Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Treuetest?«
Rupert nickte fröhlich.
»Das kommt ganz auf die Umstände und die Spesen an. Also, unsere Damen verdienen von dreihundert Euro am Abend an aufwärts bis zu fünfhundert. Je nachdem. Wir haben ja auch welche mit Akademikergraden. Manchmal braucht man das, allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen.«
»Nee, das ist bei mir nicht nötig.«
»Wollen Sie Ihre Frau testen lassen?«
»Nein. Eher einen«, er suchte den richtigen Ausdruck, »nun, nennen wir es mal Kollegen. Er ist etwa so alt wie ich.«
Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihn voller Wohlgefallen.
»Sieht er denn auch so gut aus?«
Rupert räusperte sich. »Nein, nicht unbedingt. Also, er ist schon so ein Frauentyp, obwohl er langsam schütteres Haar bekommt, und ich glaube, er setzt auch ziemlich an, weil er das gute Essen liebt. So ein typischer Hobbykoch. Damit wollte ich jetzt nicht sagen, dass er kochen kann, sondern dass er dick ist. Nein, dick ist er im Grunde auch nicht … Er ist geschieden und hat zwei Töchter, und jetzt ist er gerade bei einer Kollegin von mir eingezogen. Ich fürchte, dass er sie nur ausnimmt und ihre«, Rupert suchte nach dem richtigen Wort, »Gefühle verletzt. Darum würde ich gerne diesen Test machen. Das geht doch, oder muss so etwas die Frau oder Freundin in Auftrag geben?«
»Keineswegs, Herr Kommissar. Jeder kann so etwas bei uns in Auftrag geben. Dies ist ein freies Land … Und Ihnen räumen wir selbstverständlich einen Rabatt ein. Immerhin legen wir doch großen Wert auf eine gute Beziehung zu unseren Freunden und Helfern …«
»Der Kaffee ist gut«, sagte Rupert bestens gelaunt. »Kann ich noch einen haben? Dann besprechen wir die Einzelheiten.«
Ann Kathrin hatte das Büro mit Holger Bloems Fotos vom Osterfeuer dekoriert. Sie waren als DIN - A 4 -Ausdrucke überall. Selbst die Bildschirme der Computer hatte sie damit zugeklebt.
Außerdem hatte Sylvia Hoppe den jungen Mann ausfindig gemacht, der auf einem Bild von Holger Bloem mit einer Kamera zu sehen war. Auch von ihm gab es mehrere Schnappschüsse. Er hatte sich zwar offensichtlich sehr für eine junge Frau interessiert und sie beim Tanzen geknipst, aber im Hintergrund waren viele Teilnehmer des Osterfeuers zu sehen. Auch Ubbo Heide. Monika Tapper. Peter und Rita Grendel.
Ann Kathrin fand sich selbst aufgekratzt und auf fast unanständige Weise glücklich. Sie kam sich blöd dabei vor, so als hätte sie nicht glücklich sein dürfen, weil doch dort ein Mensch verbrannt war.
Am liebsten hätte sie die Bilder, auf denen sie und Weller zu sehen waren, aussortiert. Aber das wäre einer Vernichtung oder zumindest Manipulation von Beweismitteln gleichgekommen.
Sie ordnete die Bilder im Raum so an, dass eine Nachbildung der Feier am Strand entstand. In der Mitte das Osterfeuer und drum herum die Teilnehmer. Sie ging dazwischen herum und vergegenwärtigte sich noch einmal die Situation.
Einige der Gäste am Strand waren inzwischen identifiziert. Sie schrieb die Namen unter die Fotos. Ein Verdacht keimte in ihr auf. War unter diesem Kapuzenpullover Kim Riedel versteckt? Die Körperform konnte stimmen. Die Haare, die hervorlugten, auch. Da war ein Stückchen von den Lippen zu sehen. Auch das passte. Sollte sie für ihren Auftraggeber auch Fotos von Willbrandts letztem Gang machen?
Ann Kathrin nahm sich vor, Kim Riedels Alibi für den Abend genau zu überprüfen.
Rupert kam breit grinsend herein. Er blickte sich staunend im Raum um. »Stör ich hier bei so einer Art Voodoozauber?«
»Nein«, antwortete Ann Kathrin sachlich, »ich baue die Situation nach.«
»Klar«, sagte er, »weil es draußen regnet, machst du es hier im Büro.«
Er schabte sich mit dem Handrücken über die drei Tage alten Bartstoppeln und zeigte auf ein Foto. »Oh, da bin ja auch ich.«
»Ja, natürlich. Mit einer Bratwurst!«
Er deutete auf seinen Schreibtisch. »Und was ist da?«
»Das Feuer.«
Er trat einen Schritt zurück und pustete auf seine Finger. »Au, da hätte ich mir ja jetzt fast die Pfoten verbrannt.«
»Rupert, das ist hier nicht witzig!«
»Ach nein? Und was soll diese Holger-Bloem-Gedächtnisausstellung hier? Soll ich an meinem Computer jetzt so recherchieren?«
Er riss das Foto vom Bildschirm. Darauf war er mit dem Lederjackenmann ganz nah am Feuer zu sehen. Sie hielten Bierflaschen in den Händen und prosteten sich zu.
Wird Zeit, dass ein neuer Chef kommt und hier aufräumt, dachte er, sagte es aber nicht, weil er in seinen
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