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Anna und Anna (German Edition)

Anna und Anna (German Edition)

Titel: Anna und Anna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Inden
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Wägelchen, ich mit meinem Stock.
    »Du musst dir vorstellen, wir sind auf Beutezug«, sagte Anna, als wir den Rosensteg entlangliefen. Schlichen. Krochen. Es fiel mir unfassbar schwer.
    »Ja«, Anna erwärmte sich für die Idee. »Wir haben eine spanische Galeere gekapert und gejubelt, weil sie voller Gold war. Aber das ganze Gold wiegt so viel, dass wir es kaum tragen können.«
    »Geld allein macht eben auch nicht glücklich«, sagte ich und legte eine kleine Pause ein mitten auf dem Gehweg.
    »Nicht?« Anna umrundete mich zwei Mal mit ihrem Wagen, dann gingen wir weiter. »Also, mich würde es glücklicher machen. Ich könnte mir davon ein neues Ticket nach Amsterdam kaufen. Nein, zwei Tickets, du müsstest natürlich mitfahren.«
    »Natürlich«, sagte ich und war gerührt.
    Noch gerührter war ich, als Anna mich beim Supermarkt fragte: »Willst du draußen warten?«
    Ich schnaubte. »Meinst du etwa, ich lasse die Gelegenheit verstreichen, Pralinen zu kaufen?«
    »Oma, du sollst doch nichts Süßes essen«, sagte Anna tadelnd.
    »Ja, ja«, sagte ich. »Welche Kekse magst du am liebsten? Ich wage zu behaupten, es sind nicht die Vollkorndinger, die deine Mutter immer anbietet.«
    Loyal wie Anna ist, sagte sie dazu nichts. Sie zeigte mir aber drinnen die richtige Regalreihe. Während ich staunend feststellte, dass es hier zwar jede Menge schokoladenüberzogenes Zeug gab, aber keine Pralinen, die diese Bezeichnung tatsächlich verdienten, rief sie: »Ich hole eben die Milch«, und bog um eine Ecke.
    Als Nächstes hörte ich, wie eine hohe Kinderstimme gedehnt sagte: »Oooh. Die Anna.« Nett klang das nicht.
    So schnell ich konnte, humpelte ich aus meinem Gang.
    Da stand Anna vor dem Kühlregal. Und um sie herum stand ein Haufen Kinder im Halbkreis.
    Ein unangenehm blasses Kerlchen führte das Wort. »Meine Mutter sagt, deine Oma hat nur noch ein Bein«, verkündete es.
    Anna durchforstete scheinbar ungerührt weiter die Vollmilchtüten nach denen mit dem spätesten Ablaufdatum. »Und?«
    Ein Mädchen mit schief gebundenen Rattenschwänzchen schnappte nach Luft. »Stimmt das etwa?«
    »Klar.«
    »Uuh. Wie gruselig!«
    »Wie hat sie es denn verloren?«, fragte der blasse Bengel.
    Das machte Anna böse. »Das geht euch ja wohl gar nichts an«, fauchte sie.
    »Dann ist es ein Geheimnis, wie?«
    »Jawohl«, sagte ich und hinkte heran. »Eigentlich müsste ich euch töten, wenn ich es euch verrate, aber ich will mal eine Ausnahme machen und nicht so sein.«
    Sieben Kinder starrten mir entgeistert entgegen.
    Ich senkte meine Stimme: »Schwere Kriegsverletzung.« Ich klopfte mit meinem Stock gegen mein linkes Hosenbein, sodass sie das Titan darunter hören konnten, und behauptete: »Ich habe alleine neunzehn Mann niedergemäht und dafür den Orden am Goldband für Tapferkeit vor dem Feind bekommen. Was sagt ihr nun?«
    Sie sagten nichts mehr, sondern standen nur mauloffen.
    Ich salutierte freundlich und hinkte mit hoch erhobenem Kopf und meiner Enkelin im Schlepptau zur Kasse.
    Diese sogenannten Pralinen habe ich dabei leider vergessen.
     

     
    Lieber Steuermann,
     
    diese Nachricht musst du verbrennen, sobald du sie gelesen hast. Sonst kommt der Offizier der Königin (Mama) und nimmt dir den Schatz weg.
    Heute in der großen Pause hat Marie-Louise Pralinen verteilt, sie hatte nämlich Geburtstag. Ich habe meine für dich aufgehoben. Sie schmeckt sicher tausendmal besser als Vollkornkekse.
    Glänzt das Papierchen nicht schön? Es ist bestimmt echt vergoldet.
     
    Ahoi!
    Dein Käptn
     

     
    Ahoi Käptn Bloom Barber!
     
    Das war knapp: Ich konnte den Goldschatz gerade noch in Sicherheit bringen (aufessen), bevor deine Mutter zur Tür hereinkam und darauf bestand, mein Bett neu zu beziehen. Über Schokolade auf meinem Kopfkissen hätte sie sich sicherlich gewundert.
    Weißt du, was wir brauchen? Einen toten Briefkasten!
    Ich mache mir mal Gedanken.
     
    Steuermann Bloom
     

     
    Ich habe als Kind nie über einen toten Briefkasten kommuniziert. Jetzt bin ich eine einbeinige alte Frau und tue es mit Begeisterung.
    Wir haben uns für die unterste Kommodenschublade im Flur entschieden, die so verzogen ist, dass sie knarrt, und so klemmt, dass sie außer uns niemand benutzt. Natürlich könnte jederzeit jemand vorbeikommen und uns ertappen: auf dem Weg ins Haus oder auf dem Weg aus dem Haus und auf der Suche nach seinen Gummistiefeln oder einem verloren gegangenen Handschuh. Deswegen ist dieses Versteck ja so ideal!
    Anna

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