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Anna Marx 9: Feuer bitte

Anna Marx 9: Feuer bitte

Titel: Anna Marx 9: Feuer bitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Grän
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meiner Wohnung. Fjodor sieht sie beifallheischend an: »Ja, das könnte er sein. Danke, und ich darf doch nachfragen?«
    Fjodor, in der Sonne von Annas Dankbarkeit, atmet tief ein. Warme Luft, vermischt mit Abgasen. Die Nacht ist schwarz mit Glühwürmchen, die wie Autos aussehen. »Du wirst ihn ölen müssen. Nur russische Verwandte erhalten kostenlose Auskunft.«
    »Ich weiß schon.« Sie hat kein Geld, aber das ist nichts Neues. Sie wird von Sibylle borgen müssen oder einen Bittgang zu ihrer Bank tun. Kleine Schuldner werden wie Ungeziefer behandelt, sie hasst schon den Gedanken daran. Sie schiebt ihn weg. David war also die ganze Zeit über in Berlin: Das kann bedeuten, dass er seinen Bruder getroffen hat. Sie ist fast sicher, dass es so war. Und warum ist er gestern abgereist, einen Tag bevor Martin ermordet wurde? Anna korrigiert sich: David Liebling alias Richard Gore checkte aus dem »Adlon« aus, das muss noch lange nicht heißen, dass er aus Berlin weg ist. Was zur nächsten Hypothese führt: einer letzten, tödlichen Begegnung der Brüder in ihrer Wohnung. Nein, das will sie nicht glauben. Kain und Abel, das ist ein so alter Hut. Und warum weint sie jetzt, verdammt?
    Fjodor räuspert sich und zieht ein großes, weißes Taschentuch aus seiner Brusttasche. »Du bist wie ein kleiner Vogel in einem großen, stinkenden Kuhfladen. Scheiß auf die Kühe, Anna …«
    Als er den Arm um sie legt, beginnen beide zu lachen. Es ist nicht laut genug, die Geräusche der Welt zu übertönen, doch für den Augenblick genügt es ihnen.

16. Kapitel
    Die belgische Polizei hat Lieblings Büro und Wohnung mit großer Nachlässigkeit durchsucht und ein Chaos hinterlassen, das Alicia dazu bringt, lauthals zu fluchen. Ihre Augen sind unverändert rot seit zwei Tagen, und Bruno Laurenz findet, dass sie wie eine Albinomaus aussieht. Sie ist keine Witwe, um Gottes willen, sondern nur eine Sekretärin, die ihren Chef verloren hat. Bruno denkt, dass sie übertreibt, doch er wird sie noch brauchen und hütet sich deshalb, sie anders als mit trauerumflorter Stimme anzusprechen.
    Der König ist tot, es lebe … die Hinterlassenschaft des Martin Liebling, von deren Wert die dummen Polizisten natürlich keine Ahnung haben. Der Fall eines Deutschen, der in Brüssel sein Geld verdiente und in Berlin verstarb, interessiert sie ohnehin nur am Rande. Sie tun ihre Pflicht im Rahmen des Rechtshilfeabkommens, und dafür werden sie – wie in allen anderen Fällen – schlecht bezahlt. Aus ihrer Sicht sitzen die Bonzen im europäischen Viertel, im Vatikanstaat Brüssels. Die Europaabgeordneten genießen diplomatische Immunität, und die Polizei hat genug zu tun mit den Dieben und Räubern, die die Stadt unsicher machen, mit den Junkies und Dealern und Pornographen, dem korrupten Gesindel im Immobiliengeschäft und allen, die auf der Suche nach dem großen und kleinen Geld vom steinigen Pfad der Legalität abweichen.
    Bruno Laurenz ist, wie könnte es anders sein, in die Fußstapfen seines Meisters getreten. Ein bisschen groß erscheinen sie ihm noch. Es ist wichtig, Alicia auf seiner Seite zu wissen. Sie war länger bei Liebling als er. Sie war, so vermutet er zumindest, die intime Vertraute des Chefs, vermutlich auch in sexueller Hinsicht. Alicia sortiert die Akten, die von den Spürhunden durcheinander gebracht wurden. Schnieft ab und zu und tupft sich die Augenränder mit einem herzförmigen Taschentuch. Ein sentimentales Herzchen, das den Mittelpunkt seiner Welt verloren hat. Sie hat ihn doch tatsächlich gefragt, wo er an dem Vormittag war, als Liebling zu Tode kam.
    Er hat den Termin bei einem wichtigen Klienten wahrgenommen, weil der Chef ja verschwunden war, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Das hat er Alicia gesagt und auch dem Polizisten, der mehr aus Routine fragte denn aus professioneller Neugierde.
    »Und wo warst du, Süße?«
    Alicia zuckt zusammen und wirft Bruno einen mörderischen Blick zu. »Süße« ist ein Wort, das Martin vorbehalten war. Bruno hat kein Recht, sie so zu nennen. Bildet er sich etwa ein, dass er Martins Erbschaft antreten kann – in allem, was zählt?
    »Ich war im Büro, wo sonst? Und meide in Zukunft sexistische Ausdrücke. Ich mag das nicht. Wenn ich mit den Akten durch bin, fliege ich übrigens nach Berlin. Ich habe es der Kommissarin versprochen.«
    »Warum kommt sie nicht nach Brüssel?«
    »Frau Kroll hat Flugangst. Und mir macht es nichts aus: Weil ich alles tun würde, um dieses abscheuliche

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