Anna Karenina
angekommen und freue
mich sehr, deinen Triumph mit anzusehen. Wann treffen wir uns?«
»Komm morgen in unser Kasino!« erwiderte Wronski, drückte ihm mit ein paar entschuldigenden Worten den
Mantelärmel und ging in die Mitte der Rennbahn, wohin bereits die Pferde für das große Hindernisrennen geführt
wurden.
Die schweißbedeckten, abgematteten Pferde, die soeben gelaufen waren, wurden von Stallknechten in den Stall
geführt, und eines nach dem anderen er schienen die neuen, frischen Pferde für das bevorstehende Rennen. Sie waren
größtenteils englischer Herkunft. In ihren Kappen und mit den eingezogenen Bäuchen sahen sie seltsamen, riesigen
Vögeln ähnlich. Rechts wurde die schmächtige, schöne Frou-Frou herbeigeführt, die auf ihren elastischen, ziemlich
langen Fesseln wie auf Sprungfedern einherschritt. Nicht weit von ihr wurde gerade dem großohrigen Gladiator die
Decke abgenommen. Die mächtigen, schönen, völlig regelmäßigen Formen des Hengstes mit dem wundervollen Hinterteil
und den ungewöhnlich kurzen, unmittelbar über den Hufen sitzenden Fesseln zogen unwillkürlich Wronskis
Aufmerksamkeit auf sich. Er wollte soeben an sein eigenes Pferd herantreten, da hielt ihn wieder ein Bekannter
auf.
»Da ist ja auch Karenin«, sagte der Bekannte, nachdem sie einige Worte gewechselt hatten. »Er sucht seine Frau;
sie sitzt aber in der Mitte der Loge. Haben Sie sie nicht gesehen?«
»Nein, ich habe sie nicht gesehen«, antwortete Wronski und ging zu seinem Pferde, ohne auch nur nach der Stelle
hinzusehen, wohin, als nach Annas Platz, der andere gewiesen hatte.
Kaum hatte Wronski den Sattel besichtigt, über den er noch eine Anordnung geben mußte, als schon die Reiter zur
Loge gerufen wurden, um ihre Nummern zu ziehen und zum Start abgefertigt zu werden. Mit ernsten, strengen, zum Teil
sogar mit bleichen Gesichtern versammelten sich die Offiziere, siebzehn an der Zahl, bei der Loge und zogen ihre
Nummern. Wronski erhielt Nummer sieben. Dann erscholl der Ruf: »Aufsitzen!«
Wronski war sich bewußt, daß er und die anderen Reiter jetzt den Mittelpunkt bildeten, auf den alle Blicke
gerichtet waren, und in einem Zustande seelischer Spannung, in dem er gewöhnlich besonders langsam und ruhig in
seinen Bewegungen wurde, trat er an sein Pferd heran. Cord hatte, um den Glanz des Rennens zu erhöhen, seinen
Paradeanzug angelegt: schwarzen, zugeknöpften Oberrock, steif gestärkten Kragen, bis an die Backen reichend,
runden, schwarzen Hut und Stulpstiefel. Er war wie immer ruhig und würdevoll und hielt selbst das Pferd,
davorstehend, an beiden Zügeln. Frou-Frou zitterte immer noch wie im Fieber. Ihr blitzendes Auge schielte nach dem
herantretenden Wronski hin. Wronski steckte einen Finger unter den Sattelgurt. Das Pferd schielte noch stärker,
entblößte die Zähne und legte das eine Ohr an. Der Engländer verzog seinen Mund, um ein Lächeln darüber zu zeigen,
daß eine von ihm ausgeführte Sattelung erst noch nachgesehen werde.
»Sitzen Sie auf; Sie werden dann weniger aufgeregt sein.«
Wronski sah sich zum letzten Male nach seinen Gegnern um. Er wußte, daß er sie während des Reitens selbst nicht
mehr sehen werde. Zwei von ihnen waren schon zum Startplatz vorausgeritten. Wronskis Freund Galzin, ein
gefährlicher Gegner, bewegte sich im Kreise um seinen braunen Hengst herum, der ihn nicht aufsitzen ließ. Dort
galoppierte ein kleiner Leibhusar in engen Reithosen, wie eine Katze zusammengekrümmt auf der Kruppe sitzend, die
Engländer nachahmend. Fürst Kusowlew saß ganz blaß auf seiner Vollblutstute aus dem Grabower Gestüt, die ein
Engländer am Zaume führte. Wronski und alle seine Kameraden kannten Kusowlew und seine Besonderheiten: seine
»schwachen Nerven« und seinen ungeheueren Ehrgeiz. Sie wußten, daß er sich vor allem möglichen fürchtete, daß er
sich davor fürchtete, ein gewöhnliches Dienstpferd zu reiten; aber jetzt, gerade weil es wirklich gefährlich war,
gerade weil sich die Leute dabei die Hälse brachen und bei jedem Hindernisse ein Arzt, ein Krankenwagen mit
aufgenähtem Kreuz und eine Barmherzige Schwester standen, jetzt hatte er sich entschlossen, das Rennen mitzureiten.
Ihre Blicke trafen sich, und Wronski nickte ihm freundlich und beifällig zu. Nur einen sah er nicht: seinen
Hauptgegner Machotin auf dem Gladiator.
»Überhasten Sie sich nicht beim Reiten«, sagte Cord zu Wronski, »und beobachten Sie eines: Halten Sie sie bei
den
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