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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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nicht.“
    „Solange der Drachenjunge, zu dem ich gehöre, lebt, tue ich das auch.“
    „Und was wäre, wenn nicht?“
    „Dann wäre ich zu Stein und Staub zerfallen.“
    Anna blickte ihn verwirrt an und fragte: „Kannst du es mir genauer erklären?“
    Der kleine Drache nickte. „Normalerweise, also in guten alten Zeiten wurde ein Drachenjunge oder ein Mädchen spätestens mit zwölf Jahren initiiert. Bis dahin hatten wir, also die kleinen Drachen, unsere Aufgabe zu erfüllen. Wir erzählten alles über die Familie, was die Kinder wissen mussten, um zu erfahren, woher sie kamen. So hatte das Kind eine solide Grundlage, zu verstehen, wer es war und zu entscheiden, welchen Weg es in seinem Leben einschlagen wollte. Seine Entscheidung zu diesen wichtigen Punkten behielten wir, wie eben erzählt, in unseren Augen.
    Die Einweihung der Jungdrachen war früher immer ein großes Fest, zu dem alle Oberweltler willkommen waren. Bei der Zeremonie zerfielen die kleinen Drachenfiguren, weil aus einem Kind ein junger Drache wurde. Der junge Erwachsene war dann soweit, seinen eigenen Weg zu gehen. Unsere Aufgabe war damit erfüllt. Die Augen wurden von den ältesten Frauen der Familie gesammelt und in die Familientruhe gelegt, wo oft einige solche Edelsteine lagen. Wenn ein Kind geboren wurde, fertigte jemand von den Erwachsenen, oft der Vater des Kindes, eine neue Drachenfigur aus Ton an. Die passenden Augen kamen aus der Familientruhe. Und solange ein Drachenjunge seinen Weg nicht gefunden hatte, war sein kleiner Drache immer für ihn da.“
    „Verstehe“, murmelte die Jungmagierin nachdenklich. „Dann läuft der Junge, zu dem du gehörst, noch irgendwo herum.“
    „So ist es.“
    „Weiß du denn, wo er ist?“
    „Er ist nicht hier, nicht in der Anderen Welt.“ Die Stimme des kleinen Drachen wurde mit jedem Wort leiser.
    „Ach ja? Wo denn dann?“
    „Ich weiß es nicht so genau. Vermutlich sollte man ihn unter den Menschen suchen. Wenn du mich etwas länger in dem blauen Feuer lässt, weiß ich möglicherweise mehr darüber. Es ist nicht mehr so einfach, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Er ist nicht mehr so, wie er früher war.“
    Sie sah ihn mitleidig an. „Du bist wohl müde.“
    „Ich muss herausfinden, wo er ist …“ Seine leise Stimme verstummte, die rosa Augen fielen zu.
    Anna schielte zur Schlange. Sie hatte sich zu mehreren Ringen zusammenrollt, ihren Kopf dazwischen versteckt. Der gleichmäßige Atem verriet, dass sie schlief.
    Das Buch des Wissens legte eine weitere Seite um und schrieb sich weiter.
    Sie brachte den kleinen Drachen in die Fackel mit dem bläulichen Feuer zurück. „Ich danke dir“, sagte sie leise. „Ich gehe jetzt nach Hause, ich muss nach Alphira sehen. Aber dann komme ich wieder. Ich hoffe, du weißt dann vielleicht, wo der Junge steckt, zu dem du gehörst.“
    Sie kroch durch den runden Durchlass und sprang herunter. Ihre Füße landeten auf dem harten Boden. Sie blickte in die Dunkelheit und eilte zum Haus zurück. Nach ein paar Durchgängen und Kurven hatte sie plötzlich den dringenden Wunsch, aus dieser kalten Schwärze herauszukommen. Ein ungutes Gefühl ließ sie immer schneller rennen. Der Tunnel kam ihr sehr lang vor und wollte einfach nicht enden.
    Anna atmete erleichtert auf, als sie die schwere Tür endlich aufstieß und auf die steile Treppe vor sich blickte. Sie hastete die Stufen hoch, bis sie völlig außer Atem oben im Wohnzimmer stand. Das schwache Licht kam ihr nun störend hell vor. Ihre Augen hatten sich so sehr an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie sie für eine Weile zu schmalen Schlitzen zukneifen musste. Ihr Blick fiel auf den alten Sessel. Er war leer. Die Mond- und Sternendecke lag ein Stück weiter auf dem Boden. Die warme Stola, in die Alphira ihren schmalen knochigen Rücken in der letzten Zeit jeden Tag einwickelte, sah sie auf der Schwelle zum Schlafzimmer liegen. Sie schnappte die beiden Sachen und stieß die Tür auf.
    Die Großmagierin lag in ihrem Bett, die alte Daunendecke bis zu den Schultern hochgezogen. Ihr langes Haar war wie ein weißer Fächer um ihren Kopf herum auf dem Kissen ausgebreitet. In der Höhe vom Scheitel steckte ein Kamm.
    Die Jungmagierin musterte ihn verblüfft. Er war reich mit grauen, funkelnden Edelsteinen bestückt, die sehr Diamanten ähnelten. Noch nie habe ich so etwas an Alphira gesehen . Ein kalter Schauer lief ihr auf einmal über den Rücken. Ihr Kopf drehte sich, die Knie wurden weich. Sie setzte sich rasch auf die

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