Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
Vorhandenem umgewandelt wird. Selbstverständlich sollten wir heute nicht mehr davon ausgehen, dass alle Spezies in einem Augenblick der irdischen Zeit geschaffen wurden. Das Urknallmodell wiederum passt sogar eher zum Schöpfungsprozess als etwa das frühere Steady-State-Modell. Nur, ob Evolution oder Urknall oder sonstige Theorien der Naturwissenschaften – falls der Grund der Welt außerhalb bzw. nicht allein innerhalb der Welt liegt und unserem irdischen Bewusstsein in letzter Konsequenz unzugänglich ist, können diese Theorien nicht die Frage nach dem wirklichen Anfang beantworten, nach dem, was vor dem Urknall war bzw. ob etwas außerhalb der mit dem Urknall geschaffenen Raumzeit ist, nach dem ungeschaffenen Schöpfer. Falls ein solcher existiert, bleiben die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse Scheinwahrheiten oder Teilwahrheiten.
Wie die Naturwissenschaften aber die Ursache der Welt nicht entdecken können, so können sie schon gar nicht die Frage nach dem Ziel und Zweck der Existenz beantworten. Der Urknall beantwortet nicht die Frage, warum es einen Urknall gegeben hat oder die Evolutionstheorie nicht die Frage, warum sich der Mensch zu dem entwickelt hat, was er heute ist. Der zugrunde liegende Sinn bleibt daher im Dunkeln.“
Und wenn es kein Ziel, keinen Schöpfungsplan gibt, wollte ich einwenden. Doch McCandle fuhr fort:
„Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse verleiten uns ferner, das wundersame der gegenwärtigen Existenz zu übersehen. Sie beruhen auf der Beobachtung von Vorgängen, die nach bestimmten Mustern ablaufen. Die Wiederholung bestimmter Muster, die wir beobachten, führt uns zu der Annahme, es handle sich um feststehende Gesetzmäßigkeiten, Naturgesetze. Wir beschreiben etwa eine Apfelblüte, die Bildung der Frucht, das Fallen der Frucht, die Entstehung eines neuen Apfelbaums. Wir beschreiben diesen Prozess vielleicht auf der Ebene von Zellen, vielleicht sogar auf der Ebene von Molekülen und Atomen und gelangen zu der Annahme, Apfelbäume müssten in einer natürlichen Umgebung immer so entstehen. Wir entdecken Gesetzmäßigkeiten und gewinnen den Eindruck, das, was wir entdecken oder sogar beeinflussen, auch wirklich zu verstehen. Weil der Mensch Bäume zu Apfelbäumen kultiviert hat und ein profundes Wissen über die landwirtschaftliche Nutzung von Apfelbäumen gewonnen hat, wundern wir uns nicht darüber, dass es überhaupt Bäume gibt, die der Mensch zu Apfelbäumen kultivieren konnte. Weil wir die Zellteilung beschreiben, wundern wir uns nicht über das Wunder des Lebens in den Zellen. Weil wir die DNA des Apfelbaums analysieren und sogar in sie einzugreifen gelernt haben, sehen wir den Apfel als unser Werk an und empfinden keine Dankbarkeit für seinen köstlichen Geschmack. Wir vergessen die Magie in unserem Dasein.
Ich will die Naturwissenschaften nicht schmähen. Ohne sie sähe unser Leben grundlegend anders aus. Und es ist verständlich, dass der Mensch wissen möchte, wie die Dinge zusammenhängen und dass er seine Umwelt beherrschbar machen möchte. Ich versuche lediglich ansatzweise zu skizzieren, was sie leisten können und was nicht und warum Sie auf der anderen Seite in der Metaphysik keine naturwissenschaftlichen Beweise erwarten können. Unsere Lebensumstände in dieser Welt sind uneindeutig. Es kann sein, dass es eine spirituelle Dimension der Wirklichkeit und eine Geist und Materie, alles abgeleitete Sein, hervorbringende transzendente Realität gibt. Es kann sein, dass es sie nicht gibt, dass es nur die Materie und ihre Gesetze gibt, die die Naturwissenschaften beschreiben. Diese Ungewissheit ist übrigens gar nicht auf die gewaltige Größenordnung des astronomischen Universums begrenzt. Sie stellt sich nicht weniger, wenn Sie sich selbst betrachten: Verfügen Sie über eine geistige Größe, die man Verstand nennt, oder ist Ihr sogenannter Geist identisch mit Ihrer Gehirnaktivität, einem körperlichen, materiellen Vorgang? Und selbst wenn Ihr mentaler Zustand identisch mit einem materiellen Vorgang wäre: Haben Sie dennoch eine spirituelle Dimension, eine Seele, die die Auflösung Ihres Körpers überdauert?
Ich fühle, ich glaube, dass es eine göttliche Wirklichkeit gibt und ich versuche, sie zu erleben, hinzuhören. Wie sie in menschlichen Begriffen am treffendsten zu beschreiben ist, weiß ich nicht. Ich meine, dass sie ungeschaffen, vollkommen, unendlich, allmächtig und in höchstem Maße gut ist, dass sie alles geschaffen hat, dass sie alles
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