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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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schön gelten könnte, verzog sich zu einer schmallippigen Fratze, die Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Wie zwei Haubitzen feuerten sie auf die Frau in Weiß etwas Grauenhaftes. ‚Du holst ihn her oder die Sache hat für dich ganz andere, nicht gerade rosige Konsequenzen!‘, schrie sie.
    Die Frau in Weiß bewegte langsam ihren Kopf von links nach rechts. ‘Nur über meine Leiche‘, sagte sie leise, aber bestimmt.
    Die Jüngere grinste, schritt auf sie zu und zischte giftig: ‘Das ist eine gute Idee! Darüber werde ich bei Gelegenheit nachdenken.‘
    Die Ältere stand gerade vor ihr, schaute sie traurig an und schwieg.
    Die kleine Frau lehnte sich dann zurück und lachte ein seltsames Lachen. Das war laut und tief. Ich konnte kaum glauben, dass es von so einer zierlichen Frau kam. Dieses Lachen hallte so lange in dem leeren Zimmer, bis es dann zusammen mit den Bildern verschwand.
    Mein Kopf drehte sich. Die Wände und Fenster, alles machte ihre schwindelerregenden Runden um mich, erst langsam, dann aber immer schneller. Mir wurde schlecht. Der Magen spielte verrückt, er gab alles her, was er hatte. Ich musste so lange würgen, dass ich nicht mehr glaubte, dass es irgendwann mal aufhört. Dann stürzte die Schwärze und Stille über mich.“
    Ian schluckte, holte tief die Luft und schloss die Augen. Nach einer Weile blickte er auf und fuhr fort: „Ich wusste nicht mehr, wie lange ich dort lag. Ich wurde von so einem merkwürdigen Gefühl wach. Es kam mir vor, dass jemand mich beobachtete. In dem schwarzen Schlot des Kamins raschelte es. Ich machte die Augen ein klein wenig auf und dann ich sah es. Erst kam eine rote, an der Spitze zweigeteilte Zunge und verschwand rasch wieder. Dann raschelte es erneut. Ich sah einen flachen Kopf mit großen, gelben Augen, die sich nach links und rechts umguckten. Dann kam der lange, dicke, bläulich schimmernde Körper einer riesigen Schlange aus der Dunkelheit heraus.
    Sie bewegte sich leicht auf dem dreckigen Boden, als wenn sie den gar nicht berührte. Ihr Kopf kam immer näher. Ich machte die Augen wieder zu und dachte, ich spinne. Ich dachte, ich sah wieder etwas, was gar nicht da war. Dann war mir, als wenn die Riesenschlange mich am Arm ganz leicht berührte, so wie ein Hund einen mit der Schnauze anstupst, wenn er einen wecken will. Ich erstarrte und blieb so eine Weile liegen. Ich hätte eh nicht aufstehen können, die Beine und Arme fühlten sich an, als wenn sie aus Watte wären.
    Als ich später wieder aufblickte, war alles wie sonst: derselbe Verwesungsgeruch, derselbe Dreck überall und die Kälte, die mir in die Knochen kroch. Ich lag auf dem Boden vor dem Kamin. Die Riesenschlange war weg. Mir war nur, als wenn sich etwas in der Schwärze des Schlots kurz bewegte. Ich guckte genauer hin. Nichts. Dann stand ich langsam auf. Mein Kopf drehte sich. Ich wollte nur raus an die frische Luft. Raus aus diesem Irrenhaus. Und diesmal rannte ich so schnell, wie ich nur konnte, bis ich bei der Alten war, dort schlüpfte sofort in mein Zimmer und kroch unter die Decke.“
    „Nicht schlecht“, nickte Anna. „Und was sagte sie dazu? Hatte sie dich nicht vermisst?“
    Ian lächelte müde. „Sie war nicht da, als ich kam, obwohl es schon spät war. Ich konnte nicht schlafen. Die Bilder gingen mir ständig durch den Kopf. Alles war so lebendig, so nah. Die beiden Frauen standen mir vor Augen und wiederholten das Gesagte immer und immer wieder. Dann kam die Alte und fing an mit mir zu schimpfen. Am Ende schrie sie so laut und so lange, dass ich dachte, mir platzt gleich der Kopf. Ich konnte ihr alles auf der Welt versprechen, damit sie bloß aufhört zu schreien. ‚All diese Träumereien! All diese unnötigen Abenteuer!‘, kreischte sie. ‚Das bringt überhaupt nichts Gutes! Und das mit dem Alten Haus, das habe ich dir schon Tausende Male gesagt, du sollst es lassen! Hier, wo du jetzt bist, hier ist dein Leben! Hier gibt es nur die nackten Tatsachen! Eine gesunde Routine tagein, tagaus. Das hat Sinn und Zweck. Und es ist auch gut so!‘“
    Er atmete tief durch und setzte hinzu: „Sie hatte mir ein Versprechen abgenommen, dass ich mir all diesen Kram, wie sie es nannte, aus dem Kopf schlage, und zwar endgültig. Ich sollte wie die normalen Menschen um mich herum sein. Es gehörte sich so in dieser Welt, sagte sie.“
    Anna hockte sich vor ihm, legte ihre Hand auf seinen Arm, sah ihn mitfühlend an und sagte leise: „Verstehe. Und danach hattest du es aufgegeben.“
    Er

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