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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Frau des Gesandten.
    Das Gespräch hatte so harmlos begonnen; aber ebendeshalb, weil es allzu harmlos war, stockte es wieder. Man
    mußte zu dem sichersten, nie versagenden Mittel seine Zuflucht nehmen: zum Lästern.
    »Finden Sie nicht auch, daß Tuschkewitsch etwas an sich hat, was an Louis XV. erinnert?« fragte der Diplomat und
    deutete mit den Augen auf einen hübschen, blonden jungen Mann, der am Tische stand.
    »O ja! Er verrät denselben Stil wie dieser Salon; darum verkehrt er hier auch so viel.«
    Dieser Gesprächsstoff behauptete sich eine Weile, weil in derartigen Andeutungen gerade über einen Punkt
    gesprochen wurde, über den man in diesem Salon nicht hätte reden dürfen, nämlich über Tuschkewitschs Beziehungen
    zur Frau vom Hause.
    In der Gruppe, die den Samowar und die Frau vom Hause umgab, hatte unterdessen das Gespräch gleichfalls zwischen
    den drei unvermeidlichen Stoffen gewechselt: dem letzten Ereignis, das sich in den vornehmen Kreisen begeben hatte,
    dem Theater und dem Bekritteln des lieben Nächsten, und auch da blieb es, nachdem es zu dem letztgenannten Thema
    gelangt war, bei diesem stehen, nämlich bei der Verlästerung.
    »Haben Sie schon gehört, die Maltischtschewa – wohlgemerkt: nicht die Tochter, sondern die Mutter – läßt sich
    ein Kostüm diable rose anfertigen!«
    »Nicht möglich! Nein, das ist ja ausgezeichnet!«
    »Ich muß mich nur wundern, daß sie mit ihrem Verstande – denn dumm ist sie ja nicht – nicht einsieht, wie
    lächerlich sie sich macht.«
    Ein jeder hatte etwas zur Verdammung und Verspottung der unglücklichen Frau Maltischtschewa beizusteuern, und
    das Gespräch kam in munteres Prasseln und Knattern wie ein in Brand gesetzter Holzstoß.
    Der Gatte der Fürstin Betsy, ein gutmütiger, dicker Herr, leidenschaftlicher Sammler von Kupferstichen, hatte
    gehört, daß seine Frau Gäste hatte, und kam nun in den Salon, bevor er in seinen Klub fuhr. Unhörbar trat er auf
    dem weichen Teppich zu der Fürstin Mjachkaja heran.
    »Nun, wie hat Ihnen die Nilsson gefallen?« fragte er.
    »Ach, wie kann man sich nur so heranschleichen! Wie haben Sie mich erschreckt!« antwortete sie. »Bitte, reden
    Sie mit mir nicht von der Oper; Sie verstehen ja doch nichts von Musik. Lieber will ich mich zu Ihnen herablassen
    und mit Ihnen von Ihren Majoliken und Kupferstichen sprechen. Nun, was für ein Kleinod haben Sie denn zuletzt auf
    dem Trödelmarkte erstanden?«
    »Wenn Sie es wünschen, will ich es Ihnen zeigen. Aber Sie sind ja keine Kennerin.«
    »Nun, zeigen Sie nur! Ich habe mir einige Kenntnisse angeeignet, bei diesen Leuten ... wie heißen sie doch nur
    gleich ... er ist Bankier ... die haben wundervolle Kupferstiche. Sie haben sie uns gezeigt.«
    »Ah, Sie sind bei Schützburgs gewesen?« fragte die Hausfrau vom Samowar herüber.
    »Jawohl, ma chère. Sie hatten meinen Mann und mich zum Diner eingeladen und sagten mir bei Tische, daß eine
    Sauce, die es gab, tausend Rubel gekostet habe«, erwiderte die Fürstin Mjachkaja mit lauter Stimme, da sie
    bemerkte, daß die ganze Gesellschaft ihr zuhörte. »Und dabei war es eine ganz scheußliche Sauce, so etwas Grünes.
    Wir mußten die Einladung erwidern, und da habe ich eine Sauce für fünfundachtzig Kopeken gemacht, und alle waren
    damit sehr zufrieden. Ich kann keine Saucen für tausend Rubel auf den Tisch bringen.«
    »Sie ist einzig!« sagte die Wirtin.
    »Bewundernswert!« fügte jemand hinzu.
    Der Erfolg, den die Fürstin Mjachkaja mit ihrem Reden hervorbrachte, war stets bedeutend und stets der gleiche,
    und das Geheimnis dieses Erfolges bestand darin, daß sie zwar manchmal etwas taktlos, wie eben jetzt, aber immer
    schlicht und einfach, mit Sinn und Vernunft redete. In der Gesellschaft, in der sie sich bewegte, brachten solche
    Äußerungen stets die Wirkung eines geistreichen Scherzes hervor. Die Fürstin Mjachkaja selbst konnte gar nicht
    begreifen, woher diese Wirkung kam; aber sie wußte, daß sie sie hervorrief, und nutzte dies aus.
    Da alle, während die Fürstin Mjachkaja sprach, ihr zugehört hatten und das Gespräch in der Gruppe um die Frau
    des Gesandten aufgehört hatte, so machte die Hausfrau einen Versuch, die ganze Gesellschaft zu einer einzigen
    Gruppe zusammenzuziehen, und wandte sich an die Frau des Gesandten:
    »Mögen Sie wirklich keinen Tee? Sie sollten sich zu uns herübersetzen.«
    »Nein, wir fühlen uns hier sehr wohl«, erwiderte die Frau des Gesandten lächelnd und fuhr in dem

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