Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Fall für die Jungs vom Betrugsdezernat. Ich meine … wer ist denn auch so blöd und macht Schulden, um mit einer Schrottimmobilie Steuern zu sparen? Wenn du mich fragst, ist sie selbst schuld, die blöde Kuh.«
Er klatschte sich mit der flachen rechten Hand gegen die Stirn. »Mein Gott, wie doof muss man denn sein, um auf einen windigen Steuerberater zu hören, den man im Urlaub auf Malle kennenlernt?«
»Rupert, die Sache ist zwei Jahre her. Sie hat ihn auch nicht auf Mallorca kennengelernt, sondern auf Lanzarote. Und der Typ sitzt bereits.«
»Ja, und warum sollen wir uns dann noch einschalten, wenn der Fall längst gelöst ist?«
Ann Kathrin zeigte auf Rupert. »Es geht nicht um ihre Probleme, Rupert, sondern um deine.«
Er machte sämtliche Gesten der Abwehr, die er spontan draufhatte, gleichzeitig. Er hob die Hände, schüttelte den Kopf, verzog widerwillig das Gesicht und rollte mit dem Bürostuhl nach hinten.
»Oh nein! Nicht mit mir! Ich habe keine Probleme!«
»Rupert! Du hast dich benommen wie ein pubertierender Jugendlicher im Biologieunterricht, wenn der Körper der Frau durchgenommen wird.«
»Ach ja? Signieren die neuerdings auch die Busen ihrer Lehrerinnen?«
Ann Kathrin holte tief Luft. »Nein, das glaube ich kaum. Es sei denn, ich habe irgendeine Schulreform verpasst. Jedenfalls geht es so mit dir nicht weiter!«
»Sagt wer?«
»Sage ich.«
»Und hast du neuerdings etwas zu sagen?«
»Bitte sei doch vernünftig, Rupert. Ich will dir nur helfen. Wir müssen kein großes Ding aus der Sache machen. Wenn hier irgendein neuer Steuermann das Ruder übernimmt, dann können wir sagen, der Vorgang ist bereits bearbeitet. Der betreffende Kollege ist in Therapie und sieht seine Fehler ein. Außerdem hat er sich bei den Damen in aller Form entschuldigt.«
Ihr durchdringender Blick wirkte wie ein Stromschlag auf Rupert. Er stieß sich mit den Füßen vom Boden ab und rollte mit dem Stuhl weiter nach hinten, bis die Rückenlehne gegen die Wand stieß. Dann sprang er aus dem Büromöbel, als stünde das Stück plötzlich in Flammen.
»Das ist eine perfide Gemeinheit! So willst du verhindern, dass ich den Laden hier übernehme und für Ordnung sorge!«
Ann Kathrin unterdrückte demonstrativ ein Lachen. »Du machst dir doch nicht im Ernst Hoffnungen darauf, Ubbos Stelle …« Sie sprach gar nicht weiter, so empört war sie jetzt.
Voller Wut brüllte Rupert: »Hast du das etwa in meine Personalakte eingetragen? Willst du mich jetzt fertigmachen?«
»Das muss niemand in deine Personalakte eintragen, Rupert. Das steht für alle zugänglich im Internet und wird auf Facebook gepostet. Du bist mit deinem Mallorca-Abenteuer bei Youtube in den Top Einhundert, mit einer guten Chance, in die Top Twenty aufzusteigen. Du bist, wenn man es auf die leichte Schulter nehmen will – aber das kann ich nicht –, auf dem besten Weg zum Popstar.«
»Schiffe«, sagte Rupert bedeutungsschwer, »können auf hoher See im Sturm kentern und sinken. Im Hafen sind sie sicher.«
Sie sah ihn an, und während sie noch überlegte, worauf er wohl hinauswollte mit seinen für ihn so untypischen philosophischen Betrachtungen, fügte er hinzu: »Aber wer baut schon Schiffe, damit sie sicher im Hafen liegen?«
»Keine Ahnung, was du damit genau sagen willst, Rupert. Aber du hast heute um siebzehn Uhr einen Termin bei Elke Sommer, und ich würde an deiner Stelle hingehen. Die Frau ist so etwas wie deine letzte Rettung. Von ihrem Gutachten wird vieles abhängen.«
Rupert starrte Ann Kathrin ungläubig an. »Das kannst du nicht mit mir machen!«
»Oh doch«, sagte sie, »und ich war froh, dass ich bei Frau Sommer überhaupt noch einen Termin für dich bekommen habe.«
Draußen im Flur stritt Schrader sich mit einem Handwerker der Firma, die den Kaffeeautomaten aufgestellt hatte. Schrader behauptete, die Maschine hätte von Anfang an nicht funktioniert, doch der Handwerker vom Wartungsservice wurde laut: »Da hat jemand ein Loch reingeschossen! Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock! Kein Wunder, dass die Maschine kaputt ist! Und die wollen Sie umtauschen? Das ist doch Betrug, ist das! Nein, da spiele ich nicht mit! In meinem Gutachten wird die Wahrheit stehen! Sie müssen die Maschine bezahlen! Das ist kein normaler Verschleiß!«
Der scharfe Westwind ließ den wenigen Wolken kaum eine Chance, lange zu verweilen. Er verjagte sie zur Freude der Urlauber. Das Wetter spielte mit. Die Sonne lockte die Ostertouristen aus den
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