Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
Vampiren. Sophie ist still geworden. Kurz bevor wir die Tür erreichen, sagt sie: »Ich möchte mich gern um die Vampirinnen kümmern, die meine Schwester missbraucht hat.«
Das Angebot kommt völlig unerwartet. »Sie werden gut versorgt.«
»Sie sind anders, nicht wahr? Sie sind nicht wie du und Deveraux.«
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es eigentlich gar nicht. Vielleicht ist Deveraux irgendetwas aufgefallen, als du uns von ihnen erzählt hast. Ich möchte sie nach Denver mitnehmen.«
Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr. Mitternacht. »Jetzt ist es zu spät, um zu der Zuflucht zu fahren. Du kannst heute bei mir übernachten, und ich bringe dich morgen früh hin.«
Sie streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und späht in die Bar hinein. »Ich glaube, ich bleibe lieber hier«, entgegnet sie. »Ich möchte die Wüste genießen, solange ich Gelegenheit dazu habe. Meinst du, Culebra würde mich hier übernachten lassen?«
Ich lache. »Nach dem, was du heute Nachmittag für ihn getan hast? Er würde dich nicht nur hier übernachten lassen, er würde dir sein erstgeborenes Kind schenken.«
Doch ehe wir hineingehen, lege ich Sophie die Hand auf den Arm. »Ich will aufrichtig zu dir sein, Sophie. Williams ist nicht der Einzige, der sich nach wie vor Sorgen wegen Burke macht. Ich weiß nicht, ob ich je Ruhe finde, ehe wir zu Ende gebracht haben, was heute begonnen hat. Solange Burke noch atmet, ist sie eine Gefahr.«
Kapitel 52
Die Party ist immer noch in vollem Gange, als wir die Bar betreten. Sophie lässt mich allein zu den anderen gehen, denn meine letzten Worte haben den Funken der Freundschaft gedämpft, die sich zwischen uns angebahnt hatte. Das tut mir leid – ich habe wenige Freunde, und ich mag Sophie. Aber es tut mir nicht leid, dass ich ehrlich war. Ich will Burke nicht nur außer Gefecht gesetzt sehen, sondern tot.
Die Erschöpfung wendet meine Gedanken in Richtung zu Hause und Bett. Als wir wieder in der Bar sind, fällt mir erst auf, dass ich gar nicht weiß, wie ich nach Hause kommen soll – Williams ist mit dem Auto weggefahren. Culebra sorgt dafür, dass einer seiner Gäste Frey und mich nach San Diego fährt. Sie ist eine Sterbliche, ein Wirt, und zum Glück schwatzt sie unentwegt, so dass Frey und ich nur nicken und hin und wieder zustimmend brummen müssen.
Die Müdigkeit senkt sich auf meine Schultern herab wie ein schweres Kettenhemd. Ich kann gar nicht glauben, was alles in nur vierundzwanzig Stunden geschehen ist. Der Brand und Ortiz’ Tod. Die Jagd nach Jason Shelton und sein Ende. Der Besuch bei Sophie. Das Ritual, mit dem sie Culebra gerettet hat. Ich frage mich, wohin Williams verschwunden sein mag. Ist er nach Hause gefahren? Ist er in den Park zurückgekehrt, um seine Hexen auf Burke anzusetzen? Einen weiteren Lokalisierungszauber zu versuchen? Wenn sie so schwach ist, wie Sophie behauptet, ist sie womöglich leichter zu finden. Was wird passieren, wenn er sie tatsächlich aufspürt? Ich werde ihn gleich morgen früh anrufen und es herausfinden.
Frey setzen wir als Ersten ab. Er nimmt seine große Tasche vom Rücksitz und steigt ein wenig langsamer aus, als er vor drei Tagen in mein Auto eingestiegen ist. Wenn ich schon so müde bin, geht mir auf, muss er völlig am Ende sein, wenn man bedenkt, was er durchgemacht hat.
Ich steige mit ihm aus und küsse ihn zum Abschied auf die Wange. »Danke noch mal.«
Er lächelt ein müdes, aber wölfisches Grinsen und legt die Finger auf meine. »Lassen wir das nicht zur Gewohnheit werden, ja?«
»Ich hoffe, das hast du Culebra auch gesagt.«
»Glaub mir, das habe ich.« Er gibt seinen Zugangscode für das Sicherheitstor der Wohnanlage ein und geht durch. »Ich werde vermutlich eine Woche lang schlafen«, ruft er über die Schulter zurück und winkt halbherzig, ehe er den Weg entlang davongeht.
Ich steige wieder ins Auto. Unsere Fahrerin, jung, begeistert und unendlich neugierig auf Frey und mich, beginnt mir Löcher in den Bauch zu fragen.
Sie will wissen, was heute Abend in diesem Hinterzimmer passiert ist. Sie erzählt mir, dass Gerüchte aufkamen, sobald Culebra mit uns dreien im Schlepptau in der Bar erschien. Stimmt es, dass er von einer Hexe entführt wurde? Dass er auf irgendeiner Astralebene gefangen gehalten wurde und wir mit einem Raumschiff dorthin gereist sind, um ihn zu retten? Dass wir jetzt zu einer übernatürlichen SuperheldenTruppe gehören, die zu Einsätzen auf der ganzen Welt gerufen wird, um
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