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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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bekommen.“ Er grinste gezwungen lässig und fuhr fort: „Der Chef spinnt. Da war mit einer Lieferung etwas nicht in Ordnung. Ich sagte zu ihm, ich habe nichts damit zu schaffen. Aber es ist ihm wurscht. Er lässt mich dafür bezahlen und zieht es mir von meinem Lohn ab, noch bevor ich mein Geld sehe.“
    „Was? Was höre ich da?“, schrie sie. „Hast du etwa geklaut?“ Sie hob ihre Hand und holte aus, als ob sie ihn ohrfeigen wollte.
    Er sah sie warnend von unter zusammengezogenen Brauen an und schob den Stuhl weiter zurück. „Nein. Mit Sicherheit nicht“, sagte er.
    Sie stützte ihre großen, knochigen Hände auf die Hüften und beugte sich zu ihm vor. „Aber warum ist dein Chef anderer Meinung?“
    „Keine Ahnung, was er für Probleme hat.“ Er kreuzte die Arme vor der Brust.
    „Diese paar Groschen, was du da Lohn nennst, werden kaum für den nächsten Monat reichen! Was glaubst du, wie das weitergehen soll?“
    „Wird schon irgendwie“, brummte er, setzte eine gleichgültige Miene auf und blickte zum Fenster hinaus.
    Ihr von Altersflecken überzogenes, faltiges Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. „Bist du blöd? Glaubst du etwa an Märchen?“, schrie sie noch lauter, ihre Augen schossen Blitze. „Ian, der Prinz, dem das Geld fürs Nichtstun vom Himmel tonnenweise in die Hände fällt. Das ist ja wohl das Letzte! Arbeiten muss man! Dann gibt es genug Geld für alles.“
    Der Bursche schob seinen Stuhl weiter von ihr weg. „Ich arbeite ja schon von morgens früh bis abends spät, was soll ich denn noch tun?“
    „Dann musst du auch nachts arbeiten!“ Ihre Stimme tönte noch ärgerlicher, der Speichel spritzte aus dem vor Wut verzerrten Mund. „Dann machst du wenigstens etwas Vernünftiges! Etwas, was Geld bringt! Von den Träumereien wird man nicht satt! Das ist wohl so auf dieser Welt! Sieh zu, dass du mehr Geld nach Hause bringst! Sonst wird es nix! Da landet man noch deinetwegen in der Gosse!“
    „Ob das so vernünftig ist?“, seufzte er und stand abrupt auf. „Man schuftet da wie ein Sklave tagein, tagaus, und was bekommt man dafür? Ein paar Groschen, die immer weniger werden?“ Er kickte den Stuhl unter den Tisch und schritt zum Ausgang.
    Die Alte schnappte das Geldbündel und schmiss es ihm hinterher.
    Die Eingangstür fiel aber einen Moment eher hinter ihm zu. Der Gummiring platzte vom Aufprall und die Scheine verteilten sich mit einem leisen Rascheln auf der Schwelle.
    Ein kühler Abend umarmte ihn. Er atmete die feuchte Luft tief ein und begann mit großen, eiligen Schritten den schmalen Pfad durch die Wiese herunterzulaufen. Die Worte der Alten hallten in seinem Kopf: „Glaubst du etwa an Märchen? Das ist ja wohl das Letzte!“
     
    Das Bild verschwand.
    „Uff!“, schnaubte Anna. „Die ist aber auch ein Geschenk Gottes!“
    „Sie ist auch eins“, hörte sie das Zischen hinter ihrem Rücken.
    Die junge Frau fuhr herum. Als sie Scharta sah, atmete sie erleichtert aus und lächelte zur Begrüßung: „Ich habe dich gar nicht kommen gehört!“
    „Das da im Buch war spannender“, erwiderte die Hüterin des Wissens und ordnete ihren langen Körper vor der Wand mit den Fackeln in langen Schleifen.
    „Du hast die Alte wohl auch gesehen. Sie ist vielleicht ein Prachtstück!“
    Die Schlange legte ihren Kopf in eine der Schalen mit bläulichem Feuer und schwieg.
    „Ich meine, sie sieht wie eine richtige Hexe aus“, setzte die Jungmagierin hinzu. „Früher gab es genug davon in der Oberwelt.“
    Scharta stellte das dünne Ende ihres langen Körpers wie eine Stütze vor sich auf, legte den Kopf darauf und sah sie aus gelben Telleraugen an, die heute deutlich müde wirkten. „Fällt dir übrigens etwas an dem Jungen auf?“
    Anna blickte unentschlossen, zuckte die Achsel und sagte: „Ein Menschenkind. Recht gewöhnlich und äußerst unspektakulär.“
    „Er sieht sich auch so. Und das ist der Trick.“
    „Wie meinst du das?“
    „Für ihn darf es nichts geben, was über die fünf Sinne hinausgeht und man mit einer recht einfach gestrickten Menschenlogik nicht erklären kann.“
    „Heißt das, so etwas wie die Andere Welt gibt es für ihn gar nicht?“
    „Der Junge ist gut versteckt. Und damit meine ich nicht nur einen Ort.“
    „Sondern?“
    „Er ist noch auf eine ganz andere Weise versteckt worden.“
    Die junge Frau starrte die Hüterin des Wissens fragend an.
    Diese blickte ausdruckslos auf sie herab und schwieg.
    „Jedenfalls, es ist kein Wunder,

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