Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
Suite leert sich nach und nach, bis ich als Einzige zurückbleibe.
Ich blicke mich in dem Chaos um, greife zum Telefon und rufe beim Housekeeping an. Was auch immer sie den Zimmermädchen hier bezahlen, es reicht bei weitem nicht.
Kapitel 40
Während ich auf die Zimmermädchen warte, sammele ich Glorias Schmuckkoffer und Handtasche ein und stecke sie in eine Louis-Vuitton-Stofftasche, die ich im Kleiderschrank finde. Ich werde ihr die Sachen morgen ins Krankenhaus bringen, wenn ich sie besuche.
Morgen. Wenn sie ihr erlauben, nach Hause zu gehen, wer soll dann den Babysitter spielen? Ich ganz bestimmt nicht. Sowenig mir der Gedanke gefällt, ich fürchte, es ist an der Zeit, denjenigen zu Hilfe zu holen, der mir das alles eingebrockt hat. David.
Er hat Gloria in unser Leben geholt. So ungern ich die beiden wieder zusammen sehen möchte, ich weiß einfach nicht, wen ich sonst fragen könnte.
Bei dem Gedanken werde ich kribbelig vor Ärger, aber David ist derjenige, der angerannt kam, als Gloria nur mit dem kleinen Finger gewunken hat.
Er ist derjenige, der die Tatsache verheimlicht hat, dass er ihr die ganze Zeit über hinterhertelefoniert hat, während ich so lieb und mitfühlend war, weil ich ihm ansehen konnte, wie schrecklich er sie vermisste. Gloria wird ihren Teil der Abmachung erfüllen. Ich werde David haargenau erzählen, was ich tue und warum. Aber erst einmal kann er verdammt noch mal einen Teil der Verantwortung übernehmen und sich um sie kümmern.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist halb zwölf. Früh genug, um nach einem Ausflug zu seiner Hütte noch rechtzeitig zu meinem Einbruchstermin bei den O’Sullivans zu erscheinen. Wenn David an sein verdammtes Telefon gehen würde, bräuchte ich überhaupt nicht da hinaus zu fahren, aber es ist wohl besser, persönlich mit ihm zu sprechen. Wenn er mir Ärger macht, schleife ich ihn an den Haaren zurück in die Stadt.
Ich lasse ein letztes Mal den Blick durch Glorias Schlafzimmer schweifen und überlege, ob ich sonst noch etwas mitnehmen sollte. Ich öffne die Schubladen der Nachtschränkchen und schaue nach Schmuckstücken, Handys oder Bargeld. Ich finde nichts von alledem, aber drei Telefonnachrichtenzettel des Hotels. Die drei, die sie gestern hat verschwinden lassen?
Die erste Nachricht ist von ihrem Agenten. Ich frage mich, wie so eine Verhaftung sich auf den eigenen Marktwert auswirkt. Die zweite und dritte sind von Jason. Mit dem Vermerk »eilig«. Datum von gestern. Hat sie ihn zurückgerufen?
Die eintretenden Zimmermädchen reißen mich aus meinen Gedanken, und ich verabschiede mich. In der Lobby drängen sich immer noch Reporter und Hotelgäste, die der Rummel angezogen hat. Ich glaube, bis jetzt wusste niemand, wo Gloria abgestiegen war. Jetzt weiß es die ganze Welt.
Ich verlasse das Hotel durch den Hinterausgang und marschiere zu meinem Auto. Ich bin noch fünfzehn Meter davon entfernt, als ich sie entdecke.
Tamara. Sandras muskulöse Werwolf-Freundin. Die auf der Motorhaube meines Wagens sitzt.
Sie trägt Lederkleidung, und selbst aus dieser Entfernung kann ich die langen, dünnen Kratzer erkennen, die die Nieten an dieser Lederhose im Lack hinterlassen haben, als sie sich rücklings die Motorhaube hochgestemmt hat. Weißglühende Wut schießt an meiner Wirbelsäule empor. Sie ist Sandras Freundin, und sie hat mein Auto zerkratzt. Ich weiß nicht recht, was davon mich wütender macht.
Ich bewege mich so schnell, dass sie mich gar nicht kommen sieht. Ich packe sie unter den Armen, hebe sie von meiner Motorhaube, wirbele herum und lasse sie auf den Bürgersteig fallen. Sie gibt ein kurzes, erschrockenes Jaulen von sich, als ihr Hintern auf den Beton knallt. Sie prallt mit einem kleinen Hüpfer hoch wie ein übergroßer, dämlicher Schaumstoffball.
Zwei Jungs fahren auf der anderen Straßenseite Skateboard. Einer hebt grüßend die Faust. »Das war geil, Mann!«, ruft er.
Ja. Geil.
Ich wende den Blick nicht von Tamaras Gesicht. Wenn sie hier ist, wo ist dann Sandra? Mein Puls rast, die Sinne sind in höchster Alarmbereitschaft. In einem Moment blinder Wut übernimmt der Vampir in mir die Kontrolle.
Ich sehe mich um.
Tamara rappelt sich taumelnd auf und bringt sich hastig rückwärts aus meiner Reichweite. Der Sturz hat ihr den Atem verschlagen. Sie legt eine Hand an die Kehle und eine an die Brust. Mit verzerrtem Gesicht japst sie nach Luft.
Ich warte. Ich zittere ebenso sehr wie Tamara. Die unkontrollierbare Panik von
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