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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Hotels und Pensionen an die Strandpromenade.
    Sogar die Eisdielen auf Norderney machten die ersten zaghaften Geschäfte. So als ließe sich mit einer Eiswaffel in der Hand der Sommer heraufbeschwören, schleckten viele Urlaubsgäste tapfer an den ersten Eiskugeln herum.
    Die Hüpfburg erfreute sich allgemeiner Beliebtheit. Er saß nicht weit davon entfernt mit einem Kaffeebecher in der Hand und sah zu.
    Welch gutes Gefühl.
    Nun fehlten ihm nur noch Joachim und Emma. Er phantasierte sie sich schmunzelnd herbei, sah der Kleinen zu, wie sie zwischen den anderen Kindern auf der Hüpfburg herumsprang.
    Die Sonnenstrahlen streichelten sein Gesicht und ließen ihn lächeln. Die Rachephantasien wärmten ihn von innen und schürten die Vorfreude auf den nächsten Schachzug. Da war etwas in ihm, das trieb ihn an, einfach weiterzumachen, so wie all diese Peiniger weitergemacht hatten, Ines zu quälen, statt ihr eine kurze Verschnaufpause zu gewähren.
    War es nicht Ines selbst, die ihn zu neuen Taten aufforderte? Er konnte ihre Nähe spüren. Jetzt, hier, die Sonne im Gesicht und den Wind in den Haaren, da war etwas von ihrer Energie bei ihm, als wollte ihre Seele danke sagen und ihn gleichzeitig auffordern, seine Arbeit unverzüglich fortzusetzen und keine Zeit zu verlieren.
    Dabei wäre er so gerne noch hier geblieben, um dem Vergnügen zuzusehen. Er brauchte diesen Moment des Innehaltens, diese Reflexion. Es war wie der Genuss nach dem Kochen. Einkaufen, hacken und würfeln und die ganze Zeit am Herd zu stehen ergab doch keinen Sinn, wenn man sich hinterher nicht die Zeit nahm, um in Ruhe zu speisen.
    Ein kleiner blonder Junge namens Kevin verlor seine Bonbontüte, und der Wind wehte sie gegen die Hüpfburg. Die Tüte landete dort, wo er den Körper von Michaela Warfsmann versteckt hatte. Das Papier verschwand fast in dem schmalen Spalt zwischen Boden und luftgefülltem Sprungpolster.
    Kevin wollte seine Tüte retten. Schon war sein besorgter Großvater da: »Nicht, Kevin! Das ist doch jetzt schmutzig. Lass das. Komm her!«
    Kevin hörte schon zu Hause auf seine Eltern nur im äußersten Notfall. Aber im Urlaub auf seinen Großvater zu hören erschien ihm völlig abwegig.
    Er verschüttete vor Aufregung etwas von seinem Kaffee, als er Kevin zu der Spalte kriechen sah. Nein, er hatte keine Angst vor der Entdeckung. Er wollte sich am Schock weiden, wenn alle fassungslos vor Aufregung schreien und durcheinanderlaufen würden. Das wäre für ihn ein triumphaler Moment.
    Er spürte ein Kribbeln auf dem Arm. Gleich würde es losgehen.
    Aber dann zog der beherzte Großvater seinen Enkel weg und gab nichts auf dessen Proteste.
    Lass uns noch ein bisschen hier verweilen, Ines, dachte er, und plötzlich durchzuckte ihn ein Gedankenblitz. Wollte sie, dass er schnell weitermachte, weil sie befürchtete, er könnte seine Arbeit nicht zu Ende bringen und würde schon bald gefasst werden?
    Hatte sie so wenig Vertrauen in seine Geschicklichkeit?
    Die ostfriesischen Bullen hatten keine Chance, ihn zu fassen. Dafür waren sie einfach nicht clever genug.
    Oder hatte sie Angst, der Mut könnte ihn verlassen?
    Ich werde das zu Ende bringen, Ines, was ich begonnen habe. Und diesmal wird dein Triumph endgültig sein.
    Er summte sein Lieblingslied von Bertolt Brecht aus der Dreigroschenoper:
    »Und das Schiff mit acht Segeln
    Und mit fünfzig Kanonen
    Wird beschießen die Stadt.»
    Ja, er war allein. Aber in ihm steckte die Kampfkraft von hundert Piraten. Und er würde sie alle töten! Alle.
    Am Anfang ihres Tagebuches hatte Ines das Gedicht abgeschrieben:
    Meine Herren, heute sehen Sie mich Gläser abwaschen
    Und ich mache das Bett für jeden.
    Er summte es.
    Und Sie wissen nicht, mit wem Sie reden.
    Er hatte die Musik von Weill im Ohr und manchmal die Stimme von Hildegard Knef. Aber dann wurde daraus Ines, ja, Ines sang das für ihn. Es war ihr Testament. Es war ihre Botschaft für ihn. Die kluge Ines hatte sich mit Piraten-Jenny identifiziert. Der Song in ihrem Tagebuch war eine klare Botschaft an ihn. Er sollte keinen verschonen. Und genau das würde er tun.
    Wenn man fragt, wer wohl sterben muss.
    Und dann werden Sie mich sagen hören: Alle!«
    Aber er hatte Zeit. Die Polizei tappte im Dunkeln, sofern sie überhaupt eine Spur aufgenommen hatte, und wenn, dann garantiert die falsche. Er fühlte sich ihnen haushoch überlegen.
    Am liebsten hätte er wieder Bier mit ihnen getrunken und Bratwurst gegessen wie am Osterfeuer. Allein der Gedanke

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