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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Dussot geradenwegs auf sein
    Zimmer, ließ sich ein Abendessen dorthin bringen, kleidete sich dann aus und hatte den Kopf kaum auf das Kissen
    gelegt, als er auch schon in festen Schlaf versank.

17
    Am anderen Morgen um elf Uhr fuhr Wronski nach dem Bahnhofe der Petersburger Eisenbahn, um seine Mutter
    abzuholen, und der erste, den er auf den Stufen der großen Treppe traf, war Oblonski, der mit demselben Zuge seine
    Schwester erwartete.
    »Ah, Euer Erlaucht!« rief Oblonski. »Wen erwartest du denn?«
    »Ich erwarte meine Mutter«, antwortete Wronski und lächelte, wie eben alle Leute zu lächeln pflegten, die mit
    Oblonski zusammentrafen; er drückte ihm die Hand und ging mit ihm zusammen weiter die Treppe hinauf. »Sie muß mit
    diesem Zuge aus Petersburg eintreffen.«
    »Bis zwei Uhr habe ich in dieser Nacht auf dich gewartet. Wo bist du denn von Schtscherbazkis hingefahren?«
    »Nach Hause«, erwiderte Wronski. »Offen gestanden, ich war gestern nach dem Besuche bei Schtscherbazkis in so
    vergnügter Stimmung, daß ich keine Lust hatte, noch anderswohin zu fahren.«
    »Am gebrannten Mal erseh ich,
    Ob von edler Art ein Roß;
    An des Jünglings Aug erspäh ich,
    Ob ins Herz ihn Amor schoß«,
    deklamierte Stepan Arkadjewitsch, geradeso wie tags zuvor bei dem Zusammensein mit Ljewin.
    Wronski lächelte dazu mit einer Miene, als wollte er das nicht gerade ableugnen, ging aber sofort zu einem
    anderen Gegenstande über.
    »Und wen willst du denn abholen?« fragte er.
    »Ich? Eine sehr hübsche Frau«, erwiderte Oblonski.
    »Ei, sieh mal!«
    »Honny soit qui mal y pense 1 ! Meine Schwester
    Anna.«
    »Ah so! Das ist Frau Karenina?« fragte Wronski.
    »Du kennst sie doch?«
    »Ich glaube wohl. Oder doch nicht? – Ich besinne mich wirklich nicht«, antwortete Wronski zerstreut; der Name
    Karenina rief bei ihm eine dunkle Vorstellung von etwas Pedantischem, Langweiligem hervor.
    »Aber meinen berühmten Schwager Alexei Alexandrowitsch wirst du doch sicherlich kennen. Den kennt ja die ganze
    Welt.«
    »Ja, das heißt, ich kenne ihn par renommée 2 und
    von Ansehen. Ich weiß, daß er ein kluger, gelehrter Mann, so etwas ganz Großartiges ist. Aber du weißt, dergleichen
    ist nicht in meiner – not in my line 3 «, versetzte
    Wronski.
    »Ja, er ist ein sehr bedeutender Mensch; ein bißchen sehr konservativ, aber ein prächtiger Mensch«, bemerkte
    Stepan Arkadjewitsch, »ein ganz prächtiger Mensch.«
    »Nun, das ist ja schön für ihn«, sagte Wronski lächelnd. »Ah, du bist ja auch hier!« wandte er sich an den alten
    Diener seiner Mutter, einen Mann von großer Gestalt, der an der Tür stand. »Komm nur mit hinein!«
    Wronski fühlte sich in der letzten Zeit – ganz abgesehen von der Anziehungskraft, die Oblonskis sympathisches
    Wesen auf alle Leute ausübte – zu ihm auch deshalb hingezogen, weil er immer in ihm Kittys Schwager sah.
    »Nun, wie steht's? Werden wir nächsten Sonntag das Souper zu Ehren der Diva zustande bringen?« fragte er ihn
    lächelnd und faßte ihn unter den Arm.
    »Unzweifelhaft. Ich sammle Unterschriften dazu. – Da fällt mir ein: hast du gestern meinen Freund Ljewin
    kennengelernt?« fragte Stepan Arkadjewitsch.
    »Gewiß. Aber er ging sehr früh fort.«
    »Ein ganzer Prachtkerl«, fuhr Oblonski fort. »Nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Wronski, »woher das kommt, daß alle Moskauer – die, mit denen ich jedesmal rede,
    selbstverständlich ausgenommen«, schob er scherzend ein – »eine eigentümliche Schroffheit an sich haben. Es ist
    immer, als ob sie sich auf die Hinterbeine stellten, als ob sie sich ärgerten und es einem gehörig geben
    wollten.«
    »Ja, so ist es, wahrhaftig, das stimmt«, erwiderte Stepan Arkadjewitsch heiter lachend.
    »Nun, kommt der Zug bald?« wandte sich Wronski an einen Bahnbeamten.
    »Er ist schon gemeldet«, antwortete dieser.
    Das Herannahen des Zuges machte sich durch mancherlei Anzeichen immer mehr bemerkbar: Bahnbeamte waren in
    eifriger Bewegung, um die Vorbereitungen zu seinem Empfange zu treffen, Gepäckträger liefen hierhin und dorthin, es
    erschienen Gendarmen und die höheren Stationsbeamten, es fand sich ein zahlreiches Publikum ein, um Ankommende
    abzuholen. Durch den Kältedunst hindurch sah man Arbeiter in kurzen Pelzen und weichen Filzstiefeln über die
    Schienen der sich mannigfach miteinander verschlingenden Gleise laufen. Man hörte das Pfeifen einer Lokomotive auf
    einem vom Bahnsteige weiter ab liegenden Gleise und wie

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