Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
aufgestiegen.
„Es tut mir leid, Charlton“, erwiderte Creedy, „Osborne ist wie eine Mistfliege. Wenn er einen großen Haufen Scheiße wittert, will er mit der Nase rein. Verzeihen Sie meinen Ausdruck, Mr. Meyers. Die Anzeige reichte meines Erachtens aus, um Ermittlungen auszulösen. Wenn wir das Verfahren an dieser Stelle einstellen, wird Osborne das an die große Glocke hängen und von Vetternwirtschaft und Gefälligkeiten Dir gegenüber faseln.“
„Das ist doch an den Haaren herbeigezogen, Jim. Von wegen Gefälligkeiten. Die Einstellung ist schlicht gesundem Ermittlerinstinkt geschuldet“, antwortete der Richter. „Wir müssen diesen Fall schnell und diskret beenden. Ich kann verstehen, dass irgendein Bürohengst im Büro des Staatsanwalts einen Fall wie diesen für seinen Boss ausschlachten will. Immerhin sind bald Wahlen. Aber einer von uns sollte einmal mit Harry Donahue persönlich sprechen und ihm klar machen, dass es hier keinen Fall gibt.“
Harry Donahue war der Bezirksstaatsanwalt von Plymouth County.
„Es wäre mir lieb, wenn ich hier nicht in Erscheinung treten würde“, fuhr der Richter fort, „Vielleicht willst Du mit ihm sprechen. Wenn das nicht ausreicht, muss ich ihm deutlich ins Gedächtnis rufen, dass Stanton und ich diejenigen sind, die in dieser Stadt über die verschiedensten Angelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich zu entscheiden haben und ihm weit mehr Steine in den Weg legen können, als er verdauen kann.“
„Beruhige Dich, Charlton. Ich werde das schon beenden. Ich werde mit Donahue sprechen, nachdem ich Deine Nichte befragt habe. Wenn Miss Annabell die Aussage von Mr. Meyers bestätigt, gibt es kein Verfahren mehr. Es gibt keinen Grund, weiter zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft und Osborne werden sich damit abfinden müssen.“
“Wenn Du meinst, dass das erforderlich ist”, entgegnete der Richter betont gekränkt. Dann wurde sein Ton eisig: „Aber bring es bald zu Ende. Und leg Osborne einen Maulkorb um. Ich will keinen Skandal.“
75. Kapitel
Als der Richter mich zu Hause absetzte, kam Annabell mir von der Tür her entgegen.
„Ethan, um Himmels willen. Was war denn los? Was wollte die Polizei von Dir?“ fragte sie aufgeregt. Sie sah besorgt aus.
„Ich erzähl es Dir im Haus“, antwortete ich und schob sie zum Eingang. Ich wollte vermeiden, dass der Richter ihr Gesicht sah, wenn ich ihr berichtete. Wir wunken daher Rutherford schweigend zum Abschied und warteten solange, bis sein Wagen außer Sicht war.
Ich hatte allen Grund, den Richter nicht ins Vertrauen zu ziehen. So sehr er mich vor dem Captain auch verteidigt hatte, auf dem Nachhauseweg hatte er mich argwöhnisch ins Gebet genommen: Wie die Polizei zu diesen Anschuldigungen komme? Es müsse doch irgendeinen Anlass geben.
Ich hatte selbstverständlich alles abgestritten.
„Es muss an diesen Nattern beim Staatsanwalt liegen“, verkündete er am Ende, „vermutlich wollen sie mir eins auswischen, weil ich in der Vergangenheit verschiedene ihrer Anträge abgewiegelt habe, die mir nicht gepasst haben. Sie können sich ausmalen, dass es mich trifft, wenn es einen öffentlichen Skandal um Annabell gibt. Vielleicht ist es sogar ein Nadelstich des Staatsanwalts selbst. Dieser aufgeblasene Hurenbock! Aber sie werden sich wundern. Der Captain und ich, wir verstehen uns. Er wird dafür sorgen, dass die Sache unter Verschluss bleibt. Doch eines sage ich Dir, mein Junge“, wir standen an einer roten Ampel und er sah mir lange in die Augen. „Wenn irgendetwas an der Sache dran ist und Du Deine Finger auf Annabell gelegt oder sie auch nur auf indezente Weise angesehen hast, dann schwöre ich Dir, ich schneide Dir persönlich die Eier ab.“
Ich hatte seinen Blick gelassen erwidert, erneut meine Unschuld beteuert, diese Drohung hingenommen und mich gefragt, wie ein älterer Herr wie der Richter es war, ihre Umsetzung zu bewerkstelligen gedachte. Gleichwohl fühlte ich mich unwohl in meiner Haut.
Als die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war, fiel Annabell mir um den Hals und küsste mich, als hätten wir uns eine Ewigkeit nicht gesehen. Wir waren allein. Der Auftritt der Polizisten hatte die Stimmung getrübt und der überwiegende Teil der Gäste hatte genug Anstand gezeigt, sich nach und nach zu verabschieden, den restlichen Teil hatten Eric, Annabell und Cathy mit Unterstützung des Reverends hinauskomplimentiert.
„Oh, Ethan, nun erzähl schon. Was ist passiert?“, fragte
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