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Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Titel: Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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Nein. Er hat nichts getan, als in die ewig gleiche Kerbe zu schlagen. Er hat mich ermahnt, ich würde eine Lüge leben, und mir prophezeit, dass ich schon bald in den Schoß der Familie zurückkriechen würde.
    Ich glaube wirklich, dass Frey überreagiert.
    Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Mom erwartet mich erst später. Ich könnte auf der Terrasse vor unserem Büro weiterlesen. Wenn Glorias Anwalt mir dann die Berichte faxt, kann ich sie mir sofort ansehen und entscheiden, was ich als Nächstes tun soll.
    David und ich haben ein Büro am Pacific Coast Highway, ganz in der Nähe des Seaport Village.
    Unser Geschäft, die Beibringung von Kautionsflüchtigen – sprich: wir sind Kopfgeldjäger –, boomt seit gut einem Jahr. Das ist die perfekte Berufswahl für uns zwei Adrenalinjunkies. David ist ein ehemaliger Football-Profi, der die Aussicht nicht ertragen konnte, nach Beendigung seiner Karriere Gebrauchtwagenhändler oder Sportreporter zu werden. Ich war eine Lehrerin, die kein einziges weiteres Jahr pubertärer Psychokrisen ertragen wollte.
    Meine Eltern verstehen meinen radikalen Berufs-wechsel immer noch nicht. Sie haben die kleine Wilde nie erkannt, die den Lehrerberuf nur ihrer Mutter zuliebe ergriffen hat. Als Lehrerin war ich von Anfang an nicht glücklich. Als ich anfing, das Klassenzimmer an sich noch mehr zu hassen als ein paar meiner Schüler, wusste ich, dass ich aufhören musste. Dann lernte ich David beim Kickboxen kennen, und als ich mir seine Geschichten über die Kopfgeldjagd anhörte, war das, als öffnete sich eine Tür in eine andere Welt. Ich musste seine massigen eins fünfundneunzig nur ein paarmal auf den Rücken knallen, um ihn davon zu überzeugen, mich als Partnerin mit einsteigen zu lassen.
    Das war vor fast vier Jahren.
    Bevor ich zum Vampir wurde.
    Ich schließe die Tür auf und betrete das leere Büro.
    Ich vermisse David. Unser Verhältnis ist zwar nicht mehr dasselbe, seit ein abtrünniger Vampir mich angriff und verwandelte, aber uns eint immer noch – was eigentlich? Die Liebe zur Jagd. Die Freiheit. Wir beide schätzen den Lebensstil, den ein gutes Einkommen einem ermöglicht. Jetzt, da Gloria bald nur noch eine bittere Erinnerung und kein ständiger Streitpunkt mehr sein wird, können wir beide vielleicht wieder richtig Spaß haben.
    Ja. Spaß, bei dem man nichts essen muss, bei dem niemand merkt, wie stark und schnell ich geworden bin, und der sich fernab verspiegelter Bars oder spiegelnder Fenster abspielt.
    Nicht sonderlich wahrscheinlich.
    Ich kann nur hoffen, dass seine nächste Freundin es zumindest nicht zu ihrer Mission erklärt, mich aus seinem Leben zu entfernen. Gloria hat es weiß Gott versucht.
    Ich gehe zur Schiebetür und öffne sie. Die Terrasse zieht sich über die gesamte Breite des Büros und hängt über der Bucht. Der Himmel darüber ist tief-blau, das Wasser darunter aufgewühlt und mit weißem Schaum gekrönt.
    Wir haben das Büro an der Ecke. Der Nachbar links, ein Immobilienmakler, hat auf seiner Terrasse Lichterketten aufgehängt und in der Mitte einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Auch seine Schiebetür ist offen, und Adventslieder hallen nicht allzu still heraus. Ausnahmsweise einmal stört mich das nicht. Ausnahmsweise, glaube ich, würde ich jetzt nicht mit David streiten, weil er einen eigenen Baum auf unserer Terrasse haben will. Sofern er vor Weihnachten zurückkommt.
    Ich lehne mich ans Geländer und entspanne für ein paar Minuten. Da meine Körpertemperatur viel, viel tiefer liegt als die eines Menschen und sich die Luft auf meiner Haut leicht warm anfühlt, müssten wir knapp zwanzig Grad haben. Es ist ein klarer herrlicher Dezembertag.
    Freys Buch ruft nach mir. Nicht buchstäblich, aber es würde mich nicht wundern, wenn es auch dazu fähig wäre. Ich hole es vom Schreibtisch, schiebe meinen Schreibtischstuhl hinaus auf die Terrasse und mache es mir bequem.
    Schauen wir mal, Kapitel zwei. Ich blättere vor. Ich überfliege den Text, merke mir die wichtigen Punkte und verwerfe den Rest.
    Wenn ein Mensch von einem Werwolf gebissen wird, erfährt er keine drastische Veränderung.
    Nicht sofort. Er oder sie wird in den Wald gebracht und von seinem »Meister« ohne Waffe oder Essen dort zurückgelassen. Er bekommt die Aufgabe, sich einen Gürtel aus Wolfsfell zu beschaffen. Diesen Gürtel muss er innerhalb von zwei Wochen oder vor dem nächsten Vollmond haben, falls dieser früher ist. Wenn er in dieser Zeit keinen Wolf tötet, stirbt

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