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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nach hauptsächlich mit kriminellen Männern, übergewichtigen Kollegen oder zickigen, feministischen Kampflesben zu tun hatte. Dieser Professor hingegen las statt stumpfsinniger Vorschriften und Akten schweinische Texte und umgab sich mit diesen flotten, schmalhüftigen Bienen.
    »Mein Bruder und ich waren uns nicht gerade freundschaftlich verbunden. Sie dürfen in ihm durchaus das schwarze Schaf der Familie sehen. Und wie alle Sorgenkinder war auch er das Lieblingskind meiner Eltern. Oder sagen wir lieber, er zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Ständig produzierte er Skandale, Konkurse. Immer wieder mussten meine Eltern ihn retten, sonst wäre er im Knast gelandet. Aber sie haben immer wieder alles für ihn geradegebogen. Apotheken gingen drauf für Hypotheken …« Er winkte ab.
    »Ist das jetzt der Anfang eines Geständnisses?«, fragte Sylvia Hoppe.
    Willbrandt blieb vor einer Tür stehen und öffnete sie. Im Raum befanden sich drei Fotokopiergeräte, ein weißer Stehtisch, und auf einem Schränkchen eine Thermoskanne, Plastikbecher und eine offene Packung Würfelzucker. Daneben hatte jemand ein pinkfarbenes, ausgelutschtes Kaugummi geklebt.
    Den Professor schien das alles zu amüsieren, als sei das ein Happening, nur zu seiner Erbauung organisiert. Er bot Kaffee aus der Thermoskanne an.
    Rupert nickte erfreut, Sylvia Hoppe lehnte ab.
    Der Professor stellte Rupert die Kanne und einen Plastikbecher hin. Rupert kämpfte mit der Kanne, drückte auf den roten Knopf, schraubte an dem Deckel herum, konnte der Kanne aber keinen Tropfen Kaffee abtrotzen.
    »Jetzt wollen Sie bestimmt wissen, ob ich ein Alibi habe … Wann ist er denn ermordet worden?«
    »Das wissen wir noch nicht«, gab Sylvia Hoppe zu und beschwor Rupert mit Blicken, die Thermoskanne endlich in Ruhe zu lassen. »Aber«, sagte sie, »uns interessiert, wo Sie am Ostersamstag waren.«
    »Wo ich gestern war? Den ganzen Tag über?« Der Professor reckte sich.
    Rupert fummelte weiter an der Thermoskanne herum. Sylvia Hoppe nahm sie ihm aus der Hand und knallte sie auf den Stehtisch. »Das ist kein Intelligenztest, Rupert!«
    »Nun, ich habe mit meinen Studenten gearbeitet. Ja, da staunen Sie, was? Am Ostersamstag habe ich mein Blockseminar begonnen, dessen Weiterführung Sie hoffentlich nicht länger behindern werden. Meine Blockseminare lege ich grundsätzlich auf Wochenenden, denn ich lade gerne externe Kollegen dazu ein. Schriftsteller, Übersetzer, Literaturkritiker, die kriegt man erfahrungsgemäß an Wochenenden besser. Es handelt sich nämlich immer um recht gefragte Leute. Die UB hat sowieso immer offen und die Caféteria auch …«
    »Vielleicht«, schlug Rupert vor, »sollten wir dann besser dahin gehen.« Er schnappte sich die Thermoskanne noch einmal und versuchte es erneut. Sylvia warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
    »Nein, das werden wir nicht tun. Also, Sie können natürlich gerne in die Caféteria, aber auf mich müssen Sie verzichten. Sie haben noch knapp zehn Minuten, dann werde ich Sie verlassen«, stellte Willbrandt ultimativ klar.
    »Wir brauchen die Namen der Zeugen und …«
    »Da wenden Sie sich am besten ans Sekretariat. Die Verwaltung hat allerdings bis Dienstag geschlossen.«
    Rupert gefiel die Antwort von Professor Willbrandt nicht. Er glaubte, den Mörder vor sich zu haben, der sich ein klasse Alibi verschafft hatte. Vermutlich hatte einer seiner verträumten Studenten die Leiche in Norddeich deponiert, um eine gute Note zu bekommen. Das Ganze ging auch gut als Studentenulk durch, fand er. Der Professor konnte hier vor seinen gebildeten Miezen den großen Zampano spielen, während sein Bruder verbrannt wurde und ihm das restliche Erbe zufiel.
    »Und wo waren Sie abends?«
    Ohne zu überlegen, antwortete Willbrandt: »Beim Griechen. Im Naxos. Das ist hier in Hannover in der Osterstraße. Ich habe Lamm gegessen. Übrigens ganz hervorragend. Dazu hatte ich einen roten …«
    Rupert stoppte ihn. »Jaja, schon gut. Waren Sie alleine?«
    »Alleine? In einem Restaurant? Am Samstagabend?«, konterte der Professor.
    »Ich meine, haben Sie alleine gegessen?«
    »Nein. Zwei ehemalige Kommilitonen waren mit. Professor Scherenett und Professor Paulsen. Ja, und dann noch ein Autor. Er schreibt hervorragende historische Romane. Tilman Röhrig. Der war übrigens neulich im Fernsehen, in einer Talkshow mit …«
    »Bevor Sie sich in Ekstase reden«, brummte Rupert, »sagen Sie uns noch eins: Was bringt Ihnen der Tod Ihres Bruders ein?

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