeten.«
Damit war die Sache für alle erledigt.
Holger Bloem zeigte auf seinen Bildschirm. »Und wenn er jetzt nicht gleich antwortet? Er kann sich Zeit lassen. Vielleicht Stunden … vielleicht Tage …«
Rupert deutete das als sanften Versuch, die ganze Polizeibande loszuwerden. Er war neidisch auf Bloem, weil der so ein schönes großes Büro hatte.
Die Antwort des Täters war kurz und schockierend:
Die Welt ist aus den Fugen geraten. Ich bringe die Dinge wieder ins Lot. Ich bestrafe die Menschen, die Ines Küppers in den Tod getrieben haben.
Holger Bloem öffnete die E-Mail-Anlage. Ein Video ploppte auf.
Eike stand an einem Herd und versuchte, eine Mehltüte zu öffnen.
»Ich kann das nicht! Ich weiß überhaupt nicht, wie man Kuchen backt. Ich …«
Die Kamera wackelte einmal quer durch den Raum. Eine Tür erschien kurz im Bild, dann war Eike wieder zu sehen. Er sagte: »Ich … Doch, natürlich. Als ich ganz klein war, da hat meine Mutter manchmal mit mir gebacken, aber das war nicht so toll. Meistens hat es überhaupt nicht geklappt, und ich hatte auch keine Lust dazu, und ich hab mir das nicht gemerkt und … Bitte tun Sie mir nichts. Bitte lassen Sie mich laufen! Ich werde Sie auch nicht verraten!«
Ann Kathrin wurde stocksteif. Weller nahm ihre Hand. Es war, als würde er ein Stück Holz anfassen.
»Wo ist das?«, fragte sie mit bebender Stimme.
»Eine Küche«, sagte Holger Bloem. »Ein alter Herd.«
Rupert, der es hasste, wenn Zivilisten, wie er alle nannte, die nicht zur Polizei gehörten, sich in Ermittlungen einmischten, spottete: »Na klasse! Dann haben wir ihn ja gleich. Wir suchen ein Haus mit einer Küche. Das kann ja nicht so schwer zu finden sein. Wie viele Häuser gibt es in Ostfriesland?«
»Er demütigt Eike, um dich zu einer unüberlegten Aktion zu verleiten, Ann. Er weiß genau, dass Holger uns das alles zeigt«, sagte Weller.
Sie schien ihm gar nicht zuzuhören, sondern tippte auf den Bildschirm: »Kannst du das größer machen, Holger?«
Er tat es.
Ann Kathrins rechte Hand krampfte sich in Wellers Arm. Ihre Fingernägel schnitten wie Messer in seine Haut. Trotzdem zog er seinen Arm nicht weg.
Der Schriftzug auf dem Herd wurde zu einem Teil deutlich, der Rest von Eikes Hand verdeckt. Da stand …eppel…
»Wir hatten so einen Herd«, sagte Ann Kathrin, »als wir noch in Gelsenkirchen gewohnt haben. Das ist ein ganz altes Stück von der Firma Seppelfricke.«
Sylvia Hoppe und Rupert googelten gleichzeitig.
Sylvia war schneller. »Seppelfricke. Traditionsreiches Familienunternehmen aus Gelsenkirchen. Wilhelmine Anna Julia Seppelfricke erwarb zunächst eine Wäschemangel, um ihre Familie über die Runden zu bringen. Mit der Zeit entstand eine Gelbgießerei und Schlosserei. In den dreißiger Jahren wurde Seppelfricke zu einer der führenden Armaturenfabriken in Deutschland. Nach Kriegsende produzierte das Familienunternehmen vor allen Dingen Herde, Heiz- und Küchentechnik. 1995 übernahm die niederländische Atag Holding … Ab dann hießen die Geräte anders. Es kam zu einer Umfirmierung. 2001 wurde alles von der italienischen Firma Merloni übernommen. Die haben wohl eine deutsche Tochtergesellschaft, EBD . Es entstand dann die EFS Hausgeräte GmbH mit Sitz in Duisburg. Im Dezember 2009 ging die Hausgeräte GmbH in die Insolvenz. Der Bereich Metallguss wird wohl heute noch weiter unter dem Namen Seppelfricke geführt. Außerdem berät die Familie jetzt Unternehmen in Fragen des
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